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Der vergessene Strand

Der vergessene Strand

Titel: Der vergessene Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Peters
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gebracht.»
    «Möchtest du auch noch einen Kaffee?»
    Amelie lehnte dankend ab. Sie beobachtete, wie Diana die Macchinetta ausspülte, neu befüllte und auf den Herd stellte. Manchmal brauchte Diana einfach Zeit. Vermutlich steckte mehr hinter der Geschichte. Ein Heiratsantrag hätte sie nicht aus der Ruhe gebracht – es hatte in Dianas Leben schon genug Männer gegeben, die sie für immer an sich hatten binden wollen.
    Bisher hatte sie dann stets geantwortet, sie sei keine Graugans, die sich jagen und beringen ließe.
    Bei diesem Mann schien das jedoch anders zu sein. Hatte ihre Freundin etwa denjenigen gefunden, bei dem sie sesshaft werden wollte? Am anderen Ende der Welt?
    «Wie geht’s jetzt mit Michael und dir weiter?» Also wollte Diana ablenken. Gut, dachte Amelie. Sie würde später noch mal darauf zurückkommen.
    Während sie erzählte, erkannte Amelie, wie kompliziert die Sache inzwischen war. Sie fühlte sich heimatlos. Sie vertraute nicht darauf, dass Michael für sie sorgen würde, und war unsicher, ob das mit Dan funktionieren, geschweige denn eine Zukunft haben würde. Außerdem war da noch die Sache mit ihrer Familie. Diana schüttelte den Kopf, als Amelie bei dem Karton in ihrem alten Kinderzimmer anlangte, der die gemalten Bilder ihres Bruders enthielt, von dem sie bisher keine Ahnung gehabt hatte.
    Schließlich hielt Amelie erschöpft inne. Sogar von ihrem Besuch bei David hatte sie erzählt, der zumindest auf dem Papier bis heute ihr Vater war.
    «Echt unglaublich», meinte Diana. «Und ich fahr ans Ende der Welt, um irgendwelche Abenteuer zu erleben. Ich meine: wieso eigentlich? Zu Hause scheint’s ja viel aufregender zu sein!»
    «So abenteuerlustig wie du war ich aber nie», klagte Amelie. «Mir wär’s lieber, ich wüsste möglichst bald, wo ich mich niederlassen will.»
    «Klar. Du brütest ja auch.» Einen Frühsommer lang hatte Diana mit einem Ornithologen das Brutverhalten von Silbermöwen auf Langeoog beobachtet. Damals hatte sie von nichts anderem geredet, und es hatte eine Weile gedauert, bis sie diese Affäre vergessen hatte. Das Vokabular mit den Vogelmetaphern war jedoch geblieben.
    «Also lieber den langweiligen Professor oder den aufregenden Waliser?»
    «Du hast Michael ja nie gemocht.»
    «Ich hab ihn akzeptiert, weil du ihn liebst. Aber gemocht? Nie.»
    «Warum eigentlich nicht?»
    «Er passt nicht zu dir, ganz einfach. Er ist so ein … weiß nicht. Sugardaddy. Deutlich älter …»
    «Nur dreizehn Jahre!», fiel Amelie ihr ins Wort.
    «Ja und? Das sind ungefähr zehn zu viel. Wie alt ist dein Waliser?»
    «Er ist nicht
mein
Waliser. Im Moment gehört er noch der perfekten Felicity.»
    «Die dir aber bereits aufgetragen hat, auf ihn aufzupassen», trumpfte Diana auf. «Also, wie alt ist er?»
    Amelie musste zugeben, dass sie das gar nicht so genau wusste.
    «Egal. Er ist jedenfalls nicht so ein humorloser Erpel wie Michael.»
    Amelie prustete los. «Erpel! So hast du ihn ja noch nie genannt.»
    «Findest du nicht, das passt? Erpel sehen immer so ernsthaft aus, wenn sie ihre braune Gefährtin und den Nachwuchs über irgendwelche Straßen scheuchen. Der einzige Vogel, der aussieht, als hätte er einen Stock verschluckt. Heißt ja auch Stockente.» Sie kicherte ausgelassen.
    «Gott, bist du albern. Und was bin ich dann für ein Vogel? Irgendwas Kugeliges. Ein Kiwi vielleicht?»
    «Mit sooo einem langen Schnabel? Nee. Du, meine Liebe, bist eine Nachtigall, die verstummt, sobald man sie in einen goldenen Käfig sperrt. Und genau das hat Michael getan.»
    Amelie protestierte. «Wir waren bis vor ein paar Monaten sehr glücklich.»
    «Ja, bis vor ein paar Monaten! Jetzt kommen wir nämlich zu Michael. Ein Kuckuck. Hat einfach einer anderen Frau ein Ei ins Nest gelegt.»
    Amelie seufzte. Irgendwie konnte sie mit Diana nicht mehr vernünftig reden, wenn sie sich erst mal auf ihre Vogelmetaphern eingeschossen hatte.
    «Er liebt mich. Sagt er. Und kämpft um mich …»
    «Sorry, aber das hat der Kaiser von China auch behauptet.» Und weil Amelie sie verständnislos anschaute, fügte Diana hinzu: «Der die Nachtigall eingesperrt hat. In Andersens Märchen. Meine Güte, Am! Deine Bildungslücken auf dem Märchensektor wirst du schließen müssen, wenn du meinem Patenkind eine adäquate, gutbürgerliche Erziehung angedeihen lassen willst.»
    «Dafür hab ich ja dann dich, wenn ich’s nicht richtig mache. Aber das Kind ist halt das Argument schlechthin für ihn.»
    «Für Michael? Na

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