Der verhängnisvolle Urlaub
Paul hatte sich diesen Tip zu Herzen genommen. Daß er dabei zwei Fasane erwischt hätte, die aus dem Rahmen fielen, bezweifelte er, und das mit Recht. Den Markt als Ganzes hatte er freilich als Attraktion empfunden.
Mimmi stürmte wieder einmal in die Küche.
»Alles klar, Emilie?«
»Ja, gnädige Frau.«
»Haben Sie an die Fasane tüchtig Speck gebunden?«
»Ja.«
»Seit wann sind sie im Rohr?«
»Seit einer Viertelstunde.«
Mimmi blickte auf die Uhr an der Wand.
»Es ist jetzt viertel vor sechs. Um sieben wird gegessen, das wissen Sie, Emilie?«
»Das weißt ich, gnädige Frau.«
»Hoffentlich klappt alles?«
»Sie können sich darauf verlassen, gnädige Frau.«
Mimmi vermochte sich nur schwer wieder von der Küche zu trennen, da ihre Überzeugung fest war, nur ihre Anwesenheit sei eine Garantie gegen ausbrechende Katastrophen. Doch auch im Speisezimmer wurde sie ebenso dringend gebraucht, weil dem Unvermögen des Dienstmädchens, den Tisch richtig zu decken, einfach Rechnung getragen werden mußte.
Der Hausherr kam heim. Mimmi hatte schon sehnlichst auf ihn gewartet und trat ihm im Flur entgegen.
»Endlich! Du wolltest doch heute schon eine Stunde eher kommen?«
»Es ging nicht. Ich wurde aufgehalten. Ist alles in Ordnung? Wann hast du Bock angerufen?«
»Ich?« Mimmis Augen weiteten sich. »Ich dachte, du machst das?«
»Waaas?« Paul schloß die Augen, um sich ganz fest im Zaum zu halten. »Iiich?«
»Ja, du.«
»Davon war doch überhaupt nicht die Rede.«
»Es war auch nicht die Rede davon, daß ich anrufen sollte.«
Nun öffnete Paul die Augen, um seine Frau starr anzusehen.
»Mimmi!«
Sie wußte, was kam.
»Mimmi, weißt du, was das heißt?«
Ja, sie wußte es, schwieg aber.
»Bock hat überhaupt keine Ahnung von der ganzen Einladung, Mimmi. Das heißt es, Mimmi.«
Vor der Drohung, die von dem dauernden ›Mimmi‹ ausging, konnten nur Tränen schützen. Rasch fing Pauls Gattin zu weinen an. Sie hatte Übung darin.
Normalerweise hätte das Paul dennoch nicht von einem Wutausbruch abhalten können, aber dazu war jetzt keine Zeit. Paul stürzte zum Telefon. Im Büro war Bock nicht mehr. Paul versuchte es daraufhin zu Hause. Bock meldete sich. Paul schilderte ihm mit gepreßter Stimme die Situation und krönte seine Worte mit folgender Verlautbarung: »Man ist fünfundzwanzig Jahre verheiratet, Willem, fünfundzwanzig Jahre, eine Ewigkeit, und man glaubt zu wissen, zu was eine Frau in der Lage ist. Aber man weiß es nicht, Willem!«
»Ich soll mich also zusammenpacken und zu euch kommen, Paul?«
»Ja, der Duft der Fasane durchzieht schon das ganze Haus, Willem.«
Durchs Telefon hörte man den Präsidenten die Luft durch die Nase einziehen. Doch dann sagte er: »Tut mir schrecklich leid, ich kann nicht.«
»Warum nicht?«
»Ich habe selbst Besuch. Unser neuer Syndikus ist bei mir. Ich habe ihm vorgeschlagen, gemeinsam einer Flasche den Hals zu brechen, damit wir uns auch privat ein bißchen näherkommen.«
»Verdammich!« stieß Paul Fabrici hervor.
Was war da zu machen? Die Fasane brutzelten ihrer Vollendung entgegen. Die Situation stellte sich Paul als kleiner gordischer Knoten dar, dem nicht anders beizukommen war, als daß man ihn durchhaute. Es bedurfte dazu nur eines kleinen Alexanders, und Paul Fabrici entpuppte sich als solcher, indem er sagte: »Weißt du was, Willem? Du kommst trotzdem …«
»Und was mache ich mit dem Syndikus?«
»Den bringst du einfach mit.«
»Das geht doch nicht, Paul.«
»Warum nicht?«
»Du hast nur von zwei Fasanen gesprochen? Die sind dann zu wenig.«
»Ich verzichte auf meine Hälfte.«
»Dann ja. Bis wann müssen wir bei euch sein?«
»Um sieben.«
»Höchste Zeit. Wir beeilen uns.«
Nachdem es Paul Fabrici so gelungen war, eine drohende Panne abzuwenden, dachte er nicht im entferntesten daran, daß eine zweite fast buchstäblich schon vor der Tür stand.
Ein Taxi fuhr draußen vor, dem Karin entstieg. Niemand erwartete sie schon heute. Ihre Schlüssel lagen irgendwo im Gepäck vergraben. Sie läutete deshalb an der Haustür, und Vater, der gerade durch den Flur lief, öffnete ihr. Völlig überrascht starrte er sie an.
»Du?«
»Tag, Vati.«
Er vergaß, beiseitezutreten, um ihr den Weg freizugeben.
»Darf ich nicht hereinkommen, Vati?«
»Natürlich«, besann er sich und nahm ihr den schweren Koffer ab. »Warum hast du uns nicht angerufen, daß du schon kommst?«
»Wozu?« antwortete sie. »Nun bin ich ja da.«
Sie
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