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Der verflixte Bahnhofsbau

Der verflixte Bahnhofsbau

Titel: Der verflixte Bahnhofsbau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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seinen Räuberkopf, aus dem eine große Beule hervorgewachsen ist, und sagt leise und langsam: „Tut mir leid, Herr Polizist, das wird nicht gehen, ich kann nämlich nicht fliegen.“
    Da beugt Tatta sich hinab und streckt ihm seine rechte Hand entgegen. „Faß an!“ sagt er. „Dann wird es schon gehen.“
     

DAS ACHTE KAPITEL
     

Die Leute hören auf zu zittern,
    der Räuber sitzt nun hinter Gittern.
     
    Sosehr Tatta Knobel sich auch bemüht, seinen Todfeind Henner Blau aus dem Keller des Spukhauses zu ziehen, es will ihm nicht gelingen. Der Keller ist zu tief, Henners Arme sind zu kurz und Tattas auch nicht lang genug. Und darum sitzt der Räuber aus dem Brakenbusch immer noch zwischen Steinbrocken und Mörtel und wartet auf seine Befreiung. Hin und wieder greift er mit der Hand nach seiner Beule, die seinen Kopf um zwei Hutnummern größer gemacht hat.
    Der Bürgermeister schickt Jokel Vossen nach Hasenkrug, damit er vom Feuerwehrhauptmann ein Seil hole. Als er wiederkommt, werfen die Männer das eine Ende des Seiles Henner Blau in den Keller hinab, während sie das andere fest in die Hand nehmen. Und dann beginnen sie gemeinsam zu ziehen. Tatta Knobel steht daneben und ruft: „Hau ruck! Hau ruck!“ Beim dritten“Ruck!“ reißt das Seil. Henner Blau plumpst auf die Steinbrocken, die Männer aber fallen um wie Dominosteine. Sie schimpfen laut durcheinander und sind böse. Henner reibt sich den Hintern und ist auch böse. Schlächtermeister Brating knüpft das Seil wieder zusammen. Widerstrebend und mißtrauisch nimmt Henner es in die Hand. Vorsichtig ziehen die Männer ein zweites Mal. Das Seil strafft sich, dehnt sich und reißt wieder. Der Bürgermeister, der auf einen kantigen Stein gefallen ist, schimpft so laut, daß ein Tannenbaum vor Schreck seine Nadeln verliert.
    „Wenn mir der Feuerwehrhauptmann in die Nähe kommt“, schreit er, „dann kann er was hören! Das Seil ist morsch und mürbe wie Stroh.“
    Auch die andern Männer lassen ihre Stimme erschallen. Aber davon wird das Seil nicht haltbarer. Schließlich ist Bäckermeister Bodenluk bereit, ein anderes zu holen. Nach einer Stunde kommt er mit leeren Händen zurück und sagt, daß seine Frau das Seil als Wäscheleine benutzt und mit Wäschestücken vollgehängt habe.
    Mittlerweile ist es dunkel geworden, und die Verhaftung Henner Blaus muß auf den nächsten Tag verschoben werden. Die Männer verlassen den Räuber und überlegen sich auf dem Heimweg, wie sie ihn endlich aus dem Keller holen können.
    Am andern Morgen stellen sie fest, daß sich in keinem der vierunddreißig Häuser Hasenkrugs ein Seil finden läßt, das stark genug ist für einen ausgewachsenen Räuber. Sie kratzen sich am Kopf und wissen sich nicht zu helfen.
    Henner Blau hat inzwischen großen Hunger gekriegt. Sein Magen knurrt wie ein Löwe im Zoo. Er ist so schwach geworden, daß er kaum noch sitzen kann. Darum wirft Jan Bodenluk ihm schließlich eine Tüte alter Brötchen hinunter, die er doch nicht mehr verkaufen kann.
    Auch die zweite Nacht muß Henner Blau allein bei den Gespenstern bleiben und erleben, wie sie ihre Betten machen, Lesebücher essen und ihre Schuhe putzen.
    Am dritten Tag seiner Gefangenschaft kommt Frau Nasenblum um zehn Uhr morgens aus dem Bürgermeisterhaus. Sie hat den Bürgermeister auf einen guten Gedanken gebracht, denn der klopft sich an die Stirn, als wollte er sagen: „Daß mir das nicht eingefallen ist!“ Die beiden verschwinden im Mückentaler Heerweg. Sie gehen zum Bahnhof. Dort sprechen sie mit Maurermeister Wuttig, der ihnen zwei junge Gesellen mit einer langen Bauleiter ausleihen muß. Den kleinen Fidi schicken sie inzwischen zu allen klugen Männern, damit er ihnen bestelle, sofort zum Marktbrunnen zu kommen.
    Es dauert nicht lange, da sind sie versammelt. Und dann marschiert alles, was klug ist in Hasenkrug, durch das Kleine T in den Brakenbusch, um endlich den Räuber zu verhaften. Tatta Knobel, der sich beim Rasieren geschnitten hat und ein Pflaster auf der Backe trägt, eilt mit langen Schritten hinterher.
    In der Stadt herrscht Vormittagsleben. Hausfrauen gehen zum Schlachter und zum Krämer. Die Maurerleute bauen am Bahnhof weiter. Der Feuerwehrhauptmann ist auf dem Hof des Spritzenhauses beschäftigt. Er hat eine Ölkanne in der einen und einen Schraubenzieher in der andern Hand. Auf dem Schulhof lärmen die Kinder. Herr Lubesam ißt sein Butterbrot und geht inmitten seiner Schüler auf und ab. Der Pastor sitzt bei

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