Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der verhängnisvolle Urlaub

Der verhängnisvolle Urlaub

Titel: Der verhängnisvolle Urlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Atem. Sein Brustkasten weitete sich, ehe er lospolterte: »Diese verdammte Scheißinsel! Dieser ganze verdammte, beschissene Urlaub!«
    Mimmi protestierte diesmal nicht einmal.
    »Hätten wir sie nur nicht allein fahren lassen!« fuhr Paul fort.
    »Wenn wir dabei gewesen wären«, erklärte Mimmi durchaus zutreffend, »wäre dasselbe passiert.«
    »Nein!«
    »Ach«, sagte sie mit wegwerfender Geste in seine Richtung.
    Paul schien seine Wut an seiner Zigarre auszulassen, die er zu enormem selbstzerstörerischem Glimmen brachte. Nach einer Pause, die so entstand, sprach Mimmi von einem Rätsel.
    »Er hat sie offensichtlich verschmäht«, meinte sie. »Und das ist mir vollkommen schleierhaft. Ein Mädchen wie unsere Karin!«
    Auch Paul schüttelte den Kopf.
    Mimmi fuhr fort: »Sie gibt sich zwar selbst die Schuld, aber das ist doch lächerlich. Ein Mädchen wie unsere Karin kann gar nicht an etwas sosehr schuld sein, daß ihr ein Mann nicht trotzdem zu Füßen liegen würde, möchte man meinen.«
    Worte einer Mutter.
    Mimmi schloß: »Ich verstehe das nicht. Ich verstehe das wirklich nicht.«
    Plötzlich schoß Paul ein Gedanke durch den Kopf.
    »Mimmi!« stieß er hervor. ›Mimmi‹ rief er sie selten. Erstaunt blickte ihn Mimmi an. Sie wußte, daß er diesen Namen haßte. Trotzdem wiederholte er ihn sogar noch einmal: »Mimmi, könntest du dir vorstellen, daß Peter der Betreffende ist?«
    Gemeint war damit Peter Krahn, doch der war für Mimmi Fabrici von einer solchen Möglichkeit so weltenweit entfernt, daß sie bar jeder Ahnung fragte: »Welcher Peter?«
    »Der Krahn.«
    »Bist du verrückt?«
    »Wieso?«
    »Dieses Würstchen doch nicht!«
    Früher hätte sich Paul Fabrici über diesen Ausdruck sicher wieder aufgeregt, aber heute lag seine eigene Einschätzung, die er Peter Krahn entgegenbrachte, nicht mehr weit daneben, und deshalb widersprach er seiner Frau nicht, sondern pflichtete ihr bei: »Du magst ja recht haben, aber« – er zog zweimal an der Zigarre – »dann frage ich mich, was für einer da sonst in Betracht kommen könnte.«
    Mimmi seufzte.
    »Sie hat es mir«, meinte sie wie zu Beginn dieser ganzen Unterhaltung, »nicht gesagt.«
    Das war also der tote Punkt, an dem die beiden wieder angelangt waren.
    Wochenlang änderte sich nichts. Karin vertrödelte die Zeit. Ihre Laune wechselte sprunghaft. Mal war sie bester Stimmung, freute sich über ihr gutes Tennisspiel, dann wieder machte ihr nicht einmal mehr das Reiten Spaß. Von Nickeroog sprach sie nicht mehr. Mimmis Hoffnung, Karin könnte eines Tages von selbst beginnen, ihr das Herz auszuschütten, blieb unerfüllt. Auf Drängen ihres Vaters erklärte sich Karin schließlich ohne große Lust bereit, sich zum Wintersemester wieder an der Universität einzuschreiben. Bis dahin mußten aber erst noch ein paar Wochen ins Land ziehen.
    Oma kam zu Besuch. Karin war ihr Liebling. Der Zustand ihrer Enkelin blieb der alten Dame nicht verborgen. Das Kind, sagte sie zu Mimmi, müsse mal eine Zeitlang aus ihrer gewohnten Umgebung heraus.
    »Und wohin?« fragte Mimmi.
    »Zu mir«, sagte Oma.
    Der Kampf mit der lustlosen Karin war nicht leicht, aber Großmütter sind in solchen Fällen zäh, und so kam es, daß es bald im Hause Fabrici wieder stiller wurde, weil der Wirbel fehlte, den eine Tochter nun mal verursacht, auch wenn ihre Stimmung nicht immer hohe Wellen schlägt.
    Mimmi las ›Die toten Seelen‹ von Gogol. Paul ging seinen Geschäften nach. An einem Mittwoch hatte er wieder einmal bei der Industrie- und Handelskammer zu tun. Wenn das der Fall war, stand ihm immer gleich die Tür des Präsidenten offen, da er ja zu den wichtigeren Geschäftsleuten Düsseldorfs zählte. Der Präsident war insofern ein Boß, wie er im Buche stand, als er ihm überflüssig erscheinende Arbeit gern auf die Schultern anderer lud, ein Kenner französischer Rotweine war und den Zeiten nachtrauerte, in denen es noch einen Sinn gehabt hatte, daß er seine Sekretärin wechselte, wenn sie die Dreißig überschritt. Außerdem nahm er gern Einladungen an. Voraussetzung war natürlich, daß diese aus Häusern kamen, von denen er wußte, daß in ihnen gut gegessen wurde. Er war verwitwet. Mit Paul Fabrici war er per du. Er hieß Willibald Bock und erzählte gern obszöne Witze. Ein solcher Name und eine solche Vorliebe ergeben natürlich eine Verbindung, die an Stammtischen nicht ungenutzt bleibt. Meistens ist aber dann da an jene Hunde zu denken, die nur noch bellen.
    »Willem«,

Weitere Kostenlose Bücher