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Der verbotene Ort

Titel: Der verbotene Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Wagen.«
    Es klang wie eine Parole, und Pierre nickte zustimmend. Keine Spur von Protest, obwohl es sich um den eigenen Vater handelte, nicht ein Schauer der Neugier, was die Fotos anging. Korrekte Neutralität nach außen hin. Provisorische Unterwerfung, wie abgesprochen, so lange, bis er die Zügel wieder hart an sich reißen würde.
    »Reiten Sie?«, fragte Adamsberg ihn.
    »Nein, aber ich interessiere mich ein wenig für Pferderennen. Mein Vater hat früher sehr viel gewettet. In den letzten Jahren jedoch nicht mehr öfter als ein Mal pro Monat. Er hatte sich verändert, in sich zurückgezogen, er ging fast nicht mehr aus dem Haus.«
    »Verkehrte er bei Züchtern, auf Rennplätzen? Fuhr er vielleicht aufs Land? So dass er Pferdemist mit nach Hause gebracht haben könnte?«
    »Papa? Pferdemist in seinem Haus?«
    Pierre junior richtete sich auf, als hätte diese Vorstellung ihn unfreiwillig geweckt.
    »Sie wollen sagen, dass Pferdemist im Hause meines Vaters gefunden wurde?«
    »Ja, auf den Teppichen. Kleine Mistkügelchen, die sich vielleicht von Stiefelsohlen abgelöst haben könnten.«
    »Er hat nie in seinem Leben Stiefel getragen. Er hasste Tiere, die Natur, Erde, Blumen, Gänseblümchen, die man pflückt und die in einem Glas verwelken, kurz, alles, was wächst. Der Mörder ist mit Stiefeln voller Mist ins Haus gekommen?«
    Adamsberg machte eine Geste der Entschuldigung und nahm sein Telefon ab.
    »Sollten Sie den Sohn noch immer dahaben«, sagte Retancourt ohne Überleitung, »dann fragen Sie ihn, ob der Alte ein Haustier hatte, Hund oder Katze oder ein anderes Tier mit Fell. Wir haben Haare auf dem Louis-treize-Sessel gefunden. Aber es gibt keine Streu, keinen Napf in der Bude, nichts, was darauf hindeuten würde, dass hier ein Tier lebte. In welchem Fall der Mörder sie an den Arschbacken seiner Hose gehabt hat.«
    Adamsberg entfernte sich ein wenig von den beiden, um sie nicht an Retancourts rüdem Tonfall teilhaben zu lassen.
    »Hatte Ihr Vater ein Tier zur Gesellschaft? Hund, Katze oder etwas anderes?«
    »Ich sagte Ihnen doch, dass er Tiere nicht mochte. Er verschwendete keine Zeit an andere, und schon gar nicht an ein Tier.«
    »Nichts«, sagte Adamsberg wieder in den Hörer. »Überprüfen Sie das, Lieutenant, es kann von einer Decke herrühren, oder einem Mantel. Kontrollieren Sie die anderen Sitzgelegenheiten.«
    »Und Papiertaschentücher, benutzte er die? Wir haben ein zusammengeknülltes auf dem Rasen gefunden, aber nicht ein einziges im Bad.«
    »Papiertaschentücher?«, fragte Adamsberg.
    »Niemals«, sagte Pierre und hob die Hände, wie um diese neuerliche Zumutung von sich zu weisen. »Nur aus Stoff, gedrittelt in der einen Richtung, geviertelt in der anderen. Etwas anderes kam nicht in Frage.«
    »Ausschließlich Stofftaschentücher«, gab Adamsberg weiter.
    »Danglard will Sie unbedingt sprechen. Er zieht große Kreise im Gras um etwas, das ihn beunruhigt.«
    Besser, so dachte Adamsberg, konnte man Danglards Temperament nicht beschreiben, als dass er die Mulden umkreiste, in denen seine Sorgen verkalkten. Sein Telefon noch immer in der Hand, fuhr sich Adamsberg mit den Fingern durchs Haar und suchte sich zu erinnern, wo er in seiner Befragung stehengeblieben war. Richtig, die Stiefel, der Pferdemist.
    »Die Stiefel waren nicht voller Mist«, erklärte er dem Sohn. »Nur kleine Brocken, die sich durch die Bodenfeuchtigkeit aus dem Profil der Sohlen herausgelöst haben.«
    »Haben Sie seinen Gärtner gesprochen? Den Mann, der dort im Haus für alles zuständig war? Der hat bestimmt Stiefel.«
    »Noch nicht. Es heißt, er sei ein brutaler Kerl.«
    »Ein Rohling, ein Knastbruder und halb debil«, vervollständigte Hélène. »Vater hielt große Stücke auf ihn.«
    »Ich glaube nicht, dass er debil ist«, meinte Pierre einschränkend. »Warum«, so wandte er klug ein, »hat man seinen Körper verstreut? Ihn umbringen, das kann man noch begreifen. Die Familie des jungen Mannes, der sich das Leben genommen hat – kann man schon verstehen. Aber wozu alles kaputtschlagen? Haben Sie so was schon mal erlebt? Einen derartigen modus operandi ?«
    »Dieser modus existierte nicht, bevor der Mörder ihn sich ausgedacht hat. Er hat keine Methode nachgeahmt, er hat gestern etwas Neues geschaffen.«
    »Man könnte meinen, wir reden hier über Kunst«, sagte Hélène mit einem Ausdruck der Missbilligung.
    »Und warum nicht?«, sagte Pierre barsch. »Rache als mögliche Umkehrung der Dinge. Schließlich war

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