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Der verbotene Garten

Der verbotene Garten

Titel: Der verbotene Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ami McKay
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Verabredung mit einem Mann wuchs sich ihre Aufregung zu Pusteln aus.
    Alice war in die Vorstellung verliebt, sich zu verlieben, und sie würde nie wie Mae. Ich betrachtete sie mit der gleichen Sorge, die ich auch um Mama gehabt hatte, doch ich brachte es nicht übers Herz, Alice zu sagen, dass nichts gefährlicher war, als seine Hoffnung auf die Liebe zu setzen.
    Â»Du schaffst das schon.« Ich umarmte sie rasch und drückte ihr einen liebevollen Kuss auf die Wange.
    Da Alice nun anderweitig beschäftigt war, hatte Miss Everett mir Mae für meinen ersten Ausflug zugewiesen. Der Gedanke, dass Cadet uns begleiten und ich ihm bei unserer Promenade so nah sein würde, hatte mir eine unruhige Nacht beschert. Halt dich von den Jungs fern , hatte mir Mamas Stimme zugezischt, als er in meinen Traum getreten war.
    Die Wege, die Miss Everetts Mädchen nehmen mussten, waren mit Bedacht gewählt. Mueller’s Bäckerei, die einen Dauerauftrag für Teegebäck und Madeleines hatte, lag nur drei Häuser von einem Herrenclub entfernt. Einige Mitglieder reservierten sich am Mittwochmittag stets das Vorderfenster, in vollem Wissen um die regelmäßigen Gepflogenheiten der Mädchen. »Für manche ist das ein fester Bestandteil ihres Terminkalenders«, lachte Mae. »Du solltest sehen, wie sie zum Glotzen die Zeitung senken. Mittlerweile muss ich beim Geruch von frischen Backwaren schon immer an gepflegte Herren denken.«
    Mein erster Ausflug in die Öffentlichkeit sollte zur Apotheke an der Kreuzung Thirteenth Street und Third Avenue führen. Wir sollten zunächst den Weg zur Fourteenth Street nehmen, vorbei an einem Café an der Ecke, dann einen Halt bei der Apotheke einlegen und dort abholen, was Miss Everett als notwendigen Bedarf für die Dame erachtete. Es war ein kühler, aber klarer Tag, der Himmel zum Glück wolkenlos, denn in meinem neuen Anzug wollte ich auf keinen Fall Regen oder Pfützen trotzen.
    Â»Nehmen wir doch die Pferdebahn«, schlug Mae vor, als wir zur Bowery kamen. »Ich bezahle.«
    Cadet hatte keine Einwände, doch ich war unschlüssig. Die Straßenbahn, die von geschundenen Pferden über die Bowery bis zum Central Park gezogen wurde, war ein schmutziges Gefährt. Im Innern drängten sich vorwiegend Männer und raue Gesellen, Fremde von außerhalb und einige wenige, zweifelhafte Damen. Mama hatte mir strikt verboten, die Bahn zu nehmen. »Dort wirst du nur begrabscht«, hatte sie gesagt.
    Ich dachte an das, was mir Alice über das Sargschild für Maes Mutter erzählt hatte, und fragte: »Solltest du das Geld nicht lieber sparen?«
    Â»Es ist ein weiter Weg, hin und zurück, und wenn dir die Füße jetzt nicht wehtun, dann sicher bald.«
    Mamas Warnungen konnte ich beiseiteschieben, doch ich wollte noch viel weniger, dass mir irgendein Grobian auf die Röcke trat. »Ich weiß nicht …«
    Â»Hast du etwa Angst?«, trieb Mae mich in die Enge.
    Cadet gab mit verschränkten Armen einen Grunzer von sich.
    Â»Nein«, sagte ich, und mein Widerstand wand sich wie ein Wurm.
    Mae zog eine Augenbraue hoch. Sie wusste, dass sie kurz davorstand, ihren Willen durchzusetzen.
    Â»Schön«, sagte ich mit der strengsten Miene, die ich fertigbrachte. »Wir fahren mit der Straßenbahn, aber falls dabei mein Kostüm beschmutzt wird, gehe ich zu Fuß zurück.«
    Als die Bahn kam, holte Mae drei Nickel aus der Tasche und reichte sie Cadet. Mein Herz zog sich neidvoll zusammen. Sie ging so selbstverständlich mit Geld um wie schon an dem Tag, an dem sie mich zu Graff’s eingeladen hatte.
    VOR TASCHENDIEBEN WIRD GEWARNT , stand auf einem Schild über der Stufe.
    Â»Für mich und die Damen«, sagte Cadet zum Schaffner und wies auf Mae und mich.
    Der Kontrolleur machte Platz für Cadet, grinste Mae anzüglich an und ließ den Blick an ihr auf und ab wandern. »Ich glaube, hinten ist noch ein Sitz für Sie frei, Miss«, sagte er und wollte ihr sogar schon eine Hand in den Rücken legen, um ihr die Richtung zu weisen.
    Â»Danke«, sagte sie und bahnte sich forsch einen Weg durch die stehenden Passagiere.
    Der Schaffner versuchte dasselbe bei mir, aber ich blieb dicht hinter Mae und griff nach ihrem Ärmel. Cadet hatte ich in dem Getümmel aus den Augen verloren, ich wollte nicht auch noch von Mae getrennt werden.
    Es stank nach Pfeifentabak, Alkohol und Schweiß,

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