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Der verkaufte Tod

Der verkaufte Tod

Titel: Der verkaufte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einer Kaltblütigkeit, die Bewunderung erzeugte.
    Major Dakhin, auf dessen Tisch jeder Diebstahl im Flughafen landete, zählte die gestohlenen Summen zusammen und hieb dann, wenn er allein war, mit der Faust auf den Tisch. »Ein toller Kerl, dieser Tawan!« sagte er beeindruckt, wenn er seine zehn Prozent Anteil errechnet hatte. »Trotz der verschärften Überwachung – er schafft es! Aus dem Halunken wird noch mal etwas ganz Großes.«
    Das Glück hatte Tawan in sein Herz geschlossen.
    An einem Sonnabend, als er mit einer Beute von dreitausendzweihundert Dollar ins Hotel zurückkam, empfing ihn Sangra mit einem breiten Lächeln und lustigem Händereiben. »Er ist da«, sagte sie mit fetter Stimme, »auf Zimmer 10. Dr. Palur Nazrul! Er wird immer verrückter. Jetzt hat er ein ganz junges Mädchen bei sich, höchstens achtzehn. Einen Mischling mit weißem Blut. Das sind die schlimmsten. Hoffentlich überlebt er sie. Das ist immer meine große Sorge. So ein Alter macht seinen Stoß, verdreht die Augen und ist hin. Tawan, wenn er nachher schläft, kontrollierst du seine Taschen.«
    Nach drei Stunden kam das junge Mischlingsmädchen zur ›Reception‹ herunter.
    »Etwas zu trinken?« fragte Sangra scheinheilig. »Sie hätten nur zu klingeln brauchen.«
    »Er schläft. Ich gehe«, sagte das Mädchen professionell.
    »Ein guter Entschluß.«
    »Warum soll ich daneben liegen, wenn er schläft? Gute Nacht.« Das Mädchen, eine Augenweide, verließ mit schwingenden Hüften das Hotel.
    Sangra blickte auf die Uhr. »Jetzt ist die richtige Zeit, Tawan«, sagte sie. »Jetzt liegt Dr. Nazrul im tiefsten Schlaf. Kein Kanonenschuß könnte ihn wecken. Geh, sieh nach.«
    Tawan nickte. Wie kann ich eine Einladung finden, wenn ich noch nicht richtig lesen kann? dachte er. Wenn er nun mehrere Papiere bei sich hat, welches ist das richtige? Was also tun? Am einfachsten war es, Dr. Nazruls sämtliche Taschen leerzuräumen und dann zu sagen: »Bestimmt hat das Mädchen alles mitgenommen. Das war ein teures Abenteuer, Dr. Nazrul.«
    Tawan ging ins erste Stockwerk hinauf, öffnete vorsichtig die Tür von Zimmer 10, hörte den Arzt laut schnarchen und trat ein. Dr. Nazruls Rock hing über einer Stuhllehne, die Hose, sauber gefaltet, darüber. Der Arzt schien in jeder Situation ein korrekter Mann zu sein.
    Mit ein paar Griffen hatte Tawan alle Taschen des Rockes geleert und verließ unhörbar das Zimmer. Er hätte es nicht nötig gehabt, denn Dr. Nazrul schlief wie mit Blei in den Gliedern. Wer mit über siebzig Jahren noch ein junges, überschäumendes Mischlingsmädchen in sein Bett zieht, ist hinterher wie narkotisiert.
    »Nun, hat er die Einladung bei sich?« fragte Sangra, als Tawan zurückkam.
    »Ich weiß es nicht.« Tawan warf alles, was in den Taschen gewesen war, auf den Tisch. Es waren eine Brieftasche, in der zweitausendeinhundert Rupien steckten, Fotos von jungen Frauen, ein Scheckbuch, zwei noch nicht geöffnete Briefe, ein Reisepaß, die Rechnung eines Schuhgeschäfts und ein zusammengefalteter Brief aus besonders dickem Papier.
    »Da ist es!« Sangras Stimme glich einem Jubelschrei. »Tawan, das Glück ist unsere Schwester! Sieh dir das an.« Sie entfaltete den Brief. Es war die Einladung zum Galafest der Ärzte Kalkuttas, ausgestellt auf Dr. Palur Nazrul.
    »Am nächsten Sonnabend bist du Dr. Nazrul«, sagte Sangra und rieb sich wieder die Hände. »Tawan, das ist eine Rolle, in die du hineinpaßt! Du wirst ein Musterbild von Arzt sein.«
    Gegen 2 Uhr morgens ließ sich Dr. Nazrul mit einem Taxi nach Hause fahren. Er war noch immer müde und hatte den Verlust seiner Papiere noch nicht bemerkt.
    Mit einem tiefen Seufzer der Erleichterung schloß Sangra ihr Hotel ab. Für heute gab es keine neuen Gäste mehr.
    Am Sonnabend trug Tawan zum ersten Mal seinen neuen, maßgeschneiderten Smoking. Er sah phantastisch darin aus, ein Herr von den schwarzen, krausen Haaren bis zu den blitzenden Lackschuhen.
    »Jede Frau wird sich sofort in dich verlieben, Onkel Tawan!« rief Vinja altklug. »Du bist der schönste Mann von Kalkutta. So mußt du dich immer anziehen.«
    »Nicht jeden Tag ist ein Fest, meine Kleine«, sagte Sangra. Auch sie war von Tawans Anblick begeistert. »Aber wenn das neue Hotel in Betrieb ist, werden wir viele Galaabende feiern, und dann wird Tawan das Hotel repräsentieren. Man soll über uns sprechen, und man wird über uns sprechen. Das Hotel Bambusgarten wird einen guten Klang in Kalkutta bekommen.«
    Die

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