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Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Turm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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»Wo Licht ist, wirft es Schatten, Finn. Vielleicht erweist sich dieses Feuer sogar als unser Verbündeter. Um es so hell brennen zu lassen, müssen sie beständig nachlegen. Vielleicht gehen ihnen ihre Vorräte aus, und sie müssen wenigstens einen entsenden, der neues Holz herbeischafft. Das kann nur einer der beiden Wächter tun, was unsere Erfolgsaussichten unter Umständen verdoppelt. Wir werden sehen. Jetzt kommt. Einen Steinwurf von hier wachsen ein paar wilde Apfelbäume; ich glaube, es sind Nachkommen der Allee, die einmal die einst prächtige Straße bis in die Berge hinauf säumte. Lasst uns dort essen und einen Vorrat einstecken. Später werden wir dankbar dafür sein. Folgt mir.«
    Eben wollten sie sich abwenden, als ein entfernter Schrei zu ihrer Linken sie erstarren ließ. Der Schrei wurde vom anderen Ufer laut beantwortet oder weitergegeben, denn ein weiterer, entfernterer Ruf erklang kurz darauf.
    »Criargs!«, riefen Mellow und Finn wie aus einem Munde und duckten sich zurück hinter den Stein. Gatabaid begann zu zittern und kauerte sich auf den Boden. Circendil legte ihr den Arm umdie Schulter. »Keine Angst«, flüsterte er. »Sie sind nicht nahe. Der Wind trägt ihre Rufe weit. Doch schaut. Dort drüben am Himmel.«
    Er zeigte nach Osten, dorthin, wo der Sturz in einigen Meilen Entfernung im beginnenden Abend lag.
    Und wirklich: Schwarze Punkte bewegten sich aus der ungewissen Trübnis des Horizonts schnell über das Land; und während sie noch schauten, wurden die Punkte größer. Ihnen wuchsen Schwingen aus Schatten, und in einer langen Kette folgten sie dem Lauf des Wirrelbachs aufwärts, bis sie über den Ringwällen zu kreisen begannen. Ein neuerlicher Schrei gellte. Ein zweiter und näherer antwortete abermals.
    »Bleibt am Boden«, flüsterte Circendil eindringlich. »Und vermeidet jeden Laut.«
    Sie zählten siebzehn der großen Vögel. Auf einem jeden von ihnen hockte eine gedrungene, nachtgraue Gestalt, lange Zügel in den Fäusten führend. Metall blitzte auf, gerade, als die Sonne endgültig versank; und jetzt drangen das Schwirren und das Schlagen der Flügel bis zu ihnen herüber, und der Wind, der um die Köpfe der Vogelreiter fuhr, erschien ihnen wie ein unheilvolles Zischen: wie Wasser, das auf glühendes Eisen traf.
    Ein dritter Schrei schien der Befehl zur Landung zu sein. Nacheinander kippten die Criargs über den rechten Flügel ab und schwebten dem Acaeras zu. Die Gidrogs lenkten sie in den Bereich der Vorburg hinunter, und sie entschwanden ihrem Blick so schnell, wie sie gekommen waren. Dann war alles wieder still, als wäre nichts geschehen. Nichts rührte sich mehr. Nichts außer dem Brausen des Windes und den quirligen Wassern des Wirrelbachs, der seinem baldigen, tiefen Fall den Sturz hinab entgegenschäumte.
    »Wehe«, sagte Mellow beklommen. »Er hat Verstärkung bekommen. Jetzt sind es vierundzwanzig. Und alle werden sie nach uns suchen.«
    »Wenn es ein Trost ist«, sagte Circendil, »dann behaupte ich: Auch ihr habt Verstärkung erhalten. Und noch hat Saisárasar unsnicht gefunden. Und ich denke, er weiß nichts von mir. Wenn ich nur einen Bogen und ein paar Pfeile hätte!«
    Finn warf Mellow einen vielsagenden Blick zu, ehe er sagte: »Das ist etwas, das ich Euch ohnehin die ganze Zeit fragen wollte. Wo habt Ihr eigentlich Euren Bogen gelassen?«
    Circendil runzelte die Stirn. »Welchen Bogen meint Ihr? Ich habe keinen besessen, seitdem ich das Kloster verließ.«
    »Aber der graue Pfeil? Ihr habt doch damit einen Criarg beschossen? Zumindest dachte ich, dass Ihr es wart.«
    Jetzt erinnerte er sich daran, dass er den Pfeil in seiner Erzählung unerwähnt gelassen hatte, und holte das Versäumte eilig nach.
    Circendil hörte aufmerksam zu und schüttelte dann den Kopf. »Es tut mir leid, Finn. Wer immer diesen Pfeil verschoss   – ich war es nicht. Aber es ist gut zu wissen. Denn es bedeutet, dass noch jemand in diesen Landen unterwegs ist, der Criargreiter als Feinde betrachtet.«
    »Der Feind des Feindes ist ein Freund, meint Ihr?«, fragte Mellow.
    »So wie der Freund des Feindes ein Feind ist«, erwiderte der Mönch.
    Damit nahm er seinen Rucksack auf. Sie liefen schnell im Sichtschutz der Sträucher zu den Apfelbäumen hinunter. Während sie eifrig pflückten und ihre Taschen vollstopften, dabei immer wieder einen Apfel verspeisend, versank die Sichel des zunehmenden Mondes im Westen. Als sie sich gesättigt hatten, war es darüber fast stockdunkel geworden,

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