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Der verkaufte Tod

Der verkaufte Tod

Titel: Der verkaufte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sie in ein großes Hospital geschickt. Dort hat man ihr gesagt, es gebe kein Bett für sie. Da hat sie wieder den Fakir und Wunderheiler kommen lassen. Er beschmierte sie mit Salben und stinkenden Ölen, grub ihren Körper im Flußschlamm ein, aber nichts half.«
    »Warum ist sie nicht zu Mutter Teresa gegangen?« fragte Tawan.
    »Das haben wir Baksa auch gesagt – aber sie weigert sich.«
    Tawan schlug ein Tuch um seinen Kopf und verließ seine Schlafstelle. Er hatte Baksa und Vinja im vergangenen Jahr öfter besucht, auch an dem Platz, an dem sie jetzt arbeitete. Sie verkaufte nicht mehr ihren zierlichen Körper an weiße Touristen oder reiche indische Händler, sondern hatte sich eine Strohmatte gekauft, saß auf ihr auf dem Bürgersteig vor dem noblen Grand-Hotel, und alle, die das Hotel betraten, mußten an der kleinen Vinja vorbei und sahen auf die schrecklichen Zehenstümpfe. Mit wunderschönen, dunkelbraunen, großen Augen lächelte Vinja die Gäste des Grand-Hotels an. Natürlich waren sie nicht allein – um sie herum kauerten oder lagen Bettler, Amputierte, Leprakranke, zerlumpte Mütter mit Säuglingen an der Brust, Fakire, die sich dicke Nadel durch beide Backen stießen oder sich scharfe Haken in die Brust trieben, an die sie Eisengewichte hängten, ohne daß ein Tropfen Blut aus dem gepeinigten, ausgemergelten Körper trat. Eine große, harte Konkurrenz – trotzdem war Vinja der Star der Nehru Road. Ihr kleiner verstümmelter Fuß ließ vor allem die europäischen Touristen nicht teilnahmslos, jeden Tag klimperten so viel Münzen in den Blechteller, daß Baksa und Vinja immer satt wurden und Baksa sogar ein paar Rupien sparen konnte.
    Die Zeit, mit ihrem Körper Geld zu verdienen, war vorbei.
    Wer hätte sie jetzt auch mit auf ein prunkvolles Hotelzimmer genommen?
    Irgendwie mußte es mit dem Fluß zusammenhängen. Baksa kannte es von Kind an nicht anders: Jeden Abend wurde der Schmutz des Tages im Fluß abgewaschen, badete man sich und fühlte sich wie ein neuer Mensch, wenn man aus dem Wasser stieg. Aber irgendwie mußte sich der Fluß verändert haben: An einem Abend hatte Baksa wieder gebadet, hatte ein paar Wäschestücke in der Strömung gewaschen, so wie sie es tausendmal getan hatte und es Tausende von Slumbewohnern auch taten. An diesem Abend spürte sie ein Kribbeln und Brennen auf der Haut; drei Tage später überzog ein roter Ausschlag den ganzen schönen Körper, die Pusteln brachen auf und eiterten, es war, als würde sie von innen heraus verfaulen. Plötzlich verschwanden die kleinen Geschwüre, aber eine unendliche Müdigkeit überfiel Baksa, eine Schwäche in allen Muskeln und Sehnen, die Tag für Tag stärker wurde. Wenn sie morgens von ihrer Matratze kroch, hatte sie Mühe, sich aufzurichten und gerade zu stehen, jeder Schritt war wie mit Zentnergewichten behangen, sie schaffte nicht mehr den Weg zum Grand-Hotel und kam gerade noch bis zum Hugli-Fluß, wo sie sich ans Ufer setzte oder auf die Seite fiel und in das schmutzige Wasser starrte.
    Diese Müdigkeit, diese Schlappheit! Schlafen, schlafen, nichts als schlafen. Den ganzen Tag und die ganze Nacht nur schlafen … Aber sie schlief nicht, sie war hellwach, nur ihr Körper versagte, löste sich auf in Müdigkeit. An einigen Stellen auf der Haut erschienen nach und nach einige dunkle, fast kreisrunde Flecken; sie taten nicht weh, verunzierten nur den Körper.
    An dem Tag, an dem Baksa nach ihrem Bruder rief, lag sie schon zwei Tage fast regungslos auf der Matratze mit den eingetrockneten Blutspritzern aus Vinjas Fuß. Als Tawan in die Hütte kam, saß Vinja auf ihrem Lumpenhaufen und krähte vor Freude, als sie ihren Onkel sah. Er hatte ihr Bananen mitgebracht und ein Kleidchen aus weiß-rot gepunkteter Baumwolle. Schon an der Tür erschrak Tawan – Baksas schöner Körper war knochig geworden, sie mußte jetzt ganz leicht sein, die Wangen waren eingefallen, und aus diesem eingesunkenen Gesicht leuchteten ihm weite, starre Augen entgegen, als habe sich ihre letzte Kraft in diesen Blick zurückgezogen.
    »O Gott!« sagte Tawan, und seine Stimme war rauh vor Entsetzen. »Warum hast du mich nicht früher gerufen? Du mußt sofort zu einem Arzt!«
    »Kannst du einen bezahlen?«
    »Ja. Im Augenblick ja.«
    »Leg das Geld zur Seite, für Besseres als einen Arzt. Sie kennen die Krankheit nicht. Ich schrumpfe zusammen, und keiner kann es aufhalten.«
    »Ich bringe dich zu Mutter Teresa.«
    »Nein!« Es war wie ein Aufschrei. Nie zu ihr,

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