Der Verhandlungs-Profi
wichtig und können so zu einem lohnenden Tauschgeschäft führen. Das Beschäftigen mit den Assen des Verhandlungspartners ist daher sehr wichtig, denn dies kann Ihnen schon vor der Verhandlung interessante Hinweise auf mögliche Szenarien liefern.
Ihr Exit-Punkt: Bis hierher und nicht weiter
Ihr Exit-Punkt hängt direkt von Ihrem Must-have ab: Haben Sie Ihr Must-have nicht erreicht, sind Sie an Ihrem Exit-Punkt angelangt. Trotzdem ist es wichtig, genau das ausdrücklich zu definieren, denn wir haben in der Praxis die Erfahrung gemacht, dass Verhandler, die nur ein Must-have, aber keinen Exit-Punkt definieren, immer wieder dazu tendieren, nur um eines Deals willen unter ihr Must-have zu gehen. Haben Sie gleichzeitig den Exit-Punkt ausformuliert und auch einen entsprechenden Plan B vorbereitet, haben Sie den notwendigen Rückhalt, um zum Beispiel auf die letzten Zugeständnisse zu verzichten, die eine Vereinbarung möglicherweise zu einem schlechten Geschäft für Sie werden lassen. Umgekehrt zeigt das Definieren des Ausstiegspunkts, also Ihre allerunterste Grenze, zuverlässig, ob Ihr Must-have tatsächlich richtig formuliert ist oder ob es sich nicht vielleicht doch um ein Want-to-have handelt, das noch etwas Spielraum nach unten lässt.
Der Exit-Punkt ist also jener Zeitpunkt, an dem Sie aus der Verhandlung aussteigen. Für einen Ausstieg kann es viele gute Gründe geben. Sie brechen die Verhandlung ab,
bevor Sie Ihr Limit übersteigen;
bevor Sie sich in einer Lose-win- oder Lose-lose-Situation wiederfinden;
statt „faule“ Kompromisse einzugehen.
Je intensiver Sie sich bei der Vorbereitung der Verhandlung mit diesen möglichen Gründen beschäftigen und die Kriterien für einen Exit festlegen, umso weniger werden Sie mit negativen Gefühlen kämpfen müssen, wenn es tatsächlich zum Ausstieg kommt.
Keine Verhandlung ohne Plan B
Haben Sie eine Alternative? Viele Menschen gehen in Verhandlungen, ohne genau zu wissen, was sie tun werden, wenn sie ihr Verhandlungsziel nicht erreichen, weil entweder die Konditionen nicht stimmen, die Forderungen zu hoch sind oder der Preis so niedrig ist, dass sie auf das Geschäft nicht einsteigen können. Die Frage, die Sie zu Ihrem Plan B führt:
Was machen Sie, wenn es zu keinem zufriedenstellenden Verhandlungsergebnis kommt?
So könnten Sie zum Beispiel statt einer Kooperation mit Firma X beschließen, weiter allein am Markt tätig zu sein und Ihre Präsenz auszubauen oder Firma A und B als Partner zu gewinnen oder die freiwerdenden Ressourcen in ein anderes lohnendes Projekt zu investieren.
Manchmal sind Alternativen nur schwer mit einem bestimmten Wert zu beziffern, doch wenn sie eine gangbare Alternative zu einem Verhandlungsergebnis darstellen, können Sie diese als Ihren Plan B bezeichnen. Wenn Sie sich über diesen Plan B bereits vor der Verhandlung Gedanken machen, fällt es Ihnen leichter, den Punkt des Ausstiegs aus der Verhandlung zu definieren. Und genau damit setzen Sie auch den Wert eines möglichen Agreements fest beziehungsweise jenen Punkt, an dem Sie es gerade noch akzeptieren würden. Weil Sie aber zu diesem Zeitpunkt bereits einen Plan B in der Tasche haben, fällt es Ihnen wesentlich leichter, zu verhandeln, und das wird auch Ihr Verhandlungspartner bemerken.
Verhandlungen ohne Plan B sind oft ein Himmelfahrtskommando, und es ist mir bis heute unbegreiflich, wie in Österreich nach den Wahlen und vor den darauffolgenden Koalitionsverhandlungen der Vorsitzende einer politischen Partei öffentlich erklären konnte: „Wir haben keinen Plan B.“ Die Folge daraus war eine Vielzahl an Zugeständnissen, um überhaupt zu einem Ergebnis (in diesem Fall: Koalition) zu kommen.
Plan B wird eingesetzt, wenn das Verhandlungsergebnis für Sie nicht gut genug ist.
TIPP
Der Plan B ist die „beste Alternative“ zu Ihrem erzielbaren Verhandlungsergebnis oder zum Abbruch. Akzeptieren Sie nie ein schlechteres Ergebnis als Ihren vorbereiteten Plan B!
Der Plan B kann sowohl als Alternative nach dem Ausstieg mit dem Exit-Punkt als auch als Druckmittel gegen den Verhandlungspartner verwendet werden. Der ausschlaggebende Parameter für den Ausstieg wäre das Nichterreichen Ihres Must-haves. Dies setzt allerdings eine entsprechende Bewertung des Ereignisses voraus – in welches auch Faktoren wie Zeitersparnis, Bequemlichkeit und Beziehungen mit einbezogen werden müssen.
Exit-Punkt und Plan B Ihres Verhandlungspartners
Wo liegt das Limit Ihres Verhandlungspartners?
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