Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)
ihre Paläste geplündert.
Dann zog er weiter nach Spoleto und ließ den Abt von Montecassino im Kerker der Burg ermorden. Ende November schickte er seine Truppen in die Winterquartiere und kehrte nach Rom zurück. Er hat sich meinem Befehl widersetzt. Das werde ich ihm nicht vergeben.« Er sah zu seinem Vertrauten hinüber. »Ludovico wird noch heute als päpstlicher Legat mit einer Eskorte nach Rom aufbrechen, um dort anstelle von Vitelleschi als Kardinal die Macht zu übernehmen.
Cosimo hat Vitelleschis Korrespondenz seit Monaten überwachen lassen. In Montepulciano wurde ein Brief abgefangen, den Vitelleschi an Piccinino geschrieben hatte. Statt Florenz gegen das Heer des Herzogs von Mailand zu verteidigen, wollte er sich mit Viscontis Condottiere gegen mich verbünden, um mich zu stürzen.
Ich habe mit Alessandra darüber gesprochen. Nach der grausamen Blutrache an den Trinci fürchtete sie einen Mordanschlag durch Vitelleschi, als Vergeltung für die Demütigung, die Ihr ihm in Rom zugefügt hattet. Ihre enge Freundschaft mit Orsini hat Vitelleschi misstrauisch gemacht. Er fürchtet sie, wie er ihren Vater gefürchtet hat. Durch ihr Einvernehmen mit mir und mit seinem Erzfeind Ludovico Scarampo, mit Cesare Orsini und Prospero Colonna, mit Cosimo de' Medici und dem Dogen Francesco Foscari hat sie eine Machtposition inne, die für ihn gefährlich werden kann. Er weiß, sie wird niemals zulassen, dass der Mörder ihres Vaters mit der Tiara gekrönt wird, die vor ihm Papst Martin getragen hat und die er den Colonna auf so blutige Weise entrissen hat.
Daher hat Alessandra beschlossen, ihren Cousin, Kardinal Colonna, nach Rom zu begleiten. Beim Abschied erinnerte sie mich daran, dass sie an Lucas Grab geschworen habe, Vitelleschi zu vernichten. Sie werde nicht ruhen, bis sie die Welt von diesem Antichrist befreit habe.
Meinen Segen hat sie!«
Kapitel 27
Fröstelnd setzte ich mich auf die Pritsche meiner Zelle in der Engelsburg, raffte das Kleid aus schwarzem Atlas um mich, lehnte den Kopf gegen die kalten Steine und schloss die Augen.
War heute der Tag, auf den ich so lange gewartet hatte?
Nach Niketas' Tod hatte ich mich in eine Aufgabe gestürzt, die mir alles abverlangte, um die Trauer und den Schmerz nicht mehr zu spüren. Doch Niketas zu vergessen war undenkbar.
»Wie lange willst du noch um ihn trauern? Dich nach ihm sehnen und von ihm träumen?«, hatte Cesare mich an Weihnachten gefragt. Enttäuscht. Traurig. Und ein wenig verstimmt nach all seinen Bemühungen um mich. »Er ist nicht mehr da. Aber ich bin hier bei dir!« Er hatte meine Hand ergriffen und sie an seine Brust gepresst. »Du musst nur die Hand ausstrecken, um mich zu berühren. Liebe mich!«
Ein Jahr nach dem Tod meines Vaters und meinem Schwur an seinem Katafalk war ich ausgebrannt wie eine flackernd verlöschende Kerze und sehnte mich nach Seelenruhe. Nach Besinnung. Und nach Frieden.
War heute der Tag, auf den ich so lange gewartet hatte? War dies das Ende?
Die Tür der Zelle wurde leise geöffnet, und Prospero trat ein. Er war zum Kampf gerüstet mit Harnisch und Schwert. »Er kommt«, verkündete er. Ich richtete mich auf. »Ist Cesare bei ihm?«
»Er reitet neben ihm.« Mein Cousin verzog die Lippen. »Ich nehme an, er erinnert Seine Selbstherrlichkeit zum ich weiß nicht wievielten Mal daran, dass er versprochen hat, ihn nach der Eroberung von Florenz zum Herzog zu ernennen.«
Ich erhob mich von der Pritsche und strich den schwarzen Atlas meines Trauerkleides glatt.
»Was hast du ihm für seinen Verrat versprochen, Sandra?«, fragte Prospero, als ich an ihm vorbei zur Tür gehen wollte. Dachte er an die Weihnachtstage, die ich mit Cesare in Bracciano verbracht hatte? »Was ist ihm wichtiger als ein Herzogtum?« Als ich nicht antwortete, murmelte er: »Er liebt dich ...«
Ich nickte stumm und verließ die Zelle, in der ich gefangen gehalten worden war, bis Niketas nach Rom kam, um Vitelleschi das Evangelium zu übergeben. Wie lange war das her - beinahe ein Jahr!
Der Morgen dieses 19. März war sonnig und warm. Die Schwalben, die in den Mauern der Engelsburg nisteten, stürzten sich fröhlich zwitschernd in die laue Brise, die vom Meer herüberwehte. Was für ein schöner Tag!
Wie würde er enden? Mit meinem Sieg oder meinem Tod?
Ich lehnte mich gegen die von der Sonne erwärmte Brüstung und blickte über die starken Befestigungen der Engelsburg hinweg und den Passetto entlang in Richtung Vatikan.
Von dort näherten
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