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Der verkaufte Tod

Der verkaufte Tod

Titel: Der verkaufte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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verkrusteten Blutes von ihrer Haut gewaschen war. Mit einem heißen Lappen putzte Sangra die Treppen, den Flur und das Zimmer, besprühte alles mit einem Desinfektionsmittel und bezog die gebrauchten Betten mit frischer Wäsche.
    Tawan hatte sich bis auf eine knappe Unterhose ausgezogen, um seinen Anzug nicht mit Blut zu beflecken, hatte die Leiche über seine Schulter gestemmt und sie in den kleinen Garten getragen. Es war ein eigenartiges Gefühl, einen toten Menschen zu tragen. Er hatte schon viel auf seinem Rücken weggeschleppt, damals im Hafen, wenn die kleineren Versorgungsschiffe ausgeladen wurden. Gefrorene Schweinehälften, Rinderviertel, Kisten mit geschlachteten Hühnern, ganze Hammel aus Neuseeland und geeistes Elefantenfleisch aus Ceylon – er hatte nie etwas dabei empfunden. Es war eben nur Fleisch. Aber nun trug er einen Menschen die Treppen hinunter in den Bambusgarten, die Arme schlugen gegen sein Gesäß und die Oberschenkel, und vor allem war es ein Mensch, den Vinja, seine kleine Vinja, mit einem gezielten Stich ins Herz getötet hatte.
    Der Tote war ein großer, schlanker, aber dennoch schwerer Mann mit gepflegten Händen und einem Brillantring am linken Ringfinger; seine Kleidung war von bester Qualität und maßgefertigt. Er mußte aus jenen Kreisen kommen, die am Rand Kalkuttas in den von den Engländern angelegten Villenvierteln wohnten, inmitten blühender, künstlich bewässerter Parks, bewacht von eigenen Wächtern, auf Inseln des Überflusses im Meer der Armut.
    Das wird eine große Suche geben, dachte Tawan, als er den Toten im Garten auf die Erde rutschen ließ. In allen Zeitungen werden Fotos von ihm stehen, die Polizei wird eine Sonderkommission bilden, aber wo wollen sie in dieser Riesenstadt suchen? Nur ein Zufall konnte helfen, der Zufall, daß jemand ihn in das Hotel Bambusgarten hatte gehen sehen und ihn nun in der Zeitung wiedererkannte.
    Tawan lief ins Haus zurück und traf Sangra und Vinja in der Küche an. Er setzte sich schwer auf einen Stuhl und klemmte die Hände zwischen die Knie.
    Sangra blickte ihn fast lauernd an. »Was hast du?« fragte sie.
    »›Was haben wir?‹ muß es heißen!« Tawan atmete tief durch. »Glaubt ihr, mit dem Begraben des Toten wären alle Probleme gelöst?«
    »Ja. Keiner wird ihn finden.«
    »Und wenn ihn jemand hat ins Haus gehen sehen und ihn auf einem Foto wiedererkennt? Die Zeitungen werden übermorgen sein Foto bringen.«
    »Er kam, als es schon sehr dunkel war.«
    »Wie ist er gekommen? Zu Fuß? Nein, irgendwo muß sein Wagen stehen, hier in der Nähe, oder noch schlimmer: Er ist mit einem Taxi gekommen; dann kann sich der Taxifahrer sofort erinnern.«
    »Das ist wahr, Onkel Tawan.« Vinja saß auf dem Küchentisch und ließ ihre Beine baumeln. »Alle Spuren führen in unsere Gegend.«
    »Nichts führt hierher!« sagte Sangra grob. »Macht euch doch nicht selbst verrückt! Ihr habt ja keine Erfahrung, wie die feinen, geilen Herren das machen: Entweder parken sie ihre eigenen Autos ein paar Häuserblöcke weiter oder lassen die Taxis in anderen Straßen halten. Auf jeden Fall gehen sie die letzte Strecke zum Hotel zu Fuß!« Sie ging zu dem nun kalten Braten, schnitt ein dickes Stück ab und stopfte es sich in den Mund. Als sie es hinuntergewürgt hatte, leckte sie sich über die Lippen, die fettig von Bratensoße waren. »Auf uns fällt kein Verdacht! Ich bin der Polizei bekannt als seriöses Unternehmen. Tawan, grab weiter!«
    Nach zwei Stunden war alle Arbeit getan. Das Hotel war sauber gewischt, die Zimmer hergerichtet, der Tote im Garten begraben, direkt an der Grundstücksmauer.
    »Hier legen wir ein Blumenbeet an«, hatte Tawan gesagt. »Oder wir pflanzen Gemüse und Tomaten.«
    »Ich soll davon ein Stück essen?« kreischte Sangra entsetzt. »Ich würde ersticken, vor Ekel sterben! Tawan, was bist du für ein Mensch!«
    »Wir haben in den Slums das angefaulte Fleisch aus den Müllbergen geholt und es zusammen mit den Würmern gebraten. Keiner ist daran gestorben.«
    »Ich bin nicht die Slums, ich bin ein angesehenes Hotel!« sagte Sangra voller Stolz. »Aber darüber reden wir noch.« Sie ging hinunter, schloß die Eingangstür auf, nahm das Schild ›Wegen Umbaus geschlossen‹ ab und knipste die Außenlampen an. Das Leuchtschild ›Hotel Bambusgarten‹ flammte in roter Schrift auf.
    Eine Stunde später waren zehn Zimmer belegt. Vinja schlief bereits, sie war sehr müde gewesen, die Ereignisse der letzten Stunden hatten sie doch

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