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Der verlorene Sohn von Tibet

Der verlorene Sohn von Tibet

Titel: Der verlorene Sohn von Tibet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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hoffnungsvoll. »Sie weiß genau, was in Seattle passiert ist, und sie wird es mir erzählen.«
    »Das können Sie doch gar nicht wissen«, warf Yao ein und trank noch einen Schluck.
    »Doch. Ich habe es in ihren Augen gesehen.«
    »Demnach glauben Sie also nicht mehr, daß McDowell etwas mit dem Tod des Mädchens zu tun hatte«, sagte Shan.
    Corbett runzelte die Stirn, nickte aber. »Ich brauche sie nicht zu verhaften oder einen Auslieferungsantrag zu stellen. Und sie erhält auch kein Einreiseverbot für die Vereinigten Staaten.«
    Yao grinste. Auch er schien einen Erfolg zu wittern. »Fühlen Sie sich etwa zu ihr hingezogen, Agent Corbett?« fragte er ausgelassen.
    Der Amerikaner wurde rot. »Na klar«, erwiderte er. »Die internationale Kunstschmugglerin und der Ermittlungsbeamte. Ein größerer Gegensatz läßt sich kaum denken.«
    »Ich glaube …«, meldete sich hinter ihnen eine krächzende Stimme zu Wort. Sie drehten sich um und sahen, daß Lokesh soeben Liya auf die Beine half. »Ich glaube, sie ist in gewisser Weise wunderschön«, sagte der alte Tibeter, als habe er die Frau bisher nicht richtig wahrgenommen.
    Corbett sah Lokesh so inständig an, als habe er die Dringlichkeit ihrer Flucht vollkommen vergessen. Die anderen verschwanden bereits in den Schatten. Shan zog den Amerikaner zu dem Pfad, der zum alten Steinturm und in das dahinter gelegene Tal führte. Doch schon im nächsten Moment kamen erst Liya und dann auch Yao und Dawa zwischen zwei bröckelnden Mauern wieder zum Vorschein. Sie gingen rückwärts. Khan, der große Mongole, scheuchte sie mit lässiger Geste vor sich her. In der anderen Hand hielt er ein automatisches Gewehr. Er wirkte leicht belustigt, als er sie vor der Mauer des Torhofs Platz nehmen ließ. In zwölf Metern Entfernung gähnte der Abgrund.
    Wenig später kamen Lu und Ko. Shan registrierte aus dem Augenwinkel eine Bewegung und wandte den Kopf. Punji, nebender ihr Rucksack stand, kniete bei Dawa und wischte ihr das schmutzige Gesicht mit einem roten Tuch ab.
    »Was für ein Anblick«, seufzte die Britin. »Du siehst ja wie ein Maulwurf aus.«
    Als sie mit dem Resultat ihrer Bemühungen zufrieden war, stand sie auf, stemmte die Hände in die Seiten und fing an, vor ihnen hin und her zu laufen. Khan wischte sein Gewehr unterdessen mit einem öligen Lappen ab.
    McDowell schaute abermals zu Dawa. »Kinder haben hier eigentlich nichts verloren. Und Amerikaner auch nicht«, sagte sie verärgert mit Blick auf Corbett. Khan zog etwas aus der Tasche und zeigte es Lu, dessen Augen aufgeregt funkelten. Es war der kleine goldene Buddha, den Ko aus dem Tempel gestohlen hatte. Auch Lu konnte eine Trophäe vorweisen: eine zierliche Statue, die über und über mit Edelsteinen besetzt war.
    »Es wird nun folgendes passieren«, erklärte Punji. »Wir haben gefunden, was wir gesucht haben, und werden uns auf den Weg machen. Allerdings benötigen wir einen gewissen Vorsprung.« Lu warf seine kleine Figur mit verzücktem Lächeln fortwährend von einer Hand in die andere und schlenderte hinter die Mauer. »Daher werden wir Sie fesseln und in einen der unterirdischen Lagerräume einsperren. Decken und etwas Proviant lassen wir Ihnen da. In ein oder zwei Tagen schicke ich jemanden, der Sie befreien wird.«
    Shan hörte hinter der Wand eine neue Stimme. Der Wind übertönte den genauen Wortlaut, aber der Unbekannte sprach in sehr nachdrücklichem Tonfall.
    »Meine Kollegen und ich ziehen nach Norden, und Sie kehren nach Hause zurück. Wir können alle darüber lachen, was für lustige Streiche die alten Mönche uns gespielt haben.« McDowell sah wieder Corbett an. »Ich möchte, daß Sie eines wissen. Ein Drittel meines Anteils geht an den Hilfsfonds. An die Kinder.«
    »Helfen Sie uns«, entgegnete der Amerikaner. »Ihr Onkel, der Major, würde es tun.«
    Ko ging zu einem der Armeerucksäcke und nahm sich eine Tüte Rosinen.
    Punji lächelte. »Wegen ihm sind wir hier. Schauen Sie doch nur, was er uns alles gegeben hat.«
    »Was er Ihnen gegeben hat, war Zhoka«, sagte Shan zu der Britin. »Es war Tibet. Angefangen hat er als Soldat, als ein Glücksritter, ähnlich wie Sie. Aber aufgehört hat er als Mönch.« Shan zog das zusammengerollte peche -Blatt aus der Tasche und gab es Punji zu lesen. Götter werden durch den Tod erneuert . Sie dachte eine Weile über die Worte nach, drehte das Blatt um, kippte es nach vorn und dann zur Seite, als könne sie es nicht genau erkennen.
    Schließlich seufzte

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