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Der vergessene Strand

Der vergessene Strand

Titel: Der vergessene Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Peters
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nichts geschehen.
    Anne hatte mit Missbilligung gerechnet, vielleicht mit Vorhaltungen, mit einer pragmatischen Lösung – all das hatte sie sich ausgemalt. Nicht aber dieses selige Lächeln, mit dem er sie anschaute. Wenn jetzt jemand sah, wie sie da zusammen in der Ecke standen – sofort wüsste er Bescheid, so deutlich konnte man die Liebe auf G-s Gesicht sehen.
    «Wir müssen etwas tun», flüsterte sie eindringlich.
    «Ja, natürlich.» Er legte die Hand auf ihren Arm, schob sie sanft Richtung Treppe zu den oberen Rängen. «Wir werden etwas tun.»
    «Ich kann kein Kind bekommen!»
    «Lass uns später reden.» Der dritte Gong. Nur noch einzelne Besucher eilten durch die leeren Gänge. G- ließ Anne einfach stehen.
    Natürlich verstand sie seine Vorsicht. Trotzdem war sie verletzt und verwirrt. Hatte er ihr überhaupt zugehört? Sie bekam sein Kind, und sie brauchte eine schnelle Lösung für dieses Problem!
     
    Natürlich hatte er ihr zugehört. Zwei Tage später bekam sie einen Brief von ihm. Schweres Papier, ein dicker Umschlag. Darin eine kurze Notiz von ihm und ein Stapel Unterlagen, verfasst von seinem Anwalt. Die Nachricht war kurz und bündig:
    Ich werde zahlen. Aber nicht, damit du’s wegmachen lässt. G-
    Sie schrie auf und warf die Papiere in den Kamin. Himmel, sie wollte nichts unterzeichnen! Sie würde schweigen, das musste er sich von ihr doch nicht erkaufen!
    Sie wollte dieses Kind nicht. Es ruinierte ihr Leben. Zum ersten Mal begriff sie das ganze Ausmaß dessen, was sie sich angetan hatte. Was diese Liebe mit ihr machte. Sie hatte sich von ihrer Leidenschaft einfangen lassen, und jetzt musste sie bitter dafür büßen.
    Dies war die Stunde größter Not, und in dieser ging sie zu Bee. Zu ihrer großen Schwester, deren eindringliche Warnung vor Monaten ungehört verhallt war. Sie hatte auf jenen Brief nicht reagiert. Hatte überhaupt nicht mehr geschrieben, war nicht gekommen, wenn Beatrix zur Landpartie einlud.
    Sie schrieb eine kurze Nachricht.
    Bitte, Bee.
    Ich brauche dich.
    Bumble
     
     
    Noch am selben Abend kam Antwort: Komm! Ich bin immer für dich da. B.
    Das war der Moment, in dem Anne zum ersten Mal weinte.

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 10
    W ährend Amelie auf den Anruf jener Peggy wartete, die eine Koryphäe auf dem Gebiet der Heimatgeschichte sein sollte, widmete sie sich ihren Notizen. Sie verbrachte den Nachmittag bei Cedric in der Bibliothek, der sich freute, als sie ihm mitteilte, sie werde noch ein paar Tage länger bleiben.
    An diesem Nachmittag schleppte er Schätze aus dem Archiv heran. «Ist mir noch eingefallen», sagte er entschuldigend. «Gut, dass du noch geblieben bist.»
    Wieder verging ein Nachmittag in der Bibliothek, wieder stellte Cedric ihr Ingwerkekse hin, und Amelie fand in einem der alten, verstaubten Bücher endlich mal etwas Brauchbares: ein Foto von Anne Lambton.
    «Heureka», flüsterte sie.
    Auf dem Foto sah sie sehr ernst aus, aber das war nicht ungewöhnlich für die damalige Zeit. Für Fotografien hatte man damals während der langen Belichtungszeit reglos verharren müssen, und es war nun mal einfacher, gleichmäßig ernst dreinzublicken, als zu lächeln. «Du bist hübsch, Anne», flüsterte Amelie. Die gerade, etwas zu große Nase und der ein wenig zu breite Mund, die hohe Stirn, die wachen Augen … Leider konnte Amelie die Augenfarbe nicht erkennen, doch in ihrer Vorstellung waren sie komischerweise nicht blau, sondern von einem lichten, grauen Grün. Die Haarfarbe war ebenso schwer zu ergründen, doch vermutlich war sie, wie Amelie es einmal in einem Brief von Bekannten der beiden Schwestern gelesen hatte, «von einem satten, honigdunklen Braun mit rotem Funkeln». Der Mann war wohl ein Dichter oder hielt sich zumindest dafür.
    Amelie schaute das Foto lange an. Die Bildunterschrift datierte es auf den Herbst 1898 , aber das konnte nicht sein; laut ihren Recherchen hatte Anne Lambton zu dem Zeitpunkt Pembroke bereits verlassen.
    «Was hat dich hergeführt, Anne?»
    Das starre, freundliche Gesicht gab keine Antwort. Je länger Amelie es anschaute, desto düsterer wirkte es, beinahe feindselig. Nein … feindselig war der falsche Ausdruck. Resigniert vielleicht, erschöpft. Als habe Anne zu viel gesehen und erlebt.
    Es war das Foto einer jungen, sehr traurigen Frau.
    Das Buch war ein Album uralter Aufnahmen eines Fotostudios, das bis in die 40 er Jahre des vergangenen Jahrhunderts hier in Pembroke ansässig gewesen war. Zum 100

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