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Der verkaufte Tod

Der verkaufte Tod

Titel: Der verkaufte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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er. »Gelobt sei Shiva! Wieviel?«
    »Ich kann's nicht zählen, Bruder.«
    »Aber ich.« Das Taxi hielt an einem kleinen Platz. Der Fahrer beugte sich über seine Sitzlehne und zählte mit, während Tawan die Scheine auf seinen Schoß fallen ließ.
    »Genau zweitausend Dollar«, sagte der Fahrer. Seine Stimme zitterte etwas. »Gratuliere, Bruder. Davon gehören mir zweihundert, zehn Prozent. Das ist ein Sonderpreis.« Er griff zu, nahm sich zwei Hundert-Dollar-Scheine von dem Haufen und steckte sie in seine Brusttasche.
    Tawan wehrte sich nicht, er sah, es blieb genug für ihn übrig. »Wieviel habe ich noch?« fragte er.
    »Achtzehnhundert Dollar!« Der Fahrer sah Tawan ungläubig an. »Kannst du nicht lesen und rechnen?«
    »Nein. Auch nicht schreiben.« Tawan steckte die Dollarbündel wieder in seinen Rock. »Aber ich werde es jetzt lernen.«
    »Zu spät, Bruder.«
    »Es ist nie zu spät.«
    »Dich nimmt keine Schule mehr auf.«
    »Ich werde mir einen eigenen Lehrer suchen. Vielleicht gehe ich zu den Christen, zu den Gelehrten in einer Mission, und lasse mir alles beibringen, was ich brauche.«
    »Du willst zu den Christen gehen?«
    »Nur um zu lernen, nicht, um ihren Glauben anzunehmen.«
    »Das werden sie miteinander verbinden. Sie sagen dir's nicht, aber ehe du dich zehnmal umdrehst, bis du schon ein Christ. Das sind zähe Burschen, Bruder.«
    »Um etwas zu lernen, werde ich sogar mit ihnen zu ihrem Gott beten«, sagte Tawan. »Shiva wird es mir nicht übelnehmen, er weiß, daß ich nur ihn verehre und alles andere nur ein Spiel ist.« Er tippte dem Fahrer gegen die gekräuselte Stirn. »Fahr los, zur Punjab National Bank!«
    Vor der Bank stieg Tawan aus, gab dem Taxifahrer hundert Rupien und zeigte auf das Holzdach an der Bankwand. »Da habe ich gewohnt, Bruder«, sagte er. Stolz klang in seiner Stimme. »Sechs Jahre lang.«
    »Unter dem Dach?«
    »Ja. Es war ein guter Platz. Gemütlich, warm und die richtigen Leute auf der Straße.«
    »Und jetzt bist du reich? Warum hast du vor sechs Jahren nicht schon geklaut?«
    »Ich weiß nicht. Vielleicht, weil ich kein Ziel hatte und kein Anfangskapital.«
    »Jetzt hast du beides?«
    »Ja. Es ist etwas eingetreten, das mein ganzes Leben verändert. Was, das geht dich nichts an.«
    »Ich will's auch gar nicht wissen.« Der Taxifahrer hielt Tawans Hand fest, als dieser aussteigen wollte. »Können wir nicht ein Team werden?«
    »Was soll ich darunter verstehen?«
    »Du bist jeden Tag am Flughafen?«
    »Fast jeden Tag.«
    »Ein Vorschlag: Du bist jeden Tag da, und ich warte wie heute mit laufendem Motor vor der Halle und bringe dich in Sicherheit. Als Partner bekomme ich dann aber zwanzig Prozent.«
    »Ein guter Vorschlag, Bruder. Aber zwanzig Prozent?«
    »Ich habe auch ein Risiko. Ein Polizeiauto könnte uns einholen.«
    »Dich einholen? Wer kann das?«
    »Die Polizei hat tolle Fahrer und dazu Rotlicht und Sirenen, die alle Straßen freimachen. Dir bleiben achtzig Prozent, das ist eine Menge. Denk darüber nach. Ich heiße Subhash.«
    »Tawan. Warum soll ich denken? Deine Idee ist sehr gut.«
    »Wir arbeiten zusammen, Tawan?«
    »Ja.«
    »Gib mir die Hand, Bruder.«
    Sie drückten sich die Hand, und das war nicht nur ein Vertrag, es war auch ein Schwur. Wer ihn brach, konnte mit dem Leben abschließen.
    »Morgen um zehn«, sagte Tawan. »Da kommt ein Flieger aus Thailand.«
    »Ich werde am Flughafen stehen.« Subhash gab Gas, winkte Tawan noch einmal zu und verschwand im Gewimmel der Straße.
    Nun habe ich sogar einen Partner, dachte Tawan, während er die Bank betrat und der livrierte Portier die Tür für ihn aufhielt. Das Geschäft entwickelt sich. Ich glaube, ich werde keinen Laden mit Stoffen aufmachen. Ich werde ein feiner Herr mit flinken Fingern sein.
    Der Schalterbeamte freute sich, Tawan zu sehen. Er hatte sich schon daran gewöhnt und hätte die Uhr danach stellen können: Jeden Tag zwischen 11 und 12 Uhr kam Mr. Alipur in die Bank und zahlte Geld ein, meistens Dollars, aber auch englische Pfunde oder australische Dollar, seltener deutsche Mark oder Schweizer Franken. Warum Mr. Alipur fast jeden Tag kleinere oder größere Beträge in Devisen brachte, woher er sie hatte und welche Geschäfte er betrieb, das interessierte den Beamten nicht. Wer in Kalkutta Geld auf eine Bank trägt, ist immer willkommen, und auf Fragen bekommt man ja doch nur eine Lüge als Antwort. Außerdem: Fragen sind der Feind aller Zusammenarbeit. Man kann sich Gedanken machen, darf sie

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