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Der verbotene Turm

Der verbotene Turm

Titel: Der verbotene Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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daß er so wenig Zeit gehabt hatte, seinen jungen Schwager kennenzulernen.
    Jeder Lord und jede Lady der Comyn , die zu Domenics Beerdigung gekommen waren, hatten ihr Gedächtnis nach irgendeiner kleinen Freundlichkeit Domenics, nach einer angenehmen Begegnung mit ihm durchforscht und teilten sie den anderen mit. Lorenz Ridenow, der, wie Andrew sich erinnerte, intrigiert hatte, um Domenic unter dem Vorwand, er sei zu jung, nicht Kommandant der Garde werden zu lassen, sprach von der Bescheidenheit und Tüchtigkeit, mit der der Junge sein ihm so früh zugefallenes Amt versehen habe. Danvan Hastur, ein kleiner, stämmiger junger Mann mit silbriggoldenem Haar und grauen Augen, Kadettenmeister der Garde, berichtete, wie der junge Kommandant für das Opfer eines grausamen Streichs unter den Kadetten eingetreten sei. Damon, der Kadettenmeister gewesen war, als Domenic mit vierzehn in das Korps eintrat, sprach davon, daß Domenic trotz seiner Späße und Mutwilligkeiten niemals Bosheit oder Grausamkeit gekannt habe. Wie ein Stich durchfuhr Andrew der Gedanke, daß der Junge sehr vermißt werden würde. Für Valdir war es schwer, an die Stelle eines jungen Mannes zu treten, der überall geliebt und geachtet worden war.
    Auf dem Ritt zurück begann der Nebel, sich zu heben. In dem engen Paß, der nach Thendara hinunterführte, sah Andrew wieder über das Tal zu den Gebäuden hin, die innerhalb der Mauern, die die Terranische Zone abgrenzten, zum Himmel emporwuchsen. Das Brummen der Baumaschinen war selbst in dieser Entfernung noch zu hören. Er war einmal Andrew Carr gewesen und hatte in Siedlungen wie dieser gelebt, wo gelbe Lichter die Farbe der jeweiligen Sonne völlig auslöschten, und was jenseits der Mauern lag, hatte ihn nicht interessiert. Jetzt blickte er gleichgültig auf die fernen kleinen Raumschiffe und die Skelette der unvollendeten Wolkenkratzer. Mit all dem hatte er nichts mehr zu tun.
    Als er sich abwandte, sah er, daß die Augen von Lorill Hastur auf ihm ruhten. Lorill war Regent des Rates der Comyn , und Callista hatte ihm erklärt, er habe mehr Macht als ein König. Er war ein Mann mittleren Alters, groß, befehlsgewohnt, mit dunkelrotem Haar, das an den Schläfen weiß wurde. Er suchte Andrews Blick und hielt ihn für einen Moment fest. Der Terraner erinnerte sich, daß Lorill ein starker Telepath sein sollte, und sah schnell weg. Er wußte, das war töricht – wenn der Hastur-Lord wünschte, seine Gedanken zu lesen, konnte er es tun, ohne ihm ins Auge zu sehen! Und er hatte genug über die Höflichkeit unter Telepathen gelernt, um zu wissen, daß Lorill es unaufgefordert nicht ohne guten Grund tun würde. Trotzdem fühlte er sich unbehaglich, denn er segelte hier unter falscher Flagge. Keiner wußte, daß er Terraner war. Aber er versuchte, gleichgültig dreinzusehen, und hörte aufmerksam Callista zu, die ihm die Banner der Domänen erklärte.
    »Die silberne Tanne auf blauem Grund ist natürlich das Hastur-Banner; du hast es gesehen, als Leonie nach Armida kam. Und das ist das Ridenow-Banner mit dem Grün und Gold, wo Lorenz reitet. Damon hat das Recht auf einen Bannerträger, macht aber selten davon Gebrauch. Die roten und grauen Federn sind das Banner von Aillard, und der silberne Baum mit der Krone gehört den Elhalyn. Sie waren einmal ein Zweig der Hasturs.« Prinz Duvic, der gekommen war, dem Erben von Alton die letzte Ehre zu erweisen, sah weniger königlich aus, dachte Andrew, als Lorill Hastur oder selbst der junge Danvan.
    »Und das ist der alte Dom Gabriel von Ardais und seine Gemahlin Lady Rohana. Siehst du den Falken auf ihrem Banner?«
    »Das sind erst sechs, wenn man Armida mitzählt«, sagte Andrew. »Welches ist die siebte Domäne?«
    »Die Domäne von Aldaran wurde vor langer Zeit ausgestoßen. Ich habe dafür schon alle möglichen Gründe gehört, aber ich vermute, es war einfach deswegen, daß sie zu weit entfernt lebten, um jedes Jahr zum Rat zu kommen. Burg Aldaran liegt weit weg in den Hellers, und es ist schwierig, Leute zu regieren, die so tief in den Bergen versteckt sind, daß niemand wissen kann, ob sie die Gesetze halten oder nicht. Einige sagen, die Aldarans seien nicht ausgestoßen worden, sondern hätten sich aus eigenem freien Willen losgesagt. Jeder, den du fragst, wird dir eine andere Geschichte erzählen, warum die Aldarans nicht mehr die siebte Domäne sind. Ich nehme an, eines Tages wird sich eine der größeren Domänen teilen, so daß wir dann wieder sieben haben.

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