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Der verbotene Garten

Der verbotene Garten

Titel: Der verbotene Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ami McKay
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so.«
    Die jungen Männer in der ersten Reihe johlten dermaßen laut, dass Mr. Dink mit dem Stock auf die Bühne schlagen und die Musik anfeuern musste, damit sie wieder Ruhe gaben. Als die Musik anschwoll, rief er: »Werte Besucher meines Palastes, hiermit präsentiere ich die hinreißende, begnadete … Lady Mephistopheles!«
    Der Vorhang öffnete sich, es erschien eine düstere Schönheit, mit einer brennenden Schale auf dem Kopf. Sie trug einen langen Zopf, um Hals, Knöchel und Hüften wanden sich Ketten mit kleinen Schellen. Aus mehr bestand ihr Kostüm nicht, bis auf hauchdünne Tücher vor den anstößigen Stellen.
    Sie tanzte zum Bühnenrand, ließ den Bauch kreisen, schlängelte die Arme hierhin und dorthin. Dann nahm sie die Schale vom Kopf und legte sie ab. Die Flammen schlugen gefährlich hoch. Als Mr. Dink zu ihr auf die Bühne eilte und ihr eine lange, dünne Fackel reichte, lächelte sie. Er warf ihr eine Kusshand zu, dann huschte er wieder davon.
    Lady Mephistopheles steckte die Fackel ins Feuer und entzündete sie. Dann hob sie den brennenden Stab über den Kopf, senkte die lodernde Spitze bis an die Zunge, berührte sie, ganz kurz, bewegte die Fackel wieder fort, während das Trommeln aus dem Orchestergraben zu einem leisen Grummeln wurde. Das tat sie immer und immer wieder, schließlich aber schob sie sich die flammende Fackel tief in den Mund.
    Alice schnappte nach Luft. »Wieso verbrennt sie sich nicht?«
    Â»Schhh!« Ich legte einen Finger auf die Lippen, nicht minder fassungslos als Alice. »Bestimmt weiß sie, was sie tut«, flüsterte ich und hielt den Atem an. Ich hatte doch hoffentlich recht?
    Lady Mephistopheles aber zog die Fackel aus dem Mund und verbeugte sich, gänzlich unversehrt.
    Daraufhin kam Mr. Dink wieder auf die Bühne; diesmal trug er ein Silbertablett mit einer großen Flasche. Lady Mephistopheles nahm einen Schluck und behielt ihn im Mund. Mr. Dink legte sich die Hand vor die Augen, wich einige Schritte zurück und lugte zum Spaß durch die gespreizten Finger. Lady Mephistopheles hielt die brennende Fackel ganz ruhig und spie dann die Flüssigkeit aus. Das Feuer brauste zu einer großen, langen Flamme auf, die bis über den Bühnenrand loderte und beinahe den kahlen Kopf des Kapellmeisters angesengt hätte. Die Menge pfiff und stampfte minutenlang mit den Füßen, was die Feuerschluckerin wiederum mit immer grelleren und größeren Flammen würdigte.
    Als sie sich zum Abschluss verbeugte, stand die entfesselte Menge auf und applaudierte wie wild. Lady Mephistopheles stellte sich in die Mitte der Bühne, reckte das Kinn und funkelte ins Publikum, als wollte sie auch uns im nächsten Augenblick entflammen.
    In der Pause geleitete Cadet uns in den separaten Empfangsraum für das Publikum aus den Logen. Dann nahm er seinen Posten vor der Tür ein und reihte sich mit den anderen jungen Lakaien an der Wand auf.
    Als wir eintraten, bot sich uns ein einziges Gewühl und Gewimmel; Wein, Gelächter und Gespräche sprudelten. Es war ein großer, schöner Saal, drei Wände waren vom Boden bis zur Decke mit Spiegeln verziert – der perfekte Ort, um zu sehen und gesehen zu werden. An einer Wand befand sich die Bar, wo Getränke und Erfrischungen gereicht wurden, zur einen Seite schloss sich ein Raucherzimmer für die Herren und zur anderen ein Ruheraum für die Damen an. Alles schien so komfortabel, dass ich mich fragte, weshalb das Publikum diesen Raum überhaupt je zum zweiten Teil des Programms verließ.
    Es waren lauter Paare dort, vorwiegend ältere Herren mit einer jungen Dame am Arm. Doch es spielte keine Rolle, wie schön die eigene Begleitung war, die Männer musterten jedes Mädchen, das durch die Tür trat. Als ich den Raum durchquerte, glaubte ich hundert Augenpaare auf mir und vergaß darüber meine Schleppe. Schon wand sie sich um meine Füße und brachte mich zu Fall.
    Alice sprang mir sofort bei, doch Miss Everett zog sie zurück. Die Frauen starrten über den Rand ihrer Fächer, die Männer giggelten in ihre Champagnergläser, ich saß fassungslos auf dem Boden und mühte mich, die Füße aus dem Rüschengebirge zu befreien.
    Dann spürte ich Hände unter den Schulterblättern und wurde emporgehoben: Ein Gentleman war so freundlich, mir wieder auf die Beine zu helfen. Bevor ich mich

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