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Der vergessene Tempel

Der vergessene Tempel

Titel: Der vergessene Tempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Harper
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seinem Bein gezogen wurde. Marina . Er strampelte heftig, suchte mit beiden Händen Halt an den Wänden zu finden. Marina war stark – sie zog mit aller Kraft, verzweifelt fast. Nur mit knapper Not gelang es ihm, sich festzuhalten und nicht zurück in den Tunnel gezerrt zu werden. Es fühlte sich an, als würde ihm das Bein ausgerissen. Er versuchte, die Schlinge irgendwie abzuschütteln, aber sie war zu eng geknüpft, und mit den Händen konnte er auch nicht hingreifen, ohne den Halt zu verlieren. So blieb ihm nur übrig, sich festzuklammern und zu beten.
    Das Seil entspannte sich. Grant zog zweimal mit dem Bein daran, wartete kurz und zog dann abermals zweimal. Kurz darauf spürte er, wie am anderen Ende ebenfalls zweimal gezogen wurde. Das Seil straffte sich wieder und fing dann an zu schwirren wie eine Gitarrensaite, die gezupft wurde, während Marina sich mit den Händen daran entlanghangelte. Grant stemmte sich mit beiden Händen an die Wände, um ihr Halt zu geben. Immer näher kam sie – dann legte sich eine Hand um seine Wade, ließ los, und sie tauchte aus dem Wasser auf wie ein Delphin. Er streckte einen Arm aus, um sie von den Flammen am anderen Ende fernzuhalten.
    Sie schüttelte sich das Wasser vom Kopf und strich sich die Haare zurück, die ihr im Gesicht klebten.
    «Vorsicht», warnte Grant. «Mach die Augen ganz langsam auf.»
    Sie schnappte nach Luft. Das Geräusch hallte leise in der Kammer wider. «Was ist das?»
    «Ein Gasauslass.» In der Zwischenzeit war Grant ein Abend an einem Lagerfeuer unweit des Sambesi eingefallen, an dem er mit den Geologen der Diamantengesellschaft zusammengesessen und Geschichten ausgetauscht hatte. «Methangas entweicht aus Löchern im Gestein und entzündet sich spontan von selbst. Wie das funktioniert, weiß niemand ganz genau. Anscheinend …» Er knöpfte sein Hemd auf, streifte es ab und knüllte es zu einem losen Bündel zusammen. In einer schnellen Bewegung hechtete er durchs Wasser und drückte das Hemd in die Flammen. Dampf stieg zischelnd auf, und die Höhle versank in Finsternis.
    Grant zog das Hemd fort und trat zurück – wobei er mit Marina zusammenstieß. Mit einem Aufschrei griff sie nach ihm, schlang ihm beide Arme um den nackten Oberkörper, um nicht den Halt zu verlieren. Er spürte, wie sich ihre Brüste an seinen Rücken drückten, durch ihre nasse Bluse kaum von seiner Haut getrennt. Leider fehlte ihm gerade die Zeit, das gebührend zu würdigen. Die Flammen waren wieder emporgelodert, so ruhig und stetig wie ein Gasfeuer in einem Wohnzimmer in der Vorstadt.
    Ganz, wie die Geologen es geschildert hatten. «Es entzündet sich immer wieder von selbst», sagte er fast andächtig.
    «Ist es gefährlich?»
    «Man sollte den Auslass nicht allzu lange bedecken, sonst staut sich das Gas.» Worauf ihm ein weiterer Einfall kam. «Doch wenn es brennt, muss es irgendeine Luftzufuhr geben. Da, wo wir hergekommen sind, versiegelt das Wasser den Weg. Dahinter muss es irgendwie weitergehen.»
    Ein wenig widerwillig machte er sich aus Marinas Armen los, trat vor und erstickte die Flamme ein weiteres Mal. Im Dunkel hinter ihm plätscherte es, dann flammte ein Funke auf. Ein neues Licht erfüllte die Kammer, während Marina ihr Feuerzeug emporhielt. In seinem Schein konnten sie eine Öffnung erkennen, die hinter dem Gasauslass in einen dunklen Tunnel führte.
    Grant streifte sich das Seil vom Knöchel und reichte Marina das Ende. «Warte hier.»
    Sie schüttelte den Kopf. «Da steigst du nicht alleine hinein.»
    Die Zeit wurde knapp. Der Geruch von Gas war bereits wieder in der Höhle wahrzunehmen, und falls es die Flamme des Feuerzeugs erfasste, würden sie buchstäblich geröstet. «Du musst hier warten. Wir können den Auslass nicht auf Dauer versperren, und jemand muss die Flammen ersticken, falls ich zurückkomme. Wenn ich zurückkomme», berichtigte er sich hastig.
    Grant stemmte sich aus dem Wasser hoch, wobei er sehr darauf achtete, das Hemd nicht vom Fleck zu bewegen, und hastete vorwärts. Gleich darauf spürte er die Hitze unter seinen Fußsohlen, als Marina das Hemd beiseiteriss. Jetzt sah er den Durchgang, genauso niedrig und eng wie der erste Tunnel, aber diesmal war die Luft frischer. Auf seinem Gesicht spürte er den deutlichen Hauch einer Brise. Er tauchte hinein, kroch rasch vorwärts, über die Schatten hinweg, die das Feuer hinter ihm warf.
    Der Tunnel endete an einer weiteren Felswand – und diesmal befand sich kein Wasserbecken an ihrem

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