Der verkaufte Tod
federleicht. Sie müssen schon an sich hinunterblicken, um zu begreifen, daß Sie einen Anzug tragen. Sie spüren nichts, hahaha.«
»Ich nehme ihn. Und diesen hellblauen und einen Smoking auch.«
»Einen Smoking?«
»Ich wiederhole meine Bestellung nicht. Wann können die Anzüge fertig sein?«
»Mit einer Anprobe –«
»Ich brauche keine Anprobe. Die Schneider bekommen meine Maße, das genügt doch! Entweder sind es gute Schneider, dann sitzt der Anzug, oder es sind schlechte Schneider, dann können Sie aus Ihren Exklusivstoffen Putzlappen machen!«
»Ohne Anprobe in drei Wochen.« Der Geschäftsführer zuckte zusammen und wollte schon die Arme heben, als Tawan zu ihm herumfuhr. Jetzt schießt der Gangster, dachte der Geschäftsführer, aber Tawan sagte nur mit erhobener Stimme: »Wiederholen Sie das!«
»Wir haben die besten Schneider, Sir. Sie brauchen Zeit. Die schnellen Schneider, die in vierundzwanzig Stunden einen Anzug liefern, haben nicht unsere Qualitätsmaßstäbe.«
»Ich warte zwei Wochen.«
»Wir werden unser Möglichstes versuchen, Sir, nur – der Smoking braucht Zeit. Für uns ist ein Smoking kein Kleidungsstück, sondern ein Kunstwerk. Wie der Frack. Wir schneidern ihn nicht, wir modellieren ihn. Für den Smoking brauchen wir zwei Anproben, Sir. Er ist absolute Maßarbeit.«
Ohne einen solchen Smoking wurde man wohl nicht in jene Kreise eingeladen, in denen Tawan eines seiner Ziele sah. Er wußte freilich nicht, daß zu diesen Kontakten mehr gehörte als ein gut sitzender Smoking und ein pralles Bankkonto. Ohne Empfehlung blieben diese Türen zu.
Tawan zog seine Jacke aus, die er sich schnell gekauft hatte, weil er den Seidenanzug in die Reinigung gebracht hatte, und ließ einen der Schneider Maß nehmen.
Der Geschäftsführer, der um ihn herumwieselte, überschüttete ihn mit Komplimenten. »Sie haben ideale Maße, Sir!« rief er entzückt, als sei Tawan ein Dressman. »Die richtigen Proportionen. Schultern, Brustumfang, Hüften, Beinlänge, vollkommener kann es gar nicht sein! Sie haben sicherlich viel Sport getrieben.«
»Ich tue das jetzt noch. Schwimmen, Golf, Krafttraining.«
»Man sieht es, Sir.«
Du Rindvieh, dachte Tawan und zog seine Jacke wieder an. Du hast noch nie Kisten und Säcke geschleppt, vom Schiff an Land und umgekehrt. Da bekommt man Muskeln, auch wenn man den Tag über hungern muß. Er blickte auf seine Uhr; sie sah wertvoll aus, war aber nur eine Kopie einer Rolex mit einem schwach vergoldeten Messinggehäuse. Jetzt mußte er sich beeilen. In einer halben Stunde landete eine Maschine aus San Francisco, die in Manila neu aufgetankt worden war. Sie brachte reiche Amerikaner nach Kalkutta, zu denen Tawan ›Geschäftsverbindungen‹, wie er es nannte, knüpfen wollte. »Wann ist die erste Anprobe?« fragte er.
»In acht Tagen, Sir.«
»In sechs Tagen! Auf Wiedersehen.« Tawan verließ das Geschäft.
Der Geschäftsführer sah ihm seufzend nach. »Manieren sind das«, sagte er und hieb mit der Faust auf einen Stoff-Coupon, den Tawan ausgesucht hatte. »Ein typischer Emporkömmling, der jetzt den feinen Herrn spielen will! Aber ein guter Kunde, vielleicht sogar ein werdender Stammkunde – das allein ist wichtig.«
Tawan fuhr zum Flughafen, sah auf der Anzeigentafel, daß das Flugzeug aus Manila noch nicht gelandet war, und stellte sich wie immer in die Reihe der Wartenden. Sein suchender Blick tastete jeden ab; diesmal war keiner darunter, der seine Geldbörse offen in der Hosentasche trug.
Warten wir auf die Ankommenden, dachte Tawan. Es ist zwar ein größeres Risiko, aber es darf auch kein Tag werden, an dem ich versage und mit leeren Händen wieder fortgehe. Um eine mögliche Flucht zu sichern, ging er noch zu den wartenden Taxis hinaus, reichte einem Fahrer fünfzig Rupien und sagte: »Mein Bruder, warte hier mit laufendem Motor auf mich. Es kann sein, daß du sofort starten mußt. Es kommt dann auf Sekunden an.«
Ehe der Taxifahrer etwas fragen konnte, war Tawan schon wieder auf dem Rückweg zur Ankunftshalle. Das Flugzeug war gerade gelandet; bis jeder Passagier seine Koffer hatte und durch den Zoll gegangen war, vergingen noch zwanzig Minuten. Tawan mischte sich unter die Wartenden und hoffte, auch diesmal ein Opfer zu finden.
Die ersten Fluggäste erschienen am Zollschalter. Es waren Inder und Filipinos, nur mit Handgepäck und für Tawan uninteressant. Die reichen Amerikaner standen noch am Kofferband und warteten auf ihr Gepäck.
Aber dann, als
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