Der Verhandlungs-Profi
rational betrachtet die unlogischste von allen ist: Menschen glauben, dass sie über Ereignisse mehr Kontrolle hätten, als dies tatsächlich der Fall ist, selbst wenn es um etwas so vom Zufall Abhängiges wie Würfeln oder Roulettespielen geht. So zeigt zum Beispiel eine interessante Untersuchung, dass Menschen, die bei Pferderennen wetten, bei Rennen, die noch nicht begonnen haben, wesentlich höhere Beträge setzen als bei solchen, die bereits gelaufen sind, deren Ergebnisse sie aber nicht kennen. Das bedeutet, sie glauben, sie könnten mit ihren Wetten den Ausgang der Rennen beeinflussen.
Diese drei Illusionen als Folge der Ego-Falle lassen uns die Welt anders sehen, als sie tatsächlich ist. So vertrauen zum Beispiel Manager, Investoren oder auch Finanzexperten ihrem eigenen Urteil mehr, als es aufgrund der tatsächlichen Umstände angebracht ist. Kein Wunder, dass manche Entscheidungen, Urteile oder Voraussagen im Nachhinein unglaublich erscheinen.
So entkommen Sie der Ego-Falle und den damit verbundenen Illusionen:
Trainieren Sie Ihre Aufmerksamkeit, damit Sie merken, wann Sie in eine Falle tappen.
Holen Sie zur Überprüfung externen, neutralen Rat und Expertise ein.
Sammeln Sie Information und Wissen, je mehr, desto besser.
Fragen Sie sich laufend:
Weshalb könnte diese Entscheidung falsch sein?
Was könnte ich übersehen haben?
Wo könnte ich einer Fehleinschätzung unterliegen?
Was geschieht außerhalb meiner Kontrolle?
Die Welt mit den Augen des anderen sehen
Eine der Schlüsselfähigkeiten erfolgreicher Verhandler ist, die Verhandlung mit den Augen des anderen zu sehen. Dies beginnt bereits bei der Vorbereitung: Wenn Sie sich nicht fragen, was das wirkliche Interesse Ihres Verhandlungspartners ist, wie er von Ihren Vorschlägen profitieren, weshalb er zu Ihren Vorschlägen Nein sagen und welchen Nutzen er aus einer möglichen Vereinbarung ziehen könnte, verzichten Sie auf einen wichtigen Teil der Vorbereitung und begeben sich damit auf Glatteis. Echtes Interesse für die andere Partei, Verständnis für ihre Sichtweise und Vorgehensweise sowie das Herausfinden von deren Zielen sind sehr wichtige Erfolgskriterien.
Im Gegensatz zu vielen anderen Fähigkeiten in der Kommunikation scheint es sich hier, wie viele Untersuchungen zu diesem Thema zeigen, tatsächlich um eine Eigenschaft zu handeln, die uns zum Großteil in die Wiege gelegt wird. Nichtsdestotrotz ist es möglich, sie bis zu einem gewissen Grad zu erlernen, vor allem dann, wenn wir mit strukturierten Werkzeugen wie dem Engarde Strategic Planner (ESP) arbeiten, den ich Ihnen gleich im Anschluss vorstellen werde.
Warum aber ist es so schwierig, sich „die Schuhe des anderen anzuziehen“? Dafür gibt es drei Gründe:
Irrationales Wettbewerbsdenken
In fast allen Verhandlungen gibt es kritische oder schwierige Themen mit einem gewissen Konfliktpotenzial. Gerade diese Themen verleiten (vor allem kompetitive) Verhandler dazu, den Blick auf das Wesentliche zu verlieren und diese Punkte nur um des Sieges willen zu verhandeln. Wenn Sie das allerdings tun, verlieren Sie das Interesse Ihres Gegenübers völlig aus den Augen, und die Gefahr eines Konflikts nimmt weiter zu. Und nur wenn Sie sich dieser Gefahr bewusst sind und immer wieder hinterfragen: „Was bewegt den anderen?“, „Warum sagt er nun Nein?“, „Weshalb lehnt er meinen Vorschlag ab?“, haben Sie die Möglichkeit, den Blickwinkel des anderen wieder zu verstehen und in der eigenen Verhandlungsführung zu berücksichtigen.
Die eigene Sicht der Welt
Natürlich sehen wir die Verhandlungssituation und die Fakten in erster Linie durch unsere eigenen Augen und vor dem Hintergrund unserer eigenen Erfahrungen. Was für uns selbst logisch oder „richtig“ ist, muss es aber nicht zwingend auch für den anderen sein. Dazu gesellt sich auch die oben beschriebene Bestätigungsfalle, die uns in Gefahr bringt, unsere eigenen Annahmen auch noch durch unterstützende Informationen zu bestätigen. Das alles macht es umso schwieriger, konträre Standpunkte unserer Verhandlungspartner zu berücksichtigen und zu verstehen.
Während der Verhandlung auf die Sichtweise des anderen vergessen
Eine spektakuläre Sammelstudie aus 32 Einzelstudien mit über 5.000 Teilnehmern von Professor Leigh Thompson zeigte ein unglaubliches Ergebnis: In mehr als 50 Prozent aller Verhandlungssituationen schafften es die Probanden nicht, die Sichtweise des anderen einzunehmen, sobald die Verhandlung begonnen hatte .
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