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Der verbotene Turm

Der verbotene Turm

Titel: Der verbotene Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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unsere Nahrung begräbt, und jetzt liegt hier mehr als die Hälfte der gesunden Männer von zwei Dörfern mit erfrorenen Füßen und Händen, vielleicht lahm fürs Leben – bedauerlich!«
    Seine Stimme brach vor Zorn und Schmerz, und Damon schloß bestürzt die Augen. Das alles vergaß sich viel zu leicht. Dann endete der Krieg also nicht, wenn wieder Frieden im Land war? Er konnte gewöhnliche Feinde töten oder bewaffnete Männer gegen sie führen, aber gegen die größeren Feinde – Hunger, Krankheit, schlechtes Wetter, den Verlust arbeitsfähiger Männer – war er machtlos.
    »Ich habe keine Gewalt über das Wetter, mein Freund. Was wünschst du, das ich tun soll?«
    »Es hat eine Zeit gegeben – so erzählte mir mein Großvater –, als das Volk der Comyn , das Turmvolk, Zauberinnen und Zauberer, ihre Sternensteine benutzen konnten, um Wunden zu heilen. Eduin …« – er wies auf den Gardisten an Dom Estebans Seite – »… hat gesehen, wir Ihr Caradoc heiltet, damit er sich nicht zu Tode blutete, als sein Bein vom Schwert eines Katzenwesens bis auf den Knochen durchgeschnitten war. Könnt Ihr so etwas nicht für uns tun, Vai Dom ?«
    Unbewußt schlossen sich Damons Finger um den kleinen Lederbeutel an seinem Hals, der den Matrix-Kristall enthielt. Man hatte ihm ihn in Arilinn gegeben, als er Psi-Techniker wurde. Ja, er konnte einiges von diesen Dingen tun. Aber da er aus dem Turm weggeschickt worden war – ihm wurde die Kehle eng vor Furcht und Widerwillen. Es war schwer, gefährlich, Angst erregend, auch nur daran zu denken, es außerhalb eines Turms zu tun, ungeschützt von dem elektromagnetischen Schleier, der die Matrix-Techniker vor eindringenden Gedanken und Gefahren abschirmte …
    Aber die Alternative war der Tod oder die Verkrüppelung dieser Männer, unbeschreibliches Leiden in den Dörfern, zumindest Hunger und Unterernährung.
    Er sagte, und er merkte, daß seine Stimme zitterte: »Es ist so lange her, ich weiß nicht, ob ich es noch kann. Onkel …«
    Dom Esteban schüttelte den Kopf. »Derartige Fähigkeiten habe ich nie gehabt, Damon. In der kurzen Zeit, die ich dort verbrachte, habe ich auf dem Gebiet der Kommunikation an den Relais gearbeitet. Ich hatte gedacht, das meiste dieser Heilkunst sei im Zeitalter des Chaos verlorengegangen.«
    Damon schüttelte den Kopf. »Nein, etwas davon wurde in Arilinn gelehrt, als ich dort war. Aber allein vermag ich nicht viel.«
    Raimon stellte fest: »Die Domna Callista, sie war eine Leronis …«
    Das war nur zu wahr. Damon mühte sich, seine Stimme unter Kontrolle zu halten. »Ich will sehen, was wir tun können. Im Augenblick ist das Wichtigste, die Blutzirkulation auf natürliche Weise wiederherzustellen. – Ferrika«, sagte er zu der jungen Frau, die mit Phiolen und Flaschen voller Kräutersalben und Extrakten zurückgekehrt war, »ich überlasse jetzt dir die Pflege dieser Männer. Ist Lady Callista noch oben bei meiner Frau?«
    »Sie ist im Destillierraum, Vai Dom . Sie hat mir geholfen, das hier zusammenzusuchen.«
    Der Destillierraum lag an einem engen Durchgang neben der Küche. Es war ein schmaler Raum mit Steinfußboden, an dessen Wänden Regale standen. Callista, ein verblaßtes blaues Tuch über das Haar gebunden, sortierte Bündel getrockneter Kräuter. Andere hingen von den Dachbalken oder waren in Flaschen und Krüge gestopft. Der stechende Kräutergeruch ließ Damon die Nase krausen. Callista drehte sich zu ihm um.
    »Ferrika erzählte mir, daß du ein paar schlimme Fälle von Frostbeulen und Erfrierungen hast. Soll ich kommen und bei den heißen Packungen helfen?«
    »Du kannst etwas Besseres tun«, erwiderte Damon, und wieder legte sich seine Hand unbewußt über seine isolierte Matrix. »Ich muß bei den schwersten Fällen eine Zellregeneration hervorrufen, oder Ferrika und ich werden letzten Endes ein Dutzend Finger und Zehen abschneiden müssen, wenn nicht noch Schlimmeres passiert. Aber ich kann es nicht allein tun; du mußt die Überwachung übernehmen.«
    »Natürlich«, sagte sie schnell, und auch ihre Hände hoben sich automatisch zu der Matrix an ihrem Hals. Sie begann bereits, die Krüge auf die Regale zurückzustellen. Dann drehte sie sich um – und erstarrte, die Augen in panischer Angst aufgerissen.
    »Damon, ich kann es nicht!« Sie stand in der Tür, verkrampft, ein Teil von ihr im Begriff zu handeln, ein Teil in Erkenntnis der Situation entsetzt zurückweichend.
    »Ich habe meinen Eid zurückgegeben! Es ist mir

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