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Der verbotene Kuss

Der verbotene Kuss

Titel: Der verbotene Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laini Taylor
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Verrücktheiten, wie zum Beispiel diese Sporen, die in den Körper einer Raupe eindringen und sie in Gemüse verwandelt. Und daraus machen Kannibalen dann Tinte für Tätowierungen. Klingt doch nach Sci-Fi? Ich habe Heather Black gesagt, sie habe zu viele Zeichentrickfilme geguckt. Tiere können auch morden. Schimpansen töten sogar manchmal die Babys der anderen. Menschen sind nicht die einzige Spezies, die für ihr Revier oder für die Herrschaft morden …«
    »Oder einfach aus Lust«, fügte Jack Husk hinzu.
    »Oh.« Kizzy rümpfte die Nase. »Sagte der Serienmörder.«
    »Ich doch nicht«, erwiderte er und stieß sie spielerisch mit dem Ellbogen an. »Ich meine Katzen .«
    »Ja. Verrückt. Jedenfalls habe ich meinen charmanten Spitznamen dadurch erworben.«
    »Mist.«
    »Ja. Ich hätte einfach den Mund halten sollen. Heather Black ist vielleicht eine blöde Kuh, aber im Grunde bin ich ihrer Meinung. Menschen sind die schlimmsten. Wir sind böse.«
    »Wohl wahr«, stimmte Jack Husk zu. »Man wirft einem Tier Gehirn und Seele in den Kopf, rührt kräftig um und hat leider keine Ahnung, was am Ende dabei herauskommt. Wenn Menschen bösartig werden, sind sie darin wesentlich besser als zum Beispiel ein Hund jemals sein könnte.«
    »Wenn sie gut sind, sind sie sehr, sehr gut , und wenn sie böse sind, sind sie echt abscheulich «, meinte Kizzy.
    Er lachte. »Genau. Gefällt mir. Zu welcher Sorte gehörst du, Kizzy: sehr, sehr gut oder abscheulich?« Er legte den Kopf schief und blinzelte sie an, als versuche er zu entscheiden.
    »Oh, abscheulich«, antwortete sie sofort.
    »Ja«, sagte er, und seine Augen schienen wie silbern zu blitzen. »Ich auch.«
    Sie hatten den Laden erreicht, und er hielt ihr die Tür auf.
    Hier, und nicht in dem großen Einkaufszentrum, kaufte Kizzy immer ein, einerseits, weil ihre Eltern ihr kaum Geld gaben, andererseits, weil es einen dreigeteilten Paravent aus verziertem, mottenzerfressenem Samt als Umkleidekabine gab, der auf sie den Eindruck machte, als stamme er noch aus dem Ankleidezimmer von Marie Antoinette. Am liebsten hängte sie einen Armvoll billiger Kleider über die Kante und probierte eins nach dem anderen an, zusammen mit unpassenden Gazetüchern und Plateauschuhen oder Brillen in Form von Katzenaugen. Manchmal kaufte sie sogar etwas davon, obwohl sie immer nur Jeans trug, wenn sie aus dem Haus ging.
    Sie steuerte Jack Husk an den Jeanshosen vorbei und kleidete ihn ein wie den verschlafenen Poeten, als den sie sich ihn zuerst vorgestellt hatte. Er bekam eine Samtjacke mit aufgescheuerten Ellbogen, ein weißes Hemd mit einer kleinen roten Stickerei, die wie ein Blutstropfen aussah, und eine Nadelstreifenhose in der ihm passenden Länge. Aus einer Mosaikschale voller Modeschmuck suchte sie eine kaputte Taschenuhr heraus, und nur zum Spaß setzte Kizzy ihm eine alte Fliegerbrille aus Leder auf, die ihm aber gefiel und die er ebenfalls kaufte.
    »Diese Klamotten sind ja noch verrückter als der Kram, den ich jetzt trage«, sagte er und betrachtete sich im Spie gel. »Ich sehe aus, als würde ich auf irgendeinem Dach boden wohnen.«
    »Das war genau der Look, den ich für dich im Auge hatte«, meinte Kizzy zufrieden.
    »Und was ist mit dir?«, fragte er. Er hielt ein smaragdgrünes Seidentuch mit Fransen in die Höhe.
    »Nee.« Sie winkte ab.
    »Nee? Du hast mir diese Brille verpasst. Da kannst du wenigstens dieses Tuch ausprobieren. Hier.« Er zog es unter ihrem Haar durch und band es ihr locker um den Kopf. Ihre ganze Kopfhaut kribbelte, als seine Finger sich vorsichtig durch ihr dichtes Haar kämpften.
    Sie schaute in den Spiegel. »Ich seh aus wie eine betrunkene Putzfrau«, sagte sie trocken.
    »Versuch’s mal wie eine Zigeunerin.«
    Das machte sie, und es gefiel ihr sogar.
    »Ich werde es für dich kaufen«, sagte Jack Husk.
    »Nein«, protestierte Kizzy. »Das ist viel zu teuer. Und ich werde es doch nicht tragen.«
    »Warum nicht?«
    »Das verstehst du doch nicht. In der Schule gibt es Mädchen, deren einziger Lebenszweck darin besteht, sich hässliche Spitznamen für all diejenigen auszudenken, die auch nur ein kleines bisschen von der Norm abweichen.«
    »Komm schon, Kizzy. Vergewaltigter Schmetterling werden sie schon so schnell nicht überbieten.«
    Kizzy lachte kehlig, fast schnurrend. So nah war sie der sinnlichen Stimme, die sie als Erwachsene haben würde, bisher noch nie gekommen. Falls es ihr denn gelingen würde, erwachsen zu werden. Sie ließ sich zu dem

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