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Der verlorene Sohn von Tibet

Der verlorene Sohn von Tibet

Titel: Der verlorene Sohn von Tibet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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amban das zerrissene thangka mitgenommen hat. Dann reden wir über Seattle.«
    Yao starrte sie wütend an. »Corbett spricht nicht in meinem Namen. Ich treffe mit Kriminellen keinerlei Vereinbarungen.«
    Punji zuckte mit übertriebener Geste die Achseln. »Ich habe auf chinesischem Hoheitsgebiet keine Straftaten begangen.«
    »Jeder Ausländer darf sich nur mit Genehmigung der Behörden hier aufhalten. Wir können Sie schon wegen Ihres Umgangs mit Straftätern abschieben und nie wieder ins Land lassen.«
    »Sie wollen die britische Mitarbeiterin eines Hilfsfonds ausweisen? Stellen Sie sich vor, was für einen diplomatischen Aufruhr das verursachen würde.«
    »Niemand soll zu Schaden kommen«, sagte Shan. »Wenn wir fertig sind, trennen sich unsere Wege.«
    »Abgesehen von diesem Kerl namens Lu«, wandte Yao ein. »Den nehmen wir mit nach Lhadrung.«
    McDowell warf ihm einen erschrockenen Blick zu. »Sie kennen diesen Mann nicht. Passen Sie lieber auf, was Sie sich wünschen.«
    »Er war derjenige, der das Wandgemälde des Kaisers gestohlen hat«, verkündete Yao. »Die Ausrüstung, die wir gefunden haben, die Handschuhe und die Werkzeuge – die waren zu klein für diesen Khan. Lu muß es gewesen sein. Er hat das Fresko hier entwendet, genau wie zuvor Qian Longs Gemälde in Peking. Ich will ihn haben. Mischen Sie sich nicht ein, falls Sie China je wieder verlassen wollen.«
    »Eben wollten Sie mich noch abschieben, und jetzt wollen Sie mich nicht gehen lassen. Entscheiden Sie sich!«
    »Geben Sie alles zu Protokoll, was Sie wissen. Dank Ihrer Aussage dürfte Lu mit zwanzig oder dreißig Jahren Zwangsarbeit zu rechnen haben. Das wird seine Zunge lockern, und ich erfahre, was ich sonst noch benötige.«
    »Lodi ist tot«, rief Shan ihr ins Gedächtnis. »Es wird nie wieder so sein wie früher.«
    »Ich verrate niemanden. Er erledigt bloß einen Auftrag. Wieso sollte ich sein Leben ruinieren?«
    »Damit wir Ming überführen können. Er hat das Vertrauen des gesamten chinesischen Volkes mißbraucht.«
    »Falls Sie uns nicht helfen, wird das den Leuten von Bumpari schaden«, fügte Yao hinzu und schaute entschuldigend zu Shan. »Ihren eigenen Angehörigen.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Falls wir keine Verbindung zwischen Ming und dem gestohlenen Fresko herstellen können, werden wir versuchen müssen, ihm den Austausch der Exponate nachzuweisen. Da die Kopien aus dem Dorf stammen, werden wir dort entsprechendeBeweise sichern«, sagte Yao. »Lodis Geschäftsunterlagen haben wir bereits.«
    Punjis Miene verhärtete sich. »Um so mehr ein Grund, nicht mit Ihnen zusammenzuarbeiten.«
    »Stellen Sie eine Bedingung«, drängte Shan. »Der Inspektor könnte versprechen, Bumpari nicht zu erwähnen.«
    »Ich habe mit keiner Silbe …«, wollte Yao protestieren.
    Shan schnitt ihm mit erhobener Hand das Wort ab. »Falls alle ein wenig kompromißbereit sind, kann Bumpari geschützt werden. Lodi hätte es so gewollt. Bruder Bertram sicher auch. Und die Lamas. Das ist mein Preis für die Hilfe.« Er sah Yao an. »Ermittlungen gegen einen Mann wie Ming enden immer mit einem Kompromiß«, sagte er herausfordernd.
    Der Inspektor runzelte die Stirn, erwiderte aber nichts.
    Punji nagte an ihrer Unterlippe, betrachtete das Abbild des Heiligen und nickte langsam. »Wir müssen immer noch die alten Aufzeichnungen finden. Und ohne mich kommen Sie hier niemals heil raus.«
    McDowell gab ihnen die Taschenlampen zurück. Dann fingen sie an, jeden Zentimeter der Wände zu begutachten, die kleineren Figuren der Gemälde, die Inschriften, die Farbmuster. Corbett deutete auf die Oberkante der Wand, wo vor buntem Hintergrund kleine heilige Symbole aufgemalt waren.
    »Weiß, blau, gelb, grün, rot, schwarz«, sagte der Amerikaner. »Dann geht es wieder von vorn los.«
    Lokesh zuckte die Achseln. »Die Ursilben«, sagte er, als sei das ganz selbstverständlich.
    »Jede dieser Silben wird mit einer Farbe assoziiert«, erklärte Shan. »Weiß steht für om , blau für ma , gelb für ni , grün für pad , rot für me , schwarz für hum .«
    » Om mani padme hum «, sagte McDowell. »Das mani -Mantra. Der Fromme muß immer wieder den Mitfühlenden Buddha anrufen, um den richtigen Weg zu finden.«
    Corbett trat vor und studierte die Farben der Wandgemälde. Dann wies er auf die Quadrate rund um das Bild des Atisha. »Es gibt nur ein weißes und ein blaues«, sagte er. Sie lagen neben der Schulter und neben der gesenkten linken Hand desHeiligen. Corbett

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