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Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Turm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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aus?«, fragte Circendil und blickte in die Runde der lauschenden Vahits. »Eure Märchen, so habe ich erfahren, nennen als Heimat der Feen einen Wald namens Angellin . In den Märchen meiner Heimat wohnen die Fernen indes in einem Ort, der da heißt Ennemdal . Was mag nun davon stimmen? Oder sind dies nur ferne Echos von wahren, halbvergessenen Namen, die in Wahrheit anders lauten?
    Dem Buch lorc’hennië cromairénaë zufolge wohnen die Féar in Anglinême, und ihre älteste Stadt heißt Endalieth, das ist die Ersterbaute in ihrer Sprache. Und das Buch sagt weiter, Lukather verließ Anglinêmes Gestade und wandelte ungesehen lange Jahre über Kringerdes Rücken dahin. Es heißt, er beobachtete mit scharfen Augen alles, was da lebte, denn er war jetzt auf der Suche nach Geschöpfen, die er in seinen Dienst pressen konnte. Und viele Jahre vergingen.
    Hier, liebe Vahits, ist etwas einzuflechten, was uns, die wir aus Kringerdes Staub geboren sind und wieder zu ihrem Staub werden, wenn wir sie verlassen, als absonderlich oder gar unmöglich erscheint.
    Aber es ist dies eine Tatsache, die wir bedenken müssen, um all das Folgende zu verstehen. Offenbar sind jene, die den seltsamen Fernenweg nehmen, hier auf Kringerdes Rücken von der Bürde des Todes befreit! Denn beide, die Féar wie auch Lukather der Grausame, alterten nicht mehr, nachdem der Sonne erster Strahl sie traf.
    Junge Féar wuchsen heran und entwickelten sich bis zu ihrer größten Lebensblüte, aber nicht mehr darüber hinaus. Sie blieben fortan alterslos, auf ewig kraftvoll, wachen Geistes und kanntenden Schrecken des offenen Grabes nicht, der uns eines Tages unweigerlich erwartet. Immer noch konnten sie sterben, gewiss   – aber nur durch rohe Gewalt, durch Unachtsamkeit oder Unfall. Die Lebenskraft indes verließ sie nie. Sie wurden unsterblich, Ewige in Ewigenland, und ihre Entscheidungen bemaßen sich nicht mehr auf ein Lebensalter oder gar auf nur wenige Jahre, wie es unsere Art ist.
    Lukather nahm denselben Weg wie sie, und vielleicht ist seine Unsterblichkeit der ihren gleich. Jedenfalls begann er, wie die Féar, in weiten, viel weiteren Zeiträumen zu planen als wir. Sie dachten in Jahrhunderten, und ein sehr bald mochte ihnen dreißig, vierzig Jahre später bedeuten.
    Lukather ging also fort. Er begann, seine Ränke über viele Jahre im Geheimen zu schmieden, und er ging behutsam vor, denn Zeit stand ihm nun genug zu Gebote.
    Die Féar siedelten entlang eines Flusses namens Thengolin, und in ihrer Freude an Ilámen Grendu vergaßen sie mit jedem Frühling Lukathers Racheschwur ein bisschen mehr. Er war aus ihrem Blickfeld entschwunden und entschwand allmählich auch aus ihrem Sinn. Die Féar wandten ihre Aufmerksamkeit schon immer eher dem Schönen und Vollkommenen zu als dem Makelhaften und Verderbten, und beides war Lukather letztendlich in ihren Augen. Zeit floss dahin.
    Endalieth wurde zu einer prächtigen Stadt, und zu ihrem Vergnügen legten die Féar einen Hafen an und bauten Schiffe, mit denen sie Anglinêmes Gestade erkundeten und umfuhren. Die weiter entfernten Erdteile indes besuchten sie nicht, denn in Anglinême zu wohnen war ihnen genug.
    Diese Selbstgenügsamkeit war ein Fehler, wie sich zeigen sollte. Und zwar einer, den sich die Féar nie verziehen. So sehr sie nach Vollkommenheit strebten und wohl immer noch streben, so sehr bewies die Vernachlässigung der restlichen Welt, dass sie selbst unvollkommene Geschöpfe waren . Denn es entging ihnen, dass Lukather die anderen Erdteile sehr wohl betrat, und manche Dingefand er, die er sich zunutze machte. Und er fand Menschen vor. Sie wiesen allerlei Hautfarben auf, gehörten aber alle zu einem von vier Stämmen: den Vindirin, den Ledirin, den Nodirin oder den Arendirin. Besonders die Ledirin und Nodirin waren seinen Schmeicheleien zugetan oder duckten sich unter seinen Drohungen, und er fand etliche, die er in seine Dienste locken oder pressen konnte, was ihm lieber war als der offene Kampf. Emsig wie Ameisen schufteten sie sodann unter seiner Knute, und mächtige Grundpfeiler wurden gelegt, auf denen seine uneinnehmbare Festung Ulúrlim entstand, von der aus er sein Reich zu lenken begann.
    Welche Mittel und Künste er ersann und einsetzte, um sich die Menschen gefügig zu machen, weiß ich nicht, denn dies ist nicht überliefert; wir wissen nur, dass die Menschen jener frühen Jahre noch überall in Fellen gingen und kaum das Feuer kannten und es fürchteten.
    Aber von alldem

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