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Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Turm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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Brüdern die Hände. Dann stiegen die Vahits und der Mönch auf ihre Ponys und ritten zum Hof hinaus.
    Sie bogen nach links auf die Mittelstraße ein.
    Rorig und seine Söhne gingen zum Tor und blickten ihnen nach, bis die Reiter hinter der nächsten Biegung der Straße nicht mehr zu sehen waren. Sie schraken zusammen, als sie plötzlichen Flügelschlag über sich hörten   – und trompetenartiges Rufen.
    Doch es war nur ein Schwarm wilder Gänse, die über Rudenforst hinwegzogen. Sie flogen in Form eines Pfeils, wie es ihre Art war; und der Pfeil deutete erst nach Westen und dann nach Süden, gen Revinore. Sie schwangen sich über den Sturz und glitten tiefer. In großer Eile verließen die Graugänse das Hüggelland. Ihr aufgeregtes Tröten hing noch eine kleine Weile in der Luft, ehe es der Wind davontrug.
    Bis Mechellinde waren es dreißig Meilen, ein gutes Stück Weg, das seine Zeit brauchte, selbst auf frischen Ponys. Immer wieder wandten sie sich um und schauten argwöhnisch nach Norden, doch sie sahen weder Vogel noch Reiter oder andere Anzeichen, dass der Feind käme.
    Die Ponys waren ausgeruht und trabten munter dahin. Der Himmel über ihnen war klar wie nach einem Regenguss, und die Sonne kletterte zu ihrer Linken über die Klippenwälder in einen frühen Mittag hinauf. Es wurde warm, und schon bald zogen sie ihre Mäntel aus, und Mellow wünschte sich seinen Hut zurück.
    »Du bist uns noch eine Erklärung schuldig«, sagte er zu Circendil, als sie das seltsam verloren wirkende Dolmenfeld von Pantaharcane erreichten. »Wie bist du dem Criarg entkommen, der dich auf dem Wall ergriffen hatte?« Grillen zirpten rings um sie um die Wette; beiderseits der Straße wuchsen Vogelwicken, Eisenkraut und Steinquendel die Böschungen hinauf. Die herbstliche Heide leuchtete allenthalben zwischen den manchmal unförmigen, manchmal wie behauen wirkenden grauen Blöcken hervor.
    »Der Criarg? Nun«, antwortete der Davenamönch, »zunächst einmal hatte nicht er mich ergriffen, sondern ich ihn. Seine Klauen schlugen mir das Schwert aus der Hand. Ich griff danach, aber vergeblich, wie du ja weißt. Da sah ich über meinem Kopf etwas blitzen: eine Fibel oder eine Schnalle. Ich sprang nach oben und bekam etwas zu fassen   – ich nehme an, dass es ein Sattelgurt war. Alles ging schneller, als ich es beschreiben kann. Ich hoffte zunächst, mein Gewicht würde den Criarg zu Boden ziehen, aber ich hatte mich getäuscht. Er erwies sich als stärker. Im selben Moment, da ich den Gurt ergriff, zog er stattdessen mich in die Höhe und hob mich davon; er trug mich über die Zinnen hinweg.«
    »Das sahen wir«, sagte Finn. »Und unser Schrecken war groß, wie du dir denken kannst. Was aber geschah dann?«
    »Der Gidrog über mir im Sattel wütete«, sagte Circendil. »Er stieß und trat nach mir. Aber seine Füße erreichten mich nicht; ich hing zu tief unter dem Bauch des Vogels, und viel gefährlicher waren dessen Klauen, die mich zu fassen suchten. Die Kraft des Criargs litt unter uns beiden, denke ich. Jedenfalls flogen wir nicht höher, sondern fegten über die Rampen hinweg und näherten uns dem Boden. Schon waren wir am Wachtfeuer auf der Straße vorüber, und ich fürchtete, der Reiter wolle mich an der Mauer der Festung abstreifen, und vielleicht hatte er auch diesen Gedanken. Wenn es ihm gelungen wäre, wäre ich in den Graben gestürzt. Doch der Criarg scheute und änderte unversehens die Richtung; zu meinem Glück und zum Missfallen seines Reiters. Er stieß Worte in seiner abscheulichen Sprache aus: Flüche wohl.
    Es ging im Sturzflug in den Graben hinein und wieder hinaus; nur weil ich die Beine an den Leib zog, gelangte der Criarg so eben noch über den Grabenrand hinweg und glitt ein Stück weit über Land. Erst flogen die nahen Felskanten vorbei. Dann schimmerte voraus wieder Wasser, und das musste der Fluss sein. Ich wollte auf keinen Fall hinüber an die nördlichen Ufer getragen werden, die, wie ihr euch erinnern werdet, steil und unzugänglich sind. Ich war ratlos und in hoher Sorge; zu rasend war der Flug geworden, zu tief unter mir wähnte ich das Land. Vielleicht irrte ich mich auch, und unsere Höhe war geringer, doch ich sah wenig mehr als vorüberhuschende Schatten. Als dann plötzlich Zweige und Äste meine Beine berührten, ließ ich mich, ohne zu zögern, fallen. Ein weiterer Glücksfall! Ein Baum fing mich auf, so viel kann ich sagen, wenn ich auch unsanft durch sein Blätterwerk krachte. Das war

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