Der verbotene Garten
umdrehen konnte, um ihm zu danken, war er weg.
»Lächle und tu so, als wäre nichts geschehen«, zischte mir Miss Everett zu. »Und wenn es sein muss, halte deine Schleppe fest. Aber bring mich nicht noch einmal in eine solche Verlegenheit.« Dann trat sie zu Alice und führte sie einen Schritt weit von mir fort â vor mir klaffte der Graben zwischen Gunst und Enttäuschung. Ich hatte törichterweise geglaubt, ich würde hierher, zu ihnen gehören: Doch ich war eine Katastrophe.
Ich wusste nicht, wohin ich schauen oder was ich tun sollte. Da rettete mich das Nahen von Mr. Dink höchstpersönlich, der nun eine gestreifte Weste und eine duftende Gardenie im Knopfloch trug. Sein Kinnriemen war exakt der Gesichtsform nachgeschnitten, seine Augen funkelten vor Neugierde und Vergnügen. Ich fand ihn, ungeachtet seiner GröÃe, ziemlich gut aussehend.
Er ergriff Miss Everetts Hand und küsste sie. »Meine liebe Emma«, sagte er. »Wie stets, willkommen.«
»Mr. Dink«, sagte sie mit einem Lächeln, »es ist immer eine Freude.«
Er musterte Alice und mich mit strahlendem Blick. »Sind dies die jungen Damen, die Sie bei unserer letzten Begegnung erwähnten?«
»Das sind sie, ja«, erwiderte Miss Everett. »Darf ich vorstellen, Miss Alice Creaghan und Miss Ada Fenwick.«
Rose hatte einmal erwähnt, dass Mr. Dink Miss Everett von Zeit zu Zeit am späten Abend mit einer Rose im Knopfloch und einem Bund Lilien im Arm noch aufsuchte. Lilien waren Miss Everetts Lieblingsblumen.
»Ich finde das befremdlich«, hatte Alice schaudernd gesagt.
»Es ist gut fürs Geschäft«, hatte Rose lachend erwidert. »Miss Everett hat dadurch auf unbegrenzte Zeit drei private Logen in Mr. Dinks Theater. Erst letzte Woche habe ich dort Onkel Toms Hütte gesehen, während Missouri Mills mit ihrem Gentleman du jour in der Loge darunter Liebe machte.«
»Miss Fenwick«, sagte Mr. Dink und legte den Kopf auf die Seite, als würde er einem fernen Klang nachlauschen. »Was für ein reizender Name.«
Miss Everett stieà mir den Ellbogen in die Seite.
»Danke sehr, Sir«, erwiderte ich und war einen Augenblick lang versucht, mich zu verbeugen, so wie Nestor es mir zur BegrüÃung von Mrs. Wentworth beigebracht hatte, doch ich wusste nicht recht, ob Miss Everett das gutgeheiÃen hätte. Daher faltete ich die Hände vor der Taille und schaute zu Boden. Zu meiner groÃen Verlegenheit löste Mr. Dink den Blick gar nicht mehr von mir, strich sich über den Bart und lächelte.
»Verzeihen Sie«, sagte er, »aber Sie erinnern mich an eine junge Dame, die ich einmal kannte. Sie sind nicht zufällig Black Dutch?«
»Meine Mutter war Black Dutch«, antwortete ich und bereute meine ehrliche Antwort noch im gleichen Moment.
Mr. Dink klatschte vor Entzücken in die Hände. »Aha! Ich wusste es! Es sind und bleiben die schönsten Mädchen der Welt â¦Â«
Im Gang schlug eine Glocke, die ersten Gäste bewegten sich in Richtung Tür.
»Werte Damen, ich fürchte, die Pflicht ruft«, sagte Mr. Dink. »Miss Everett, Miss Creaghan, es war mir ein Vergnügen.« Er verbeugte sich. »Miss Fen-wick«, zog er meinen Namen genüsslich in die Länge und grinste. »Ich hoffe doch, dass wir uns sehr bald wiedersehen.«
Kaum hatte er sich entfernt, war Miss Everett an meiner Seite. »Gut gemacht«, sagte sie, als hätte es meinen Unfall nie gegeben. Sie richtete mir Rock und Schleppe, die immer noch ein wenig derangiert war, nahm meinen Arm und führte mich aus dem Raum.
Alice flüsterte mir in das andere Ohr: »Er war so von dir hingerissen, dass ich die ganze Zeit gedacht habe, gleich fängt er an zu schnurren.«
Als Cadet uns wieder in unsere Loge half, gab eine Gruppe Minstrelsänger vor dem Vorhang ein Medley zum Besten. Dann trat Mr. Dink wieder auf die Bühne und kündigte den letzten Akt an, die Damen der Tableaux vivants. Zunächst war sein Tonfall so sensationsheischend wie zuvor, doch als Mr. Dink auf Suzie Lowe zu sprechen kam, die Hauptattraktion, wurde seine Stimme geradezu sanft und andächtig.
»Bei ihrem Anblick werden Ihre Herzen höherschlagen«, versprach er. »Ãber so viel Schönheit können Sie nur staunen.«
Und als sich der Vorhang öffnete, da stand sie dort, nackt und prachtvoll, überragte die anderen sechs
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