Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)
nehme ich Euch fest! Ihr seid schuldig des Hochverrats an Papst Eugenius und werdet ...«
Mit einem zornigen Schrei zog Vitelleschi seinen Dolch, stieß einen der Bravi zur Seite, sprang mit einem Satz zu mir herüber und warf sich derart ungestüm gegen mich, dass er mich beinahe umgerissen hätte. Mit einem brutalen Schlag auf mein Handgelenk entwand er mir meine Klinge, zog mich schützend vor sich und presste, jeden Muskel bis zum Äußersten gespannt, seinen Dolch an meine Kehle.
Prospero, der das turbulente Handgemenge von der Mauer direkt über uns beobachtete, konnte ihn mit der Armbrust nicht töten, ohne mich zu verletzen. Ganz leise und unter den überraschten Rufen der Bravi kaum zu hören, vernahm ich seinen Fluch.
Vitelleschi taumelte und lehnte sich einen Moment gegen mich. Er war am Kopf verwundet und verlor viel Blut. Schmerzhaft schnitt die Klinge in meinen Hals. Mein Herz raste. Und ich rang nach Atem.
»Antonio, befehlt Euren Männern, die Waffen niederzulegen und die Zugbrücke hinunterzulassen - oder sie stirbt!«
Kapitel 28
»Großer Gott, kommen wir zu spät? Vitelleschis Heer verlässt Rom, wie es Alessandra gestern durch ihren Boten angekündigt hatte!«
Bestürzt wies Ludovico Scarampo nach vorn zur Milvischen Brücke, wo die Truppen des Kardinals bereits den Tiber überquerten, um nach Norden in die Toskana zu marschieren und Florenz zu erobern. Als päpstlicher Legat, der im Namen von Papst Eugenius die Macht in Rom übernehmen sollte, trug Ludovico seine silberne Prunkrüstung.
»Ist die Festnahme durch Antonio gescheitert?«
Geblendet von der Morgensonne, beschattete ich meine Augen mit der Hand. »Ich kann weder Vitelleschi mit seinem Gefolge noch sein Banner sehen. Er ist nicht bei seinem Heer.«
Ludovico wies auf den langen Tross, der sich uns von Rom entgegenwand. »Dort ist Everso von Anguillara, der diesen Truppenteil kommandiert. Ich kenne ihn. Orsini scheint mit seiner Leibwache bei Vitelleschi geblieben zu sein, wie es Alessandra vorhergesagt hatte. Wie hat sie ihn nur dazu gebracht, den Kardinal zu verraten?« Als ich nicht antwortete, rief er: »Folgt mir!«
Er trieb sein Pferd an und galoppierte den Hügel hinab zur Milvischen Brücke. Ich lenkte meinen Hengst durch die mir entgegenkommenden Reiter, überquerte die Brücke und erreichte nach ihm das andere Ufer. In einer Wolke von aufwirbelndem Staub hielt er neben einem Offizier im Harnisch, der ihn sogleich erkannte.
»Euer Exzellenz! Ich wusste nicht, dass Ihr nach Rom komm...«
»Wo ist Vitelleschi?«, herrschte Ludovico ihn an.
Er straffte die Schultern. »Als ich den Vatikan verließ, sagte er mir, dass er vor seinem Aufbruch noch mit Antonio Rido sprechen wolle. Er befahl dem Kommandanten, ihn vor dem Tor der Engelsburg zu erwarten. Ich nehme an, dass er ...«
Mit einer Geste wie ein Schwerthieb unterbrach ihn Ludovico. »Seine Heiligkeit hat mich nach Rom geschickt, um Vitelleschi festzunehmen. Ich bin der Oberbefehlshaber des päpstlichen Heeres. Ab sofort untersteht Ihr meinem Kommando. Lasst Eure Männer in ihre Quartiere in Rom zurückkehren! Ihr zieht nicht nach Florenz!«
Unwillig entriss ihm Everso dAnguillara das Beglaubigungsschreiben des Papstes und entfaltete es. Nachdem er es überflogen hatte, gab er es Ludovico zurück. »Mein Treueschwur gilt nicht dem Papst. Sondern Kardinal Vitelleschi.«
»Ich warne Euch! Fordert mich nicht heraus!«, drohte ihm Ludovico zornig.
Mit einem spöttischen Lächeln ließ der Condottiere seinen Blick über die zwanzig Bewaffneten unserer Eskorte schweifen. »Euer Heer ist wirklich Furcht einflößend, Euer Eminenz!«, höhnte er. »Meine sechstausend Reiter werden sich vor Angst in die Hosen piss...«
Ludovico zog sein Schwert. »Ihr habt mich gehört!«, brüllte er, und die Männer, die Everso zu Hilfe kommen wollten, wichen zurück. »Befehlt Euren Männern, sofort nach Rom zurückzukehren! Keine Gewalt und keine Plünderungen! Andernfalls werde ich Euch noch vor meinem Abendessen im Vatikan auf der Piazza San Pietro hinrichten lassen! Habt Ihr mich verstanden?«
»Ja, Euer Eminenz!«, keuchte Everso mit dem Schwert an seiner Kehle und gab Ludovicos Befehl an seinen Stellvertreter weiter. »Wünscht Ihr bewaffneten Geleitschutz bis zur Engelsburg?«
Ohne ihn einer Antwort zu würdigen, riss Ludovico seinen Hengst herum, hieb ihm die Absätze seiner Stiefel in die Flanken und preschte davon. Ich folgte ihm mit unserer Eskorte. Meine Hand tastete
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