Der verbotene Kuss
Am nächsten Tag ist sie mit ihm durchgebrannt. “
Fassungslos schaute Ian die Baronetess an. „So lange ist das schon her? Und Sie haben mir das nicht erzählt? Sie hatten nicht einmal die Höflichkeit, mich vom Verschwinden Ihrer Tochter in Kenntnis zu setzen? Eine kurze Notiz hätte genügt!“
Lady Hastings ärgerte sich und machte den Mund auf, um den Viscount zurechtzuweisen.
Hastig schaltete ihr Gatte sich ein: „Es ist Ihr gutes Recht, Sir, jetzt sehr verärgert zu sein. Ich wollte Ihnen unverzüglich Bescheid geben, doch Agnes hoffte, mein Bevollmächtigter würde Katherine einholen, ehe sie und Mr. Gérard Schottland erreichten. Jetzt habe ich diese Hoffnung nicht mehr. Er hat mich wissen lassen, dass er die Spur des Pärchens verloren hat. Ich befürchte, meine Tochter und Mr. Gérard werden verheiratet sein, wenn wir die beiden wieder zu Gesicht bekommen.“
Eisiges Schweigen trat ein. Nach einer Weile sagte Ian: „Nun, ich nehme an, das war es dann.“
„Ja. Vielen Dank für Ihr Verständnis.“
Ian nickte. Er begriff, dass er die zimperliche Miss Hastings los war. Einerseits störte es ihn gewaltig, seine Pläne durchkreuzt zu sehen, aber andererseits war er froh, noch einmal davongekommen zu sein.
„Ich befürchte, wir werden nicht wie vorgesehen zu Worthing fahren“, sagte Sir Richard. „Bitte, entschuldigen Sie uns bei ihm. “
„Natürlich.“ Nach einem Moment fügte Ian ehrlich hinzu: „Ich wünsche Ihnen viel Glück mit Ihrem Schwiegersohn. Selbstverständlich werde ich Sie nicht mehr aufsuchen.“ Das war ein weiterer Vorteil, den dieses Desaster mit sich brachte. Ian musste Lady Hastings' Gesäusel nicht mehr ertragen.
Er machte Anstalten, sich zu entfernen, doch die Baronetess rief ihm zu: „Bitte, warten Sie! Angenommen, mein
Mann irrt sich und Katherine wird doch noch unversehrt gefunden, ehe sie Mr. Gérard heiraten konnte . . .“
„Ich will keine Gattin, Lady Hastings, die einen anderen Mann liebt!“ unterbrach Ian sie scharf, „ganz gleich, wie unversehrt sie sein mag.“
Die beiden roten Flecke erschienen wieder auf Lady Hastings' Wangen. „Aber Sie fanden nichts dabei, mit dem Ihnen anhaftenden Geruch Ihrer Mätresse in die Ehe mit meiner Tochter gehen zu wollen!“
„Agnes!“ rief ihr Mann schockiert aus.
Mit verengten Augen sah Ian die unverschämte Baronetess an. „An Ihrer Stelle, Lady Hastings, wäre ich vorsichtig und würde nicht alles glauben, was dieser Lord X schreibt, erst recht nicht unter solchen Umständen. Bei den Spaniern gibt es ein Sprichwort, das lautet: ,Wer dir Klatsch erzählt, klatscht auch über dich!“ Und Lord X hat eindeutig keinen Respekt vor anderen Leuten. “
Schweigend wandte er sich ab und verließ den Salon.
5. KAPITEL
Der Earl of Worthing und seine Gemahlin erwarten zahlreiche Gäste zu ihrem ersten Weihnachtsball. Dieses Fest verspricht das Ereignis der Saison zu werden, falls das Wetter die Straßen nicht unpassierbar machen sollte. Die Neugierigen werden dann das vor kaum einem Jahr fertiggestellte Worthing Manor in Kent zu Gesicht bekommen, das letzte Bauwerk des verstorbenen Mr. Algernon Taylor.
Lord X in der Evening Gazette vom 9. Dezember 1820
Felicity schaute auf, als Mrs. Box ins Schlafzimmer kam. Die Haushälterin trug ein Gemälde unter dem einen und einen frisch gewaschenen Unterrock über dem anderen Arm.
„Der Rock ist trocken, Gott sei Dank“, rief Felicity aus und griff danach.
„Gott im Himmel! Sie sind noch nicht einmal mit dem Packen fertig!“ Mrs. Box stellte das Gemälde ab und warf einen beunruhigten Blick auf den halb vollen Koffer, der am Fußende des Bettes stand. „Sie müssten längst fort sein! Sie hätten schon gestern Abend abreisen sollen. Es wird einen schlechten Eindruck machen, wenn Sie einen Tag zu spät beim Earl of Worthing ankommen.“
„Viel schlimmer wäre es gewesen, wenn ich mitten in der Nacht durch den Schnee hätte stapfen müssen, um ins Haus zu kommen. “ Felicity stopfte den Unterrock in den Koffer. Würde sie mit nur zwei Unterröcken auskommen? Nun, das würde sie müssen. Sie musste auch weiterhin hart verdientes Geld für attraktive Kleider und falsche Juwelen ausgeben. Die Damen des ton würden sie nicht zu ihren Festen bitten, wäre sie nicht „Mr. Algernons charmante Tochter“, sondern die „verarmte Miss Taylor“. Und wie sollte sie dann Stoff für ihre Artikel bekommen?
„Wenn Sie schon jemandem die Schuld für meine Verspätung geben
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