Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Turm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
Vom Netzwerk:
Märchen und Mönchen
    » B EI ALLEN TUNICHTGUTEN W ALDSCHRATEN!«, entfuhr es Rorig, als die Tür ins Schloss gefallen war. Er tupfte sich den Schweiß von der Stirn. »Na, das da draußen ist nicht gerade wie am Schnürchen gelaufen, möchte ich meinen, aber weniger krumm, als ich dachte! Du liebe Güte! Unnachgiebig sind sie wie die Stämme, die sie schlagen, die Rudenforster. Sei’s drum, wir haben sie gewarnt! Nicht alle werden der Aufforderung folgen, nehme ich an, aber einige schon. Doch, ja. Habt nochmals Dank für Eure Unterstützung, Herr Circendil. Ihr müsst einen merkwürdigen Eindruck von unserem Volk bekommen haben: lauter Sturschädel, die nicht einmal einem der Ihren Glauben schenken.«
    »Vielleicht ist gerade diese Sturheit eure wahre Stärke«, erwiderte der Davenamedhir nachdenklich. »Und nötig, um das zu überstehen, was am Horizont heraufdämmert. Es ist, wie Ihr sagtet: Sie sind gewarnt, und das ist mehr, als wir gestern zu hoffen wagten. Was werdet Ihr jetzt tun, Gevatter?«
    »Nichts anderes, als ich draußen sagte: das Nötigste packen und abreisen. Wir haben einen Wagen und einen zweirädrigen Karren, das muss genügen. Bis zum Mittag wollen wir fort sein.«
    »Gut. Allerdings kann ich nicht auf Euch warten, Gevatter. Ich werde vorauseilen. Die Nachricht muss so schnell wie möglich denen überbracht werden, die über die Geschicke des Hüggellandes bestimmen. Ihr selbst habt mich in der Nacht als Vertreter der Obrigkeit begrüßt und werdet daher genau wissen, an wen ich mich zu wenden habe. Gibt es einen Anführer aller Vahits? Und wenn ja, wo finde ich ihn?«
    Rorig kratzte sich am Kinn.
    »Hm, einen Anführer? Etwas Derartiges kennen wir hierzulande nicht, es sei denn, Ihr meint Wredian Gimpel, den Vahogathmáhir. Er ist der oberste der Scepmáhin und vielleicht derjenige, mit dem Ihr sprechen müsst. Allerdings führt er seine Amtsgeschäfte in Vahindema im Hintergau, und das liegt ein paar Tagesreisen entfernt; die Hel ist weit , wie wir hier oben im Norden sagen. Das bedeutendste Brada des Obergaus ist Mechellinde. Dort findet Ihr zwar nicht den Bürgermeister, immerhin aber einen der Schöffen: den Witamáhir, der die Bücherey leitet. Er wird hoffentlich wissen, was zu tun ist.«
    »Wie heißt er?«
    »Erkundigt Euch nach Herrn Ludowig Gurler.«
    »Dann will ich keine Zeit verlieren.« Circendil holte seinen Rucksack unter einer Bank hervor, nahm den Mantel vom Haken und griff nach seinem Schwert.
    »Ihr habt jedenfalls Recht«, erklärte Rorig. »Was die Dringlichkeit der Nachricht betrifft, meine ich. Ich wollte eigentlich Kampo als Postreiter vorausschicken; es ist seine Aufgabe, Eilbriefe bis dorthin zuzustellen. Aber wenn Ihr vorauseilen wollt, dann kann er uns beim Packen helfen. Ihr braucht ein Pony, nehme ich an. Darf ich Euch eines anbieten? Oder wollt Ihr auf Euren langen Beinen eilen?«
    »Ich nehme, was vorhanden ist. Könnt Ihr an Kampos Stelle Mellow entbehren? Ich würde ihn gern an meiner Seite haben. Ihn und Finn, wenn Ihr gestattet. Allein würde man mir unterwegs nur mit Misstrauen und Furcht begegnen.«
    Finn und Mellow erklärten sofort ihr Einverständnis. Mellow wollte selbst so schnell wie möglich die Landhüter aufrütteln, wie er es nannte. Rorig hatte keine Einwände. Er rief nach Dhela und seinen beiden anderen Söhnen und gab ihnen die wichtigsten Anweisungen.
    Zwischenzeitlich verabschiedeten sich die Blässners. Gatabaid schenkte Circendil zum Abschied eine blaublättrige Blütendolde,die sie den ganzen Morgen über verschämt in Händen gehalten hatte: Es war Heilehrenpreis, eine um Rudenforst verbreitete Bachbunge, die entlang der Ufer des Rudbachs in Mengen wuchs. Sie war nicht davon abzubringen gewesen, sie noch vor dem Aufbruch in die Krumme Kiefer eigenhändig zu pflücken.
    »Das wird mich an dich erinnern, tapfere junge Dame«, versprach der Mönch. Er berührte die Blüten mit den Lippen wie bei einem Kuss und lächelte; dann tat er die Dolde in einen Beutel, den er auf der Brust trug und in dem sich, wie die Vahits inzwischen wussten, getrocknete Heilpflanzen befanden. Die Holzfällerfamilie verließ die Schenke heimlich durch die Hintertür.
    Kampo eilte in den Stall, um für Sättel zu sorgen. Mellow kramte für sich und Finn zwei kleinere Rucksäcke aus einer Kammer, stopfte in größter Eile Decken und Kleidung zum Wechseln hinein und ein wenig Wegzehrung. Sahaso brachte ihnen zwei große Holzarbeitermesser mit dicken und breiten

Weitere Kostenlose Bücher