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Der verkaufte Tod

Der verkaufte Tod

Titel: Der verkaufte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sehr angegriffen. Hinter der Theke saß ein alter, bärtiger Inder mit einem Turban, der Nachtwächter Immiam Chandi, zur Einrichtung des Hotels gehörend von der ersten Stunde an. Zu jedem Dienstantritt brachte er einen Totschläger mit, einen mit Bleikugeln gefüllten Lederstab. Er hatte ihn selbst hergestellt, aber noch nie gebraucht. Doch wußte man, was morgen oder übermorgen geschehen konnte?
    Sangra saß mit Tawan in dem kleinen Büro hinter der ›Reception‹, sie tranken Bier und rauchten jeder eine lange, dünne Zigarre. Die Eingangstür klappte, durch die Bürotür hörte man Stimmengewirr.
    »Das elfte Zimmer.« Sangra streckte zufrieden die dicken Beine von sich. »Eine gute Nacht. Wir haben nur gute Tage und Nächte, hast du das bemerkt, Tawan?«
    »Das Hotel bringt Geld«, nickte Tawan.
    »Weil es einen guten Namen hat.« Sangra hob die Zigarre vor ihre Augen und betrachtete die weiße Asche. »Du bist ein wohlhabender Mann, nicht wahr, Tawan?«
    »Ich glaube, ja.«
    »Was willst du mit dem Geld anfangen? Willst du weiter an der Börse spekulieren?«
    Tawan dachte an seine Partner Dakhin und Subhash. Er hob die Schultern und antwortete wahrheitsgetreu: »Ich weiß es noch nicht.«
    »Willst du heiraten?«
    »Nein.«
    »Warum nicht? Willst du keine Kinder haben?«
    »Mein Kind ist Vinja. Alles soll sie mal allein erben.« Er zog wieder an seiner Zigarre und sah dem zur Decke schwebenden Rauch nach. »Ich dachte immer daran, ein Geschäft aufzumachen, irgendein Geschäft, aber ich habe eingesehen: Die Arbeit an der Börse ist bequemer, müheloser. Man kann an einem guten Tag mehr verdienen als ein Hafenarbeiter im ganzen Jahr. Man muß nur Glück haben.«
    »Hat der Mensch immer Glück?« fragte Sangra philosophisch. »Nein! Kann er auf das Glück vertrauen? Nie! Glück ist wie eine Hure: Mal liegt sie mit dir im Bett, mal spuckt sie dich an! Du solltest dein Geld sicher arbeiten lassen. Sieh mich an, mein Hotel ist fast immer ausverkauft. Rund um die Uhr. Man kann mit heimlicher Liebe eine Menge Geld verdienen.«
    »Das tust du. Das ist wahr.« Tawan sah sie forschend an. »Soll ich einen Puff aufmachen? Ist das dein Rat?«
    »Nein. Ich weiß etwas Besseres.« Sangra legte die Zigarre in den Aschenbecher und erhöhte die Spannung, indem sie eine Weile schwieg. Dann sagte sie so plötzlich, daß Tawan zusammenzuckte: »Steig als mein Partner bei mir ein.«
    »Ich soll –« Tawan holte tief Atem. »Ich soll den ›Bambusgarten‹ – du bietest mir dein Hotel an?«
    »Ich bin eine alte Frau und habe keine Erben. Mein Sohn ist verschwunden, meine Tochter ist irgendwo verheiratet. Ich bin allein. Was soll aus meinem Hotel werden, wenn man meine Asche in den Fluß gestreut hat? Du bist mir wie ein Sohn und Vinja wie ein Enkelkind geworden. Ich möchte ruhig sterben, weil ich weiß, daß das Hotel in euren Händen ist. Tawan«, sie beugte sich vor, geradezu jugendliches Feuer leuchtete in ihren Augen, »wir legen unser Geld zusammen und bauen um und bauen neu. Wir vergrößern das Hotel und nehmen noch ein Restaurant dazu. Erst ein gutes Essen und dann in die Betten! Wir werden immer ausverkauft sein. Tawan, besser kann dein Geld gar nicht arbeiten.«
    »Ich überlege es mir, Sangra«, sagte er nachdenklich.
    »Wie kann man da noch überlegen? Tawan Alipur und sein Hotel Bambusgarten – sie werden ein Begriff für Kalkutta werden.«
    »Ich möchte darüber schlafen, Sangra. Gib mir diese Zeit.« Tawan wischte sich über das Gesicht. »Es kommt alles so überraschend. Ich kann es noch gar nicht begreifen.«
    »Ich wäre glücklich, wenn du zustimmst. Denk auch an Vinja. Sie wird einmal eine geachtete Frau sein.«
    »Ich denke nur an Vinja.«
    »Sie ist ein mutiges Mädchen, das hat sie bewiesen.« Sangra zog an ihrer Zigarre und blies eine gewaltige Rauchwolke gegen die Zimmerdecke. »Unser neues Hotel wird ein kleines Juwel werden. Ich habe vorige Woche die beiden Häuser neben uns gekauft. Wir haben also Platz genug für eine Erweiterung.«
    Tawan verabschiedete sich, ging die Treppe hinauf, vorbei an den Zimmern, aus denen Lachen, Kichern, Stöhnen und spitze Schreie ertönten, betrat leise sein Zimmer und setzte sich in der Dunkelheit in den Rattansessel am Fenster. Vinja schlief tief und lächelte, als träume sie etwas Schönes.
    Ich nehme Sangras Vorschlag an, dachte er. Ein Hotel hindert mich nicht, jeden Tag von 10 bis 12 im Flughafen zu sein. Ich werde doppelt verdienen und mir mehr Geld

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