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Der verflixte Bahnhofsbau

Der verflixte Bahnhofsbau

Titel: Der verflixte Bahnhofsbau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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geöffnetem Fenster hinter dicken Büchern am Schreibtisch und bereitet die Predigt für Sonntag vor. Herr Wuttig betrachtet den Bahnhof von allen Seiten und vergleicht ihn mit der Zeichnung in seiner Hand. Die Mauern sind fertig, und in den nächsten Tagen kann der Bau gerichtet werden.
    Es ist ein freundlicher Tag heute. Der Himmel ist blau und ohne Wolken. Die Sonne meint es gut. Gegen Mittag wird es sicher sehr heiß werden.
    Mittlerweile erreichen die klugen Männer das Spukhaus. Henner Blau liegt ermattet auf den Steinen. Er scheint zu schlafen. Die beiden Maurer schieben die Leiter in den Keller. Und weil sie jung und stark und nicht so klug wie die klugen Männer sind, haben sie keine Angst, sondern steigen sofort hinab, um den beschädigten Räuber heraufzuholen. Sie ergreifen ihn furchtlos an Armen und Beinen und schleppen ihn nach oben. Dann ziehen sie die Leiter nach, legen sie auf den Waldboden und Henner Blau kurzerhand darauf. Sie fassen die Leiter an wie eine Bahre und marschieren los in Richtung Hasenkrug. Die klugen Männer haben das alles staunend beobachtet. Jetzt machen sie ihren Mund wieder zu und folgen den beiden. Einige helfen sogar tragen. Aber keiner kommt auf den Gedanken, einmal hinter das Spukhaus zu gehen, wo immer noch die beladene Schiebkarre des Räubers steht.

    Henners Arme und Beine hängen baumelnd von der Leiter herunter. Er sieht ausgehungert aus nach zwei Tagen ohne Essen und Trinken. Die trockenen Brötchen von Bäckermeister Bodenluk haben ihn nicht satt gemacht.
    Die Männer marschieren mit ihrer kostbaren Last über die Brakebrücke und an Jochen Krumms Schafstall vorbei. Der Orgeldreher sieht sie kommen und spielt einen Siegesmarsch. Das lockt die Hasenkrüger an die Fenster. So können sie mit ansehen, wie der gefährliche Räuber in das Spritzenhaus getragen und dort eingesperrt wird. Der Feuerwehrhauptmann hat ja seine Spritze vorsorglich auf den Hof geschoben. Frau Nasenblum sorgt dafür, daß man dem Räuber einen Krug Wasser, einen Teller Suppe und ein Stück Brot in sein Gefängnis stellt.
    Und dann fallen sich die klugen Männer um den Hals und jubeln.
    Sie tanzen und springen und benehmen sich wie Kinder am letzten Schultag vor den Ferien.
    Mitten in den Trubel hinein verkündet der Bürgermeister mit lauter Stimme: „Meine lieben Hasenkrüger! Dies ist ein großer Tag für unsere Stadt. Wir haben den fürchterlichen Räuber, der uns daran hindern wollte, einen Bahnhof zu bauen, hinter Schloß und Riegel gebracht. Das wollen wir feiern! Morgen nachmittag findet auf dem Sportplatz ein großes Freudenfest statt, mit Musik und Tanz und Feuerwerk. Alle sind eingeladen!“
    Die Leute klatschen und rufen bravo.
    Tatta Knobel, nach dem Bürgermeister der wichtigste Mann in der Stadt, sagt: „Kinder unter zwei Jahren bleiben zu Hause, damit ihnen in dem Gedränge nichts geschieht.“
    Die frohe Kunde verbreitet sich schnell in der kleinen Stadt. Und bald sind viele Hände beschäftigt, den bunten Nachmittag vorzubereiten.
    Der dicke Fidi rollt eigenhändig drei Hundertliterfässer Bier auf den Sportplatz. Sie werden schon nicht gestohlen werden, .denn der Räuber ist im Gefängnis. Dann läßt er von den Maurerleuten Tische und Stühle hinübertragen.
    Lehrer Lubesam und einige große Jungen streuen weiße Linien auf den Rasen. Hier sollen Wettkämpfe in Sackhüpfen und Eierlaufen ausgetragen werden.
    Bäckermeister Bodenluk stellt zehn Kartons Negerküsse bereit und knetet Teig für zwanzig Platten Butterkuchen.
    Jochen Krumm ölt seine Orgel und dichtet ein Festlied.
    Der Bürgermeister probiert seinen nicht mehr ganz neuen Sonntagsanzug an. Er dreht sich vor dem Spiegel wie ein Kreisel. Die Hose ist zwar schon ziemlich eng geworden, aber einmal wird sie schon noch ihre Dienste tun.
    Tatta Knobel spaziert langsam durch die Schulstraße und gibt sich ganz seinem großen Siege hin. Er hat schon heute seine Extrauniform angezogen und macht verklärte Augen, als ob er über ein Gedicht grüble.
    Frau Nasenblum, im Hauptberuf Eisverkäuferin und nur im Neben» beruf kluger Mann, dreht ihre Eismaschine. Morgen nachmittag wird sie bestimmt ein gutes Geschäft machen.
    Der Pastor, der ja ein studierter Herr ist, radelt nach Mückental, um dort in der Apotheke Schwefel, Holzkohle, Salpeter und Zunder zu kaufen, woraus er Raketen, Feuerräder und Knallfrösche basteln will für das Feuerwerk.
    Und was macht Henner Blau?
    Er schläft im Spritzenhaus. Aber wie sieht das aus! Auf

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