Der verbotene Kuss
ihren entzückenden Allerwertesten zur Schau stellte, bei dessen Anblick ihm das Wasser im Munde zusammengelaufen war, und es ihn in den Händen gejuckt hatte, die straffen Rundungen . . .
Verdammt! Schon wieder gelüstete es ihn nach ihr. Er war wie ein hemmungsloser Frauenheld, für den sie ihn hielt. Solche Gedanken würde er sehr im Zaum halten müssen. Miss Taylor war schlicht und einfach ein Problem, und ihre körperlichen Vorzüge verdoppelten es.
Es war besser, wenn er sich auf seine weitaus weniger problematische Verlobte konzentrierte, die Miss Taylor unbedingt bewegen wollte, seinen Heiratsantrag nicht anzunehmen. Er musste sich, was den Artikel betraf, eine Erklärung ausdenken, durch die Miss Hastings das sichere Gefühl bekam, er habe vor, ihr treu zu sein.
Er seufzte. Die Ironie der Situation war, dass er genau das zu tun beabsichtigte. Untreue hatte er nie gebilligt. Sein Vater war seiner Mutter stets treu gewesen, und diese Einstellung hatte er bewundert. Es würde jedoch sehr schwierig sein, Miss Hastings jetzt zu überzeugen. Wie konnte er sie glauben machen, dass der berühmte Lord X Unrecht hatte, da sie ohnehin schon so befangen war?
Als er eine Stunde später im Stadthaus der Hastings eintraf, wusste er noch immer nicht genau, was er zu Miss Hastings sagen solle, und das machte ihn gereizt. Er war schlechter Stimmung, als er vom Butler in den Salon gebeten wurde. Und nachdem der Bedienstete ihn angekündigt hatte, verschlechterte seine Laune sich des ihm bietenden Anblicks wegen noch mehr.
In dem elegant eingerichteten Raum saß die sonst so hochnäsige Lady Hastings auf dem lavendelfarbenen Sofa wie ein Eichhörnchen auf einem Ast, den Kopf hoch erhoben, und ihr Blick flog durch das Zimmer, als lege sie es darauf an, eine nahende Gefahr sofort zu erkennen. Ihr Gatte, der kaum laufen konnte, stand auf dem Teppich und benutzte seinen Gehstock, um, sich schwer darauf stützend, zur Anrichte und den dort stehenden Karaffen zu wanken.
• Wo war Miss Hastings? Wieso fehlte sie bei diesem eigenartigen Familientableau?
„Lord St. Clair!“ rief Lady Hastings aus, sobald er im Salon war. „Bitte, gesellen Sie sich zu uns. Ich lasse Tee kommen.“ Sie hob eine silberne Tischglocke an und läutete mehrmals, so dass das Echo schrill durch den Raum hallte.
„Das ist genug, Agnes! “ befahl ihr Mann. „Stell um Himmels willen die verdammte Glocke hin! In einem solchen Augenblick wollen wir keinen Tee!“
Ein verstörter Ausdruck erschien im faltigen Gesicht der Baronetess, während sie mit bei ihr ungewohnter Energie neben sich auf das Sofa klopfte. „Natürlich wollen wir Tee! Achten Sie nicht auf Richard, Sir. Bitte, setzen Sie sich zu mir.“
Irgendetwas war nicht in Ordnung. Das wäre selbst einem Trottel aufgefallen. „Was ist passiert?“ wandte Ian sich an Sir Richard.
„Nichts ist passiert“, antwortete Lady Hastings. Dann warf sie ihrem Gatten einen mörderischen Blick zu. „Du solltest jetzt nicht mit Lord St. Clair darüber reden, Richard.“
„Es hat keinen Sinn, den Kopf in den Sand zu stecken“, erwiderte er und blieb vor der Anrichte stehen. „Mein Kammerdiener hat keine Spur von ihnen gefunden. Ich wäre selbst gegangen, aber meine Beine . . .“ Er ließ den Satz in der Luft hängen und schenkte sich eine beträchtliche Menge Cognac ein.
„Du solltest nicht trinken“, sagte Lady Hastings, stand auf und ging zu ihm.
Beide strapazierten Ians Geduld. „Von wem wurde keine Spur gefunden?“
„Von meiner Tochter“, antwortete Sir Richard. Seine Gattin stieß einen kleinen Schrei aus, doch er gebot ihr Schweigen. „Er hat das Recht, Bescheid zu wissen, Agnes.“ Ruhig sah er den Viscount an. „Sie haben um die Hand meiner Tochter angehalten, nicht wahr? Aber Katherine hat Sie noch nicht erhört, richtig?“
Ian spürte Unbehagen erwachen. „Ja.“ War sie verschwunden, um ihm aus dem Weg zu gehen? Hatte der verdammte Artikel sie derart aufgeregt?
Sir Richard führte das Glas an den Mund, doch seine Frau nahm es ihm weg, ehe er trinken konnte. Finster sah er erst sie, dann Ian an. „Ich befürchte, Sir, unsere Tochter ist verschwunden, mit einem anderen Mann auf und davon gegangen.“
Durchgebrannt? Die schüchterne Miss Hastings war durchgebrannt? Plötzlich kochte Ian innerlich vor Wut.
Mein Gott! Nicht schon wieder! Genau das war ihm bereits im vergangenen Jahr widerfahren, als Nesfields Tochter Sophie mit einem Advokaten durchgebrannt war. Was stimmte
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