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Der verbotene Garten

Der verbotene Garten

Titel: Der verbotene Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ami McKay
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womöglich sogar liebenden Kindern versorgt, bissen sich auf Unterlippe und in die Wangen, hatten das Verlangen im Blick. Sie waren wie die Zeitungsjungen, die auf ein Stück Karamell aus der Hand des Konditors warten; mit zittrigen Händen griffen sie nach Lady Godiva oder einer anderen exotischen Schönheit, während die besonders Kühnen wünschten, die Karten selbst von meinem Rock zu lösen.
    Unter der Obhut von Mr. Dink lernte ich, ihnen gegenüber ein wenig grausam zu sein; ich ließ mir Zeit, wenn ich ihnen eine Karte reichte, ich wartete, bis ein Hals rot anlief. Später dann wollte ich sie erröten sehen. Sie sollten wissen, dass ich sie ebenso aufmerksam beäugte wie sie mich.

23. November 1871 • THE EVENING STAR
    EIN ENGEL IN DINK’S MUSEUM
    I n der Eingangshalle zu Dink’s Kuriositätenkabinett wartet ein Engel. Das junge Mädchen steht auf einem bescheidenen Holzpodest, aber dieses Kind macht daraus die Bühne unserer Academy of Music. Sein Kleid – aus feinstem Krepp, Satin und bestickter Seide – wirkt, als entstammte es dem Schrank von Mrs. Demorest. Noch beeindruckender sind die beiden strahlend weißen Flügel, die seinem Rücken entwachsen. Der Eindruck ist so vollkommen, dass draußen Kinder ihre Eltern anflehen, sie mögen stehenbleiben und sie durch das Fenster blicken lassen. Selbst veritable Damen – vom Schlage derer, die geschäftig vom Haus in die Kutsche, vom Schaufenster zum Salon der Nachbarin paradieren – recken die zarten Hälse.
    Vor all dem scheut dieses Kind jedoch nicht zurück. Die Aufmerksamkeit kommt ihm gelegen, denn es ist das Cartes-de-visite- Mädchen. Photographische Karten und Taschenlupen sind mit farbigen Bändern an seine Röcke geheftet. Zu sehen gibt es Landschaften und berühmte Gesichter, die darauf warten, dass Sammler und Neugierige sie gegen Geld erstehen. Und wenn sich eine genügend große Menge um das Mädchen herum versammelt hat, bringt es die Menschen mit einer Geste zum Schweigen und singt ihnen ein kleines Lied:
    Kabinettkarten, Cartes de visite!
    Schauen Sie, wessen Bild noch fehlt.
    Sojourner Truth oder Admiral Dot?
    Lotta Crabtree oder gar Edwin Booth?
    Von Paris bis New York Harbor,
    Fünfzehn Cent und es ist Ihrs –
    Zwei für einen Quarter!

23. November 1871
    Ich hatte Visite bei Mr. Dink auf der Bowery, da Eva Ivan über einen »Schwerthals« klagte. Darunter leidet sie nicht zum ersten Mal, denn bisweilen übertreibt sie es. Diesmal hatte sie der Ehrgeiz gepackt, gleich mehrere Klingen auf einmal zu schlucken, was den Hals naturgemäß reizt. Ich verordnete ihr einen therapeutischen Tee und besprach die Angelegenheit mit Mr. Dink. Er stimmt mir darin zu, dass Miss Eva Geduld und Ruhe benötigt.
    Wenn es ihr besser geht, beabsichtige ich, ihre Zustimmung zu einer neuartigen experimentellen Untersuchung zu erbitten. Dr. K. ist es gelungen, eine starre Metallröhre in den Hals eines Schwertschluckers einzuführen, und beide haben in den vergangenen drei Jahren das Land bereist, um anderen Ärzten ihre Methode zu demonstrieren. Wie aufregend, durch den Ösophagus bis hinunter zum Fundus zu schauen!
    Bei der Gelegenheit habe ich wohl einen kleinen Sieg an meiner teuren Moth errungen. Ich bilde es mir hoffentlich nicht nur ein, aber ich glaube, ich habe Fortschritte mit ihr erzielt. Ihr Vertrauen zu gewinnen ist, als würde man eine Katze zähmen. Ich locke sie mit Wärme, Zuverlässigkeit und Fürsorge. Und sie hat unübersehbar Angst vor dem Schicksal, das ihr bevorsteht.
    Mr. Dink hat sie angestellt, damit sie ihm beim Verkauf der Kabinettkarten hilft. Während mir die Rolle, die Miss Everett bei all dem spielt, nicht ganz klar ist, bin ich von Mr. Dinks Lauterkeit fest überzeugt. Wenigstens verbringt Moth nun deutlich mehr Zeit außerhalb als innerhalb der Mauern besagten Hauses.
    S. F.
    Spital der Stadt New York für
Bedürftige Frauen und Kinder
Second Avenue Nr. 128,
New York, New York
24. November 1871
    Mr. Thaddeus Dink
Dink’s Museum und Palast der Illusionen
The Bowery, New York, New York
    Mein lieber Thaddeus,
    Sie waren immer gut zu mir, ein treuer Freund, in gegenseitigem, unerschütterlichem Vertrauen. Niemals werde ich vergessen, welche Herzlichkeit Sie mir bei unserer ersten Begegnung entgegenbrachten – Sie waren es, der meine Hand nahm, nachdem sich die bessere Gesellschaft von

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