Der verbotene Kuss
Glas fest in den Händen haltend. „Hoffentlich glauben Sie das dumme Geschwätz nicht, das Mr. Lennard von sich gegeben hat!“
„Ich weiß nicht, was ich glauben soll.“
„Er versucht nur, Sie von der Absicht abzubringen, Lord St. Clair zu heiraten.“
Felicity seufzte. „Sie und Mr. Lennard gehen von falschen
Voraussetzungen aus. Lord St. Clair hat nicht die Absicht, mich zu heiraten. Falls es Ihnen noch nicht aufgefallen ist, muss ich Ihnen sagen, dass er heute Abend zwar mit einem halben Dutzend junger Damen getanzt hat, aber nicht mit mir.“
Lady Brumley schmunzelte. „Ich lasse mich hängen, wenn nicht Eifersucht aus Ihnen spricht. Und ich habe St. Clair auch nicht dabei gesehen, wie er eine der Damen auf dem Altan leidenschaftlich geküsst hat, meine liebe Miss Taylor. Oder ihr ungebührliche Avancen gemacht hat, so wie er das bei Ihnen getan haben soll.“
Felicity stöhnte auf. Ihr Täuschungsmanöver verkehrte sich gegen sie. „Er hat nicht... Er hat beim Ball bei Lord und Lady Worthing nur mit mir geflirtet. Wir beide haben das längst vergessen.“
„Ich verstehe.“ Lady Brumley stellte das Glas auf die Anrichte. Dann ging sie zur Tür und machte sie auf. „Nun, falls Sie die Ehe mit St. Clair tatsächlich nicht in Betracht ziehen, kann Ihnen Edgars Geschichte gleich sein. Und dann müssen Sie sich meine Meinung ganz bestimmt nicht anhören. Folglich können wir ebenso gut in den Ballsaal zurückkehren. “
Erwartungsvoll schaute die Marchioness sie an. Felicity furchte die Stirn. Lady Brumley war eine Intrigantin allerersten Ranges! Falls Felicity zugab, mehr erfahren zu wollen, dann würde sie dadurch bestätigen, dass sie doch an Lord St. Clair interessiert war. Andererseits bedeutete weiteres Leugnen, dass diese Gelegenheit nicht wieder kommen würde. Wie konnte Felicity sie verstreichen lassen? Mr. Lennards erschütternde Beschuldigungen belasteten sie, und sie musste herausfinden, ob sie doch ein Körnchen Wahrheit enthielten. Die Marchioness würde wahrscheinlich besser darüber Bescheid wissen als sonst jemand.
Felicity seufzte. „Ich habe nicht gesagt, ich sei nicht interessiert. Ich bin noch immer mit Ian . . . ich meine, mit Lord St. Clair befreundet. Natürlich interessiert mich daher Klatsch, der ihn in Misskredit bringen könnte.“
Die Marchioness gab nur durch ein kurzes Zucken der Oberlippe zu erkennen, dass sie wusste, gewonnen zu haben. Erneut schloss sie die Tür. „Befreundet! Hm! Ich nehme an, das muss mir im Moment genügen. Setzen Sie sich, Miss Taylor. Dann werde ich Ihnen berichten, was ich weiß.“
Felicity nahm auf dem Settee Platz und faltete die feuchten Hände im Schoß.
Lady Brumley trank noch einen großen Schluck Portwein, ehe sie sich in einen vor dem Kamin stehenden Polstersessel zwängte. „Ich vermute, Edgar hat Ihnen dieselbe lächerliche Geschichte erzählt, die er den anderen von St. Clair umworbenen Damen berichtet hat. Angeblich soll St. Clair Edgars Gattin vergewaltigt und sie sich dann aus Schamgefühl umgebracht haben. Daraufhin sei er außer Landes geflohen. “
So direkt ausgedrückt, klang das alles höchst melodramatisch. „Ja. Mr. Lennard hat gesagt, die Frau, mit der Lord St. Clair in der Evening Gazette in Verbindung gebracht wurde, kenne die Wahrheit, und deshalb spiele der Viscount sich als ihr Beschützer auf. Lord St. Clair soll sie ruiniert haben. “ Lady Brumley machte eine abwertende Geste. „Unsinn! Wenn irgendjemand sie ruiniert hat, dann war das Edgar. Die Frau, die Sie erwähnt haben, heißt Penelope Greenaway und war nicht nur die Gouvernante von Edgars Kindern, sondern nach dem Tod seiner Frau auch seine Geliebte. Er hat sie aus dem Haus geworfen, nachdem er erfahren hatte, dass sie von ihm schwanger ist.“
„Woher wissen Sie das?“
„Lassen Sie mich Ihnen nur sagen, dass es meine Aufgabe ist, alles über ihn und seine Angelegenheiten zu wissen. Das ist einfach genug, da er seine Dienstboten so schlecht bezahlt, dass sie mir gern im Austausch für eine Guinea jede Information über ihn geben. “ Lady Brumleys leises Lachen klang etwas verbittert. „Gleichviel, nachdem Edgar Miss Greenaway vor die Tür gesetzt hatte, war ich bereit, ihr zu helfen, nur um ihn zu ärgern, doch St. Clair kam mir zuvor. Da er seinen Onkel ebenso verachtet, wie ich das tue, sah er die günstige Möglichkeit, der Frau zu helfen, die Edgar zu Fall bringen kann. Außerdem hat er ein weiches Herz, und ihr Kind ist sein Cousin,
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