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Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Turm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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und noch ehe ich wusste, dass der Feind inzwischen längst seine Hand nach Kolryn ausgestreckt hat.«
    »Ihr sagtet«, meinte Uranam und paffte an seiner Pfeife, »jenerLukather sei der eigentliche Gegner, und er sei von alters her der grausame Feind der Feen   – entschuldigt, der Féar. Wie kann er immer noch leben und Feindschaft hegen, da er mindestens so alt ist wie dieses Buch?«
    »Das ist eines der ungelösten Rätsel der Vergangenheit«, sagte Circendil bedächtig. »Ich für meinen Teil nehme an, es hat mit seiner Fremdheit zu tun   – und dem Weg, den er einst nach Kringerde genommen hat. Den gleichen Weg übrigens wie die Féar, und auch sie wurden der Gewissheit von Alter und Tod enthoben. Wenn Ihr von euren Märchenfeen sprecht und sagt, sie seien nicht von dieser Welt, so trifft dies auf die wirklichen Féar   – und auf Lukather   – in genau dieser Bedeutung zu. Erlaubt ihr mir, Euch zu dieser Stunde zu berichten, was in der lorc’hennië cromairénaë geschrieben steht?«
    Der hochgewachsene Mönch ließ in aller Ruhe den Blick über die versammelten Vahits schweifen. Niemand wandte etwas ein.
    »Wo Waffengewalt nichts mehr zu retten vermag, kann vielleicht Wissen allein die Rettung bringen. Wer weiß? Es ist ein außergewöhnlich glücklicher Umstand, dass wir über diese alte Schrift verfügen. Und mehr noch haben wir den Gelehrten unseres Klosters zu danken, denen es gelungen ist, das Buch zu übersetzen. Denn seine Sprache ist Alt-Caeredwaine, und seine Buchstaben sind uns fremd geworden.«
    Die drei Schöffen nickten ihr Einverständnis. Circendil trank einen Schluck Wasser, räusperte sich und hob an zu erzählen.
    »Vor wahrlich sehr, sehr langer Zeit«, begann Circendil, »am Beginn des Ersten Zeitalters von Kringerde, betrat das Volk der Féar diese Welt, und sie nannten sie Ilámen Grendu, der Lichtenstein in ihrer Sprache; denn hell war Kringerde in ihren Augen. Licht und freundlich war sie, und sie liebten sie vom ersten Augenblick, als wären auch sie ihre Kinder.
    Weshalb sie ihre Heimat Even verließen und wie sie Kringerde erreichten, soll uns hier nicht weiter beschäftigen. Darüber ist vieles im Buch lorc’hennië cromairénaë verzeichnet, und es ist eine eigene lange und ergreifende Geschichte, doch ist sie für unsere Tage kaum mehr als eine flüchtige Erinnerung und nur in einem Punkt von Bedeutung.
    Denn: Über denselben Weg, den die Féar nahmen, kam Jahre später auch Lukather der Grausame gegangen; und die Féar sahen, dass er keiner der Ihren war, aber er war auch keines der auf Kringerde heimischen Geschöpfe. Eine böswillige Aura umgab ihn. Eine Ahnung von Verderbtheit und Niedertracht ging von ihm aus, einen Odem von Falschheit und Tücke vermochte er nicht zu unterdrücken, obwohl er sich anfangs Mühe gab, redlich zu wirken. Seinen schönen Worten haftete ein Schatten an, ein Missklang, der die Féar warnte; und sie vertrauten ihm nicht.
    Dennoch sprachen sie mit ihm, denn er dauerte sie, und noch hatte er ihnen nichts getan. Die Féar erfuhren, dass er ein Verstoßener war, verbannt von den Seinen. Lukather ließ an seinen Richtern kein grünes Haar; er verunglimpfte sie und beteuerte seine Unschuld. Zu Unrecht habe man ihn vertrieben, sagte er, und danach bedrängte er die Féar, ihn den Weg in ihre Heimat Even gehen zu lassen, obwohl dies zu jener Zeit schon äußerst gefährlich war. Aber er verachtete Kringerde und alles, was sie hervorgebracht, mit tiefer Inbrunst und hasste es. Er wollte so schnell als möglich fort, nur fort.
    Die Féar aber verwehrten ihm den mehrfach vorgetragenen Wunsch, obwohl er darum bettelte. Am Ende jammerte er und drohte schließlich gar   – vergeblich. So war er gezwungen, sein Dasein weiterhin in Kringerdes Weiten zu verbringen, und seine Wut hierüber überstieg alles, was die Féar verstehen konnten. Dafür hasste er auch sie, und er schwor ihnen grausame Rache, als er sie verließ. Er war …«
    »Langsam!«, rief eine Stimme, und Finn, der völlig versunken den Worten des Davenamönchs gelauscht hatte, brauchte einen Augenblick, ehe er in dem Sprecher Gesslo Regenpfeifer erkannte, der an seinem Platz umständlich aufstand. »So wartet. Nicht ganz so schnell, wenn Ihr gestattet. Wenn das alles wahr sein soll, wasIhr da von Euch gebt, so nennt uns bitte aber auch den Grund, weshalb die Feen einst dem Fremden seinen Wunsch verwehrten. Oder kennt Ihr ihn etwa nicht?«
    »Kennen? Nun, ich glaube, ihn zu kennen.

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