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Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Turm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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Schlimmeres enthielt. Der Gidrog brüllte auf, und Wut schien für einen Moment die Oberhand über ihn zu gewinnen. Dann fauchte er, wenn es denn ein Fauchen war, und er schwang die Fackel übellaunig in Richtung des Torbogens. Dabei fuhr sie scharf an Saisárasars Gesicht vorbei; nahe genug, dass sie die Wunde schimmern sehen konnten, die seine rechte Wange verunzierte. Fleisch war dort weggebrannt und klaffte wie bei einemschartigen Riss. Sein rechtes Auge war mit einem fransigen Lappen aus rotem Tuch verbunden: vielleicht eines von Anselmas Mittmonatskleidern, zerrissen und der Stoff getränkt von hellem Blut, das aus der Höhlung des Auges sickerte.
    Ob es dieser Anblick war oder ihre Erinnerung   – etwas in Gatabaid ließ ihre Beine zappeln, und sie wimmerte, trotz Finns Hand, die ihr den Mund verschloss.
    Das Rutschen ihrer Schuhe auf dem Stein und der klagende Laut entgingen Saisárasars Ohren nicht, obwohl die Vahits sich vier Klafter über ihm auf den Stein der Rampe pressten. Er riss dem Gidrog die Fackel aus der Hand und hielt sie so hoch, wie er konnte. Und er sah etwas! Vielleicht den Widerschein der Fackel in Gatabaids angstvoll aufgerissenen Augen. Vielleicht einen Haarschopf, der sich im Wind bewegte. Vielleicht eine Hand. Es war einerlei.
    »Kurbadakh azk bannan!« , rief er, dass es weit über die Rampe hallte. Und noch lauter: »Uorrog!«
    Sie waren entdeckt.
    Der Gidrog warf sich herum und stürmte lauthals brüllend die Stufen hinauf.
    Gatabaid schrie.

12 . KAPITEL
    Über Stock und Stein
    M ELLOW FASSTE SICH ALS Erster. Sie waren entdeckt, und jegliches Zögern würde entsetzlicher sein als der augenblickliche Schreck. Er sprang auf und hechtete in dem Augenblick vor den Treppenaufgang, als der Gidrog die letzte Stufe erreichte. Entweder sah er Mellow zu spät, oder sein Schwung war zu groß   – der Gidrog stürzte über Mellows Rücken hinweg.
    Er krachte auf die Rampe. Sein Axtschwert klirrte misstönend, als es ihm aus der Hand geprellt wurde. Es schlitterte drei oder vier Klafter über den glatten Caeraban. Der Gidrog überschlug sich und rollte über den Rand der Rampe hinaus. Mit einem wütenden Schrei stürzte er hinunter, und sie hörten nichts mehr außer einem dumpfen Plumps.
    Mellow rappelte sich auf.
    »Wir sind entdeckt!«, schrie er in die Dunkelheit hinaus.
    Im nächsten Moment riss er die beiden anderen immer noch wie erstarrt daliegenden Vahits auf die Füße. »Auf! Worauf wartet ihr? Los!« Er begann zu rennen. Da er weder das Mädchen noch Finn losließ, überwanden sie irgendwie ihre Starre und bewegten ihre Beine. »Weiter! Weiter!«
    Endlich rannten sie.
    An der geschwungenen Treppe vorbei.
    Auf die Ringwallmauer zu.
    Das kurze Stück Weg war mit wenigen Sätzen überwunden. Sie prallten aus vollem Lauf gegen die senkrecht aufragende Turmsteinwand und waren einige Augenblicke ratlos. Links führte im rechten Winkel zur bisherigen eine weitere lange Rampe bis ganz zur Mauerkrone hinauf. Ihr gegenüber begann eine schmale, aber steilere Treppe den Wall zu ersteigen. Die Rampe würde sie bis unmittelbar vor den ersten der beiden Wehrtürme bringen. Nähmen sie den Weg die zweite Rampe hinauf, bliebe ihnen anschließend nur noch eine Richtung übrig: den Ringwall nach Osten zu laufen. Einen Eingang in den Turm zu finden und, falls es einen gab und sie ihn fanden, dann möglicherweise vor verschlossener Tür zu stehen, dafür fehlte ihnen die Zeit. Die Treppe würde ihnen oben immerhin eine Wahl lassen. Eine bescheidene Wahl: nach rechts oder links, aber besser eine Auswahl als keine. »Da rauf!«, drängte Mellow und schob Gatabaid und Finn an sich vorbei. Er schubste sie vorwärts und hoffte, sie würden einfach weiterlaufen.
    Mellow warf einen Blick zurück und sah Saisárasar oben auf der ersten Rampe, der eben die gewundene Treppe verließ. Dabei hielt er die Fackel wie ein Schwert in der Linken und zog im Laufen mit der Rechten die Klinge, die schon Finns Blut gekostet hatte. Er sah den Landhüter am Fuß der Mauertreppe stehen und lachte.
    Mellow nahm seinen Stab wie eine Lanze in die Faust und hielt ihn wurfbereit über der Schulter. Die Spitze zielte auf Saisárasars Kopf.
    Der dunkle Mensch stoppte seinen Lauf. Er warf einen Blick die Treppe hinauf, an deren Fuß Mellow verhielt. Dann ging er langsam auf Mellow zu, die Fackel erhoben, sodass ihr Schein den Vahit enthüllte.
    Er zielte mit dem Schwertspitze auf Mellows Hals und sagte: »So bist du also

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