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Der vergessene Strand

Der vergessene Strand

Titel: Der vergessene Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Peters
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geduckt über die Straße lief. Just in dem Moment, in dem er das Café betrat, brach draußen die Hölle los. Innerhalb weniger Sekunden stand das Wasser auf der Straße.
    Vielleicht war ein Spaziergang doch keine so gute Idee.
    «Ich glaube, ich möchte noch ein paar Tage bleiben», sagte sie leise, als er sich zu ihr setzte. «Meinst du, ich könnte bei dir bleiben?»
    Er lächelte. «Natürlich. Ich freue mich sehr, wenn du bleibst.»
     
     
    Sie erkannte die Anzeichen.
    Oft genug hatten Teresa oder Beatrix über ihr Unwohlsein in den ersten Wochen der Schwangerschaft geklagt. Dennoch redete sie sich ein, es müsse etwas anderes sein.
    Sie hatte sich den Magen verdorben beim gestrigen Dinner. Hätte sie wohl lieber auf die Austern verzichtet! Aber es waren die ersten des Jahres, und sie hatten einfach zu köstlich geschmeckt.
    Am nächsten Tag waren es eben immer noch die Austern. Am Tag darauf der Champagner, dem sie am Vorabend allzu gierig zugesprochen hatte, obwohl sie oft ein, zwei Gläschen trank. Vielleicht hatte sie auch mehr getrunken, weil sie dieses nagende, unruhige Gefühl niederringen wollte, das sich ihrer bemächtigt hatte.
    Nach einer Woche mit morgendlicher Übelkeit und großer Erschöpfung stand für sie fest, dass sie der Wahrheit ins Auge sehen musste. Es war nun doch das passiert, was nicht sein durfte.
    In ihrer Verzweiflung wandte sie sich an ihn, und weil sie nicht wusste, wie sie ihn sonst erreichen sollte, passte sie ihn in der Oper ab, als er in der Pause mit ein paar anderen bedeutenden Männern zusammenstand.
    Sie hatte sich alles gut überlegt. Damit es nicht so aussah, als wären sie vertraut miteinander, ließ sie sich von ihrer Freundin Teresa ein zweites Mal mit ihm bekannt machen, unter einem fadenscheinigen Vorwand. Teresa war immerhin eine entfernte Cousine seiner Frau.
    Wenn man es genau nahm, war vermutlich jeder in der Londoner Gesellschaft irgendwie mit jedem verwandt.
    Teresa war ohne Arg, als Anne sie um den Gefallen bat. «Natürlich stelle ich ihn dir vor. Du weißt aber schon, dass er verheiratet ist?» Sie zwinkerte ihr zu. Anne musste hart schlucken. «Als dürfte ich hoffen, das Interesse eines Dukes zu wecken», erwiderte sie.
    So schob sie sich in der Pause hinter Teresa durch das Gedränge der Operngäste.
    «Mein lieber G-!», hörte sie ihre Freundin sagen. Seine Antwort ging im Rauschen der Stimmen unter. Er machte Teresa ein Kompliment, die nach der Geburt ihres zweiten Kinds erst jetzt wieder in der Öffentlichkeit auftrat. Teresa konterte, das Leben meine es wohl gut mit ihm, worauf er lachte. «Die Frauen halten mich auf Trab», scherzte er.
    «Ich möchte dir eine Freundin vorstellen. Aber nicht, dass du dich an ihr vergreifst!»
    Das Lachen erstarb auf seinen Lippen, als Teresa Anne nach vorne schob. Sie wusste, sie war blass und hatte etwas Gewicht verloren, und das dunkelgraue Kleid unterstrich noch ihre Zerbrechlichkeit. Ihre Freundin hatte sich schon erkundigt, ob ihr nicht wohl sei.
    Teresa stellte sie einander vor, und er beugte sich über ihre Hand. «Es ist mir ein Vergnügen, Eure Bekanntschaft zu machen», erklärte er. «Aber wir wurden einander schon einmal vorgestellt, nicht wahr?»
    «Euer Bruder Richard …»
    «Ah, ich erinnere mich.»
    Tatsächlich war Richards Interesse an Anne deutlich abgekühlt nach jenem Abend. Hatte er gespürt, dass sein älterer Bruder sie für sich beanspruchte, und sich deshalb zurückgezogen? Sie hatte ihn nie danach gefragt.
    «Ich habe ein Anliegen, bei dem ich auf Eure Unterstützung hoffe.»
    «Nur zu.» Er entschuldigte sich bei den Herren, die nickten und sich ohne ihn zusammenrotteten. G- umfasste ihren Oberarm und führte sie in eine ruhige Ecke. Der Pausengong erklang zum ersten Mal. Ihnen blieb nicht viel Zeit.
    «Anne, was ist los?»
    «Es ist …» Sie biss sich auf die Lippe. So oft hatte sie sich in den letzten Tagen ausgemalt, wie es sein würde, ihm die Wahrheit zu sagen, und jetzt versagte ihr die Stimme.
    «Ja?»
    «Wir bekommen ein Kind.»
    Sie wusste nicht, womit er gerechnet hatte. Vermutlich hatte er gedacht, sie werde ihm jetzt eine Szene machen, weil er sich seit Tagen nicht bei ihr gemeldet hatte. Doch das lag ihr fern. Sie kannte die Regeln des Spiels.
    So blieb ihm die Erwiderung förmlich im Halse stecken. «Ein Kind …» Mehr sagte er nicht.
    Der zweite Gong, diesmal schon eindringlicher. Spätestens beim dritten mussten sie zurück auf ihre Plätze. Gerade so, als sei

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