Der vergessene Mond Bd II - Zeit des Erwachens (German Edition)
konzentriert, den Anweisungen des älteren Magiers folgend hatte er versucht, seine Energien in die Steine zu kanalisieren und sie fliegen zu lassen. Er sah das Bild noch vor sich, wie sich unter dem Raunen der Zuschauer die Steine bewegten - die sich in der Hand der unscheinbaren, kleinen Frau neben ihm befunden hatten. Erst flogen sie in gerader Linie nach oben, dann vollführten sie unter dem bestätigenden Blick des Magiers kleine langsame Kreise.
Seine eigenen Steine dagegen hatten sich nicht bewegt, nicht einmal geruckelt, still und starr hatten sie auf seiner Hand gelegen. Dabei hatte er die Energie gespürt, sie war da, aber er hatte sie nicht greifen können. Er konnte seine Kraft nicht nutzen, um die Steine fliegen zu lassen, so sehr es auch versuchte. Er wusste nicht wozu er sie hätte nutzen können, er spürte die Anwesenheit von Energien in seinem Körper, doch seine Versuche, es dem alten Magier zu erklären, stießen nur auf Ablehnung. Ganze drei Minuten hatte es gedauert, dann hatte der Leiter der Prüfung Herms Zukunft zerstört. „Du beherrschst nicht die Macht des Jesah“ hatte er gesagt, und damit war er entlassen worden.
<==>
Herm schluckte hart und unterdrückte nur mühsam aufkommende Tränen, während er zusah, wie Jesah, seine letzte Hoffnung, langsam der aufgehenden Sonne wich. Gelbe Sonnenstrahlen spiegelten sich auf dem Fluss, der nun schon von einigen wenigen Fischerbooten befahren wurde. Männer befanden sich auf den kleinen Booten und warfen ihre Netze aus, um den Lebensunterhalt für sich und ihre Familien zu verdienen. „ Ist das auch meine Zukunft? Ein nichts sagender Beruf, ein langweiliges Handwerk, oder gar ein Leben als Söldner? “ Stumm griff er in die Tasche seines Umhangs und fischte nach seinem Geldbeutel, dessen Füllung sich in den letzten Monaten stark verkleinert hatte. Seine Reisen zu den drei Türmen hatten seine Geldmittel fast aufgebraucht und wo sich bei seinem Aufbruch noch Gold- und Silberstücke befunden hatten, waren nun nur noch wenige kleine Bronzemünzen übrig geblieben. „ Das reicht nicht einmal, um nach Magystra zu reisen. “ Zu sorglos hatte er sein Geld ausgegeben, hatte die Möglichkeit verdrängt, dass er am Ende seiner Reisen ohne Aufnahme in einen der Türme deprimiert an einem Fluss sitzen würde, einsam und mit leerem Goldbeutel.
Langsam nahm er seine Reisetasche, die er frustriert neben sich ans Flussbett geworfen hatte und suchte nach der Lederhülle, die Martek ihm gegeben hatte. „Wenn du Hilfe brauchst auf deinen Reisen, oder eine sichere Unterkunft, dann besuche meinen Bruder Borresch in Magystra. Gib ihm diesen Brief von mir, dann weiß er das ich es war, der dich schickte, mein Junge.“ Trotz seiner furchtbaren Laune musste Herm in sich hinein grinsen, als er an seinen alten Lehrer dachte. Obwohl Herm schon neunzehn Jahre alt war und ausgebildet in allen ritterlichen Fertigkeiten, hatte Martek ihn bis zum Ende immer noch „Mein Junge“ genannt und alle Versuche, seinen alten Lehrer dazu zubringen, ihn „Herm“ zu nennen, liefen ins Nichts. „ Alter Sturkopf, wie ich dich vermisse .“
Ein warmes Gefühl strömte durch seinen Körper, als er sich an seine Heimat erinnerte. Er hatte eine glückliche Kindheit erlebt als jüngster von vier Söhnen, geliebt von seiner Mutter und geschätzt von seinem Vater. Seine Ausbildung wie die seiner Brüder war hart gewesen, er hatte gelernt mit den Waffen eines Ritters zu kämpfen und die Geschichte seines Landes sowie die Heraldik des Hofes studiert. Das war nicht ungewöhnlich, war doch sein Vater Träger eines erblichen Titels gewesen und unterstand als „Ritter Borim von Pendrak“ dem direkten Befehl der Tzarina von Kaldarra.
Damals schon hatte Herm gewusst, das er eines Tages die Prüfungen der drei Monde ablegen würde, war es doch unwahrscheinlich, dass er je den Titel seines Vaters tragen würde. Als jüngster Sohn mit drei älteren Brüdern, die das Vorrecht auf den Adelstitel hatten, war es nicht ungewöhnlich, eine andere Karriere anzustreben als die des Familienoberhauptes. Berk und Gorek dagegen hatten klare Pläne, in die Fußstapfen ihres Vaters zu treten. Als die beiden Ältesten hatten sie ihre Verantwortung immer sehr ernst genommen, hatten härter trainiert und ihren Vater öfter auf seinen Jagdausritten begleitet wie Herm und Hassem.
„ Hassem, wie es ihm wohl ergangen ist? “ Stumm am Flussbett sitzend meldete sich das beklemmende Gefühl von Heimweh in Herms
Weitere Kostenlose Bücher