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Der vergessene Strand

Der vergessene Strand

Titel: Der vergessene Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Peters
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Beatrix ein freier Geist, aber sicher hatte es sie dennoch gekümmert.
    Und da war immer noch die Geschichte mit ihrer Schwester, die Amelie bisher nicht so ganz durchdringen konnte. Wenn sie dort nur endlich vorankäme. Wenn sie Annes Briefe fände, beispielsweise, irgendetwas! Ein Tagebuch vielleicht, das wäre natürlich ein Glücksfall, auf den sie gar nicht zu hoffen wagte. Das Archiv der Stadtbibliothek hatte sich in dieser Hinsicht leider als unergiebig erwiesen, obwohl Cedric wirklich sehr bemüht gewesen war.
    «Nur weil Beatrix finanziell unabhängig war, heißt das ja nicht, dass sie sich nicht emotional an ihn gebunden fühlte. Vielleicht hat sie gelitten und das alles nur getan, um ihm zu gefallen.»
    «Er hat’s ihr nicht gerade einfach gemacht.»
    «Er war ein Kind seiner Zeit. Damals verschwendete man keinen Gedanken an eine gleichberechtigte Partnerschaft. Man ist ja selbst heute noch oft genug weit davon entfernt.»
    Amelie sagte erst mal nichts. Dann machte sie leise «Hmpf», und weil Dan sie fragend anblickte, erklärte sie: «Du hast damit gerade das gesagt, was jeder vernünftige Wissenschaftler mir sagen würde, wenn ich ihm das Problem schilderte. Dass ich zu sehr von den heutigen Umständen ausgehe. Ein großes Problem, wenn man an historischen Biographien arbeitet, ist die Zeit, in der der Autor lebt, denn seine Interpretation ist immer geprägt von seinem eigenen Erlebnishorizont.» Sie zuckte mit den Schultern. «Vermutlich habe ich gedacht, das müsse doch bei den beiden gleichberechtigt geklappt haben, weil ich es so ähnlich erlebt habe. Und weil meine Mutter mich ganz allein großgekriegt hat.»
    «Also gibt es ihn. Den mysteriösen Mr. Amelie.»
    «Ich würde ihn aber nicht Mr. Amelie nennen», sagte sie leise. «Ein Feigling, ein Angsthase, das ist er. Aber wir gehören nicht zusammen.» Und dann musste sie lachen. «Mein Gott!», rief sie. «Er hat ebenfalls eine Mätresse!»
    Dan blickte sie verständnislos an, aber Amelie hätte sich in diesem Moment schier ausschütten können vor Lachen. Das war wirklich absurd – sie forschte über eine Adelige des frühen 20 . Jahrhunderts, die von ihrem Mann betrogen wurde, und sofort passierte ihr dasselbe! Gut, Michael und sie waren noch nicht verheiratet, aber bis vor kurzem hatte sie ja gedacht, das sei nur noch eine Formsache.
    Was wohl passiert wäre, wenn sie sich Heinrich  VIII . als Forschungsthema zugewandt hätte? Sie wollte es lieber nicht zu Ende denken. Es hätte tragisch enden können.
    «Ich weiß nicht, was daran so lustig ist …» Dan wirkte verunsichert. Sie streckte die Hand aus und legte sie auf seinen Unterarm, so, wie er es vorhin bei ihr gemacht hatte. Eine intime Geste, die sich irgendwie richtig anfühlte. «Entschuldige, es ist nur … amüsant. Als wollte mir Beatrix die ganze Zeit einen Spiegel vorhalten. Ich hab es nur nicht gemerkt.»
    Er senkte den Blick und schaute ihre Hand an. Peinlich berührt zog sie sie zurück, als habe sie sich an ihm verbrüht. «Ich meine, dass … Na ja.»
    Inzwischen war es nach fünf, und wenn Amelie vor ihrer Abfahrt noch ein bisschen schlafen wollte, musste sie es wenigstens versuchen. Dan stand schon wieder am Spülbecken und ließ Wasser ein. Sie hatte noch nie einen Mann erlebt, der so konsequent und offensichtlich gerne abspülte, sobald es etwas abzuspülen gab.
    «Macht es dir was aus, wenn ich mich hier hinlege?», fragte sie leise. «Im Gästezimmer ist es so kalt.»
    Beide wussten, dass es nicht fehlende Heizwärme war, die sie nicht in den Schlaf finden ließ. Amelie wickelte sich in den Quilt und schob sich ein Kissen unter den Kopf. Eine Hand ruhte unter dem Kissen, die andere ganz entspannt auf ihrem Bauch. So lag sie da und beobachtete ihn.
    «Du musst nicht abreisen», sagte er plötzlich, ohne sich umzudrehen.
    Sie richtete sich auf. «Dan …»
    «Ich hab Platz genug. Wenn du weiter nach deiner Beatrix suchen willst, bleib einfach hier. Mir wäre außerdem nicht besonders wohl dabei, wenn du so weite Strecken allein fährst.»
    In deinem Zustand.
    Das verkniff er sich zum Glück.
    «Ich kann später zurückkommen», meinte sie. «Wenn ich daheim alles geregelt habe. Es ist … da ist einiges ungeklärt, und …»
    «Die Geliebte.»
    «Was?»
    «Du hast gesagt, er hat eine Geliebte. Oder Freundin oder irgendwas in der Art.»
    «Ja. Nein. Eigentlich ist sie das nicht.»
    Komisch. Sonst vertraute sie Fremden nicht. Nie, nie, nie. Aber von diesem hier

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