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Der verkaufte Tod

Der verkaufte Tod

Titel: Der verkaufte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Rupien habe ich ihr geboten, und dabei hatte sie auch noch einen verkrüppelten Fuß. Und plötzlich ist dieser Kerl da und würgt mich!«
    »Wir werden das überprüfen«, sagte der Lieutenant kalt. »Lassen Sie Ihre Hoteladresse hier – Sie bekommen Nachricht.«
    »Ich verlange, daß der verhinderte Mörder hart bestraft wird!«
    »Das Strafmaß bestimmt, wie in Ihrem Land, das Gericht. Aber ich nehme an, bis zum Urteil sind Sie längst wieder in Deutschland.«
    Wütend und mit dem deutlichen Gemurmel: »Alles die gleiche Saubande!« verließ der dicke Deutsche die Polizeistation.
    Draußen vor der Tür, auf der Straße, saß Vinja und wartete auf ihren Onkel. Um den Fußstumpf hatte sie ein Handtuch gewickelt.
    Der Deutsche warf einen Blick auf sie, schob die Unterlippe vor und sagte laut: »Hurenpack!« Dann winkte er ein Taxi heran und fuhr zu seinem Hotel.
    Als Tawan zum Verhör in das Zimmer des Lieutenant geführt wurde, hatte er ein böses Gefühl im Magen. Die Polizisten sahen ihn so merkwürdig an, und auch sein heimlicher Freund, der Offizier, saß mit bösem Gesicht auf seinem Stuhl hinter dem Schreibtisch.
    »Du Idiot!« sagte er hart zu Tawan. »Schlägst auf einen Touristen ein, nur weil er mit Vinja redete.«
    »Er hat sie beleidigt. Er wollte sie mit auf sein Zimmer nehmen!«
    »Na und? Bei hundert Rupien?«
    »Meine Vinja ist keine Kinderhure und wird nie eine sein!«
    »Wie stolz! Wie stolz!« Der Lieutenant verzog spöttisch die Lippen. »Würgt einen ausländischen Gast, nur weil Vinja ihm gefällt! Zehn Prozent von hundert Rupien sind zehn Rupien! Daran hast du nicht gedacht, stimmt's? Sind wir nicht Geschäftspartner, Tawan, du Idiot? Darüber solltest du nachdenken.«
    Das Nachdenken bestand darin, daß zwei Polizisten ihn auf den Hinterhof des Reviers führten und ihn mit ihren Schlagstöcken so lange verprügelten, bis er die Besinnung verlor. Sie schleiften ihn aus dem Haus und warfen ihn wie Abfall auf die Straße.
    Vinja war von ihrer Decke aufgesprungen und starrte den ohnmächtigen Onkel und seinen zerschlagenen Körper stumm an. Sie humpelte zu ihm, setzte sich neben ihn und legte seinen blutigen Kopf in ihren Schoß.
    Als er mühsam die Augen öffnete und ihr kleines hübsches Gesicht über sich sah, seufzte er tief und griff nach ihrer streichelnden Hand. »Nein! Du nicht!« sagte er kaum hörbar durch die aufgesprungenen Lippen. »Du nicht – solange ich lebe!«
    An all das dachte Tawan, während sich die Warteschlange weiter in das gelbe Haus mit dem Schild ›Laboratory‹ schob. Endlich war auch er in einem Vorraum, stand vor einer Art Theke, hinter der ein Mädchen saß, einen kurzen Blick auf Tawan warf und dann nach einem vorgedruckten Formular griff.
    »Name?« fragte sie.
    Tawan sah sie freudig an. Wenn sie meinen Namen will, ist das schon etwas wert, dachte er.
    »Tawan Alipur«, antwortete er. »Und du?«
    Das Mädchen starrte ihn ungläubig an. »Wann … wann geboren?« schrie sie ihn plötzlich an.
    Tawan zuckte zusammen. Was war falsch gewesen? Er wollte doch nur höflich sein. Er nannte sein Geburtsdatum, so wie es ihm seine Mutter gesagt hatte. Ob es stimmte, hatte bisher noch niemand nachgeprüft – es wäre auch unmöglich gewesen.
    »Krankheiten?«
    »Ich war immer ein gesunder Mensch. Dreck ist wie eine zweite, schützende Haut. Deshalb bin ich ja gekommen.«
    »Warten.« Das Mädchen nahm einen Telefonhörer ab, sprach ein paar Worte in einem südindischen Dialekt, den Tawan nicht verstand, und zeigte dann auf eine Tür links von ihm. »Hineingehen!«
    Tawan nickte, drückte die Klinke nieder und betrat ein größeres Zimmer. Es war zwar spärlich möbliert, aber Tawan kam es vor, als betrete er einen Palast.
    Hinter einem Schreibtisch saß ein dicker Mann mit stechendem Blick und musterte ihn einen Weile wortlos. Dann sagte er mit einer heiseren Stimme, die gar nicht zu seinem massigen Körper paßte: »Ich bin Chandra Kashi. Wer hat dir von mir erzählt?«
    »Ein ehemaliger Freund, Sahib.« Tawan verengte die Augen zu Schlitzen, um sich konzentrierter zu erinnern. »Er wohnte zwei Straßen weiter von mir, unter einem Dach an der Wand einer Zigarrenfabrik. Und plötzlich war er weg, einfach verschwunden, und eine Familie mit drei Kindern zog unter das Dach. Ein Jahr später hält vor meiner Wohnung ein Auto, und wer sitzt drin? Mein Freund! In einem eigenen Auto. In einem richtigen Anzug. Mit Hemd und Krawatte und blauen Schuhen. ›Wen hast du

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