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Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Turm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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dass es gelang, Gatabaid aus ihren Händen zu befreien. Siebzehn weitere Vögel kamen gestern Abend an, von außerhalb und über den Sturz! Ihre Reiter sind ebenso tödlich, und ihr Herr ist grausam! Zehn Meilen liegen zwischen ihnen und Rudenforst. Euch erscheint das viel. Ihr müsstet drei Stunden gehen. Ich würde es in zwei Stunden schaffen.Doch ein Criarg kennt keine Straßen noch Hindernisse. Er fliegt, eben wie ein Vogel fliegt   – geradeaus und schnell. Und ihre Herren wissen das. Wenn sie wollen, steigen sie jetzt auf und wären in nicht einmal zehn Minuten hier! Ihr seid alle in Gefahr, auch wenn ihr sie nicht sehen könnt! « Er brach ab, und die Vahits schwiegen betroffen.
    Ihnen dämmerte allmählich, dass vielleicht doch mehr an Finns Geschichte war, als sie zunächst dachten. Sie sahen den großen Menschen leibhaftig vor sich stehen, und allein das war ebenso unfassbar und ungeheuerlich wie die Dinge, die sie vorher von Mellow und Finn erfahren hatten. Unruhe breitete sich aus, und ein paar der Kinder flüchteten sich zu den Schürzen ihrer Mütter.
    »Liebe Nachbarn! Liebe Freunde!«, rief Rorig von seinem Brett herab. »Ich kann euch nichts befehlen. Ich kann euch auch keine Hoffnung machen. Ich kann euch allenfalls sagen, was ich für meine Familie und mich als das Beste erachte! Wir Rohrsangs werden noch heute Rudenforst verlassen und zunächst nach Mechellinde ziehen! Von diesem Augenblick an ist die Krumme Kiefer geschlossen. Und das Postamt stellt seine Dienste ebenfalls bis auf weiteres ein!
    Ich hoffe, auch ihr verlasst das Dorf, so schnell es geht. Die Waldarbeit läuft euch nicht weg. Sie wird noch hier sein, wenn ihr wiederkommt. Wenn ihr allerdings hierbleibt, so seid eindringlich gewarnt. Aber seid auch gewiss, dass ihr eures Lebens nicht mehr sicher sein könnt. Es tut mir leid, an diesem scheinbar so schönen Tag keine besseren Nachrichten als diese für euch zu haben.
    Vielleicht irren wir. Vielleicht kommt alles ganz anders. Es mag sein, dass Rudenforst unberührt bleibt, und alle Aufregung vergebens war. Dann entschuldigen wir uns. Vielleicht aber kommt es schlimmer, als wir es uns auch nur vorstellen können. Es mag nämlich auch sein, dass ein Krieg uns bedroht, und dann wird Rudenforst das erste Brada im Hüggelland sein, das fällt. Geht nun zurück in eure Brochs und Häuser. Wenn ihr klug seid, so packt nur das Nötigste. Und verliert keine Zeit! Geht jetzt. Verlasst euer Heim, solange noch Zeit dazu ist! Mehr habe ich nicht zu sagen!«
    Damit sprang er von den Fässern herunter.
    Ohne ein weiteres Wort lief er die Stufen hinauf und verschwand in der Gaststube. Finn, Circendil und die übrigen Rohrsangs folgten ihm nach. Die Tür wurde zugeschoben. Die Vahits auf der Mittelstraße sahen sich ratlos an oder redeten aufeinander ein. Viele Stimmen waren geneigt, Rorigs Aufruf zur Aufgabe von Rudenforst zu folgen. Die hartnäckigsten Gegner einer solchen Zumutung, wie man Rorigs Aufforderung nannte, sammelten sich um Machan Milan, Godo Kleiber und Toman Raller.
    Dessen ungeachtet erschien wenig später ein kleines Schild mit der Aufschrift Geschlossen! im Fenster neben der Tür der Krummen Kiefer . Kurz darauf sah man die Rohrsangs im Hof geschäftig hin und her eilen und einen Wagen beladen.
    Daraufhin zerstreute sich die restliche Menge.
    Einige hatten es plötzlich ziemlich eilig, nach Hause zu kommen. Andere schüttelten wie benommen die Köpfe. In einem hatte der alte Rorig zweifelsohne Recht behalten: Es war ein denkwürdiger Tag für Rudenforst. Der denkwürdigste seit langem oder auch für lange, wenn man dem Gehörten Glauben schenken wollte. Sollte man ihm auch Folge leisten? Wie auch immer, die Waldarbeit wurde an diesem Morgen nicht mehr aufgenommen.
    Die ersten schwerbepackten Wagen sah man das Dorf noch vor der Mittagsstunde verlassen. Gänse schnatterten aufgeregt, Hunde sprangen kläffend um die rollenden Räder herum, Schafe folgten ihnen blökend. Schwerfällig rumpelten sie über die Mittelstraße Richtung Lammspring davon, von nichts mehr als einigen spöttischen Bemerkungen verabschiedet, die sich Godo, Toman und Machan nicht nehmen ließen, während sie an einem Zaun längs der Straße lehnten und gemächlich pafften. Von etlichen Häusern her war bis in den Nachmittag hinein hektisches Hämmern zu hören, als ob ein paar Bretter und Balken vor den Türen und Fenstern etwas gegen jene auszurichten vermochten, die da kommen würden.

14 . KAPITEL
    Von

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