Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Turm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
Vom Netzwerk:
um und verließen den Spalt. Als sie aus der Höhle traten, drängten sie sich durch das Tannendickicht, und als sie sich umwandten, vermochten sie die Höhle kaum mehr zu sehen. Der milde Sonnenschein eines späten Herbstmorgens wärmte sie, und eine leichte Brise spielte mit ihren Haaren.
    Über ihnen erhob sich eine Klippe aus weißlichem Fels, auf deren zurückweichender Höhe Föhren standen, wilder Ginster und Brombeergestrüpp.
    »So«, sagte Mellow, »da wären wir. Aber wo sind wir eigentlich, und wo geht es nach Hause ins Hüggelland?«
    Sie standen an einem ziemlich steilen Hang, der nach Süden abfiel; hinab ins Tal des Wirrelbaches, wie sie jetzt sahen. Die Sonne hing dunstig am Himmel zu ihrer Linken, während sich rechts weitere Klippen aus dem Wald reckten. Hinter ihnen zog sich der Hang immer höher hinauf, bis er sich im Hochnebel verlor. Weiße Schwaden hingen wie Rauchwölkchen über dem Tannenwald, der den Hang bis zu seinem höchsten Punkt bedeckte. Dahinter sahen sie die ersten Lehnen der Vorberge des Khênaith Eciranth in der Morgensonne dräuen.
    Von da, wo sie standen, blickten sie auf das untere Ende des Tannenwaldes. An seinem Saum schlängelte sich ein Rinnsal zu Tal, und hier hielten sie an, um von dem klaren, aber eiskalten Wasser zu trinken. In Gatabaids Gesicht trat fast so etwas wie ein Lächeln, und sich an den Händen haltend, machten sie sich an den Abstieg. Der Wald wurde, zum Ufer hin und je niedriger sie kamen, lichter; seufzende Kiefern bildeten ein hohes Dach über ihren Köpfen.
    Der Wirrelbach schäumte eine Sechzehntelmeile voraus und ziemlich weit unter ihnen, dort, wo der steile Hang unter den im Wind rauschenden Kiefernwipfeln endete und zur jäh abfallenden Uferklippe wurde. Sie gingen vorsichtig noch ein Stück tiefer und hielten sich dabei an den Kiefernstämmen fest, um nicht im nassen Gras auszurutschen, das anstelle des Unterholzes den Boden bedeckte.
    Dann konnten sie zwischen den Bäumen das andere Ufer durchschimmern sehen. Sie schauten auf weißschimmernde Mauern über senkrecht abfallendem Fels und erblickten dahinter den wuchtigen Acaeras Alamdil mit seiner nach den Wolken greifenden Spitze. Nun wussten sie wieder, wo sie waren: am Nordufer des Wirrelbaches, genau nördlich der einstigen Festung des Reiches von Benutcane.
    »Der geheime Gang hat uns unter dem Flussbett hindurchgeführt«, sagte Mellow bewundernd. »Ein weiteres Hoch auf Benutcaer!« Als sie jetzt zurückschauten, konnten sie wohl noch über dem Dickicht die weißen Klippen zwischen den Tannen sehen, aber sie hätten schon nicht mehr zu sagen gewusst, wo sich der Höhleneingang verbarg.
    »Kannst du etwas erkennen?«, fragte Finn und deutete zum Alten Turm hinüber.
    »Nicht von hier aus«, antwortete Mellow. »Ich vermute, jetzt würde uns Banavreds weitsehendes Rohr gute Dienste leisten. Na ja, immerhin: So, wie wir sie nicht sehen können, können sie uns auch nicht sehen, denke ich, obwohl ich nicht weiß, wie scharf die Augen ihrer Criargs sind. Aber einerlei! Lasst uns aufbrechen. Wir müssen auf die andere Wirrelbachseite, und das wird alles andere als einfach. Lasst uns unter den Bäumen bleiben, wo immer es geht; und achtet nicht nur auf alles, was sich zu ebener Erde bewegt, sondern auch auf das, was am Himmel kreist.«
    »Ein weiser Rat«, sagte da eine fremde Stimme in ihrem Rücken. »Und er sollte ergänzt werden um: Vermeidet allzu lautes Reden. Nicht alle Geschöpfe sind friedlich, und der Wald trägt Geräusche viel weiter, als man meint.«
    Finn dachte, sein Herz bliebe stehen.
    Alle drei fuhren sie erschrocken herum.
    Gatabaid drückte sich ängstlich an Finns Seite.
    Mellow hob seinen Stab.
    Unversehens standen sie einem Menschen gegenüber.
    Er stand am Hang über ihnen, was ihn in ihren Augen nur noch größer erscheinen ließ, als er wirklich war. Das eine Bein gegen den Abhang gestemmt, das andere auf einem breiten Ast ruhend, sodass er halb stand, halb saß. Ganz in Grün und Braun gekleidet war er, wie Blatt und Borke eines festverwurzelten Baumes; und breiter als die Brust dreier Vahits wölbte sich drohend seine Gestalt.
    Er stützte sich auf ein langes Schwert und betrachtete sie von oben herab.

10 . KAPITEL
    Circendil
    M ELLOW PFLANZTE EINEN F Uß heftig auf einen alten, umgeknickten Baumstumpf. Wut, übertölpelt worden zu sein, mischte sich mit dem vergeblichen Versuch, am steilen Hang einen festeren Stand zu haben. Er starrte den Fremden finster an. »Wer

Weitere Kostenlose Bücher