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Der verlorene Sohn von Tibet

Der verlorene Sohn von Tibet

Titel: Der verlorene Sohn von Tibet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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grausamen Gesicht, hielt einen Hammer wie eine Waffe in der Hand, und Ko, der mit einem Stab ausgestattet war, grinste überheblich.
    »Sie wollte weglaufen«, sagte Lu. »Aber unser neuer Freund hat sie aufgehalten. Er ist ganz schön flink mit diesem Stock. Ich wußte gar nicht, daß er ein geflohener Häftling ist.« Hinter ihm tauchte Dawa auf. Ihr liefen Tränen über das Gesicht. Lu stieß sie ins Zimmer, und sie flüchtete sich in Liyas Arme.
    Shan erwiderte den kühlen Blick seines Sohnes und spürte, wie ein merkwürdiges Gefühl in ihm aufbrandete, eine ungewohnte Hitzewallung. Wut.
    Ko zog etwas aus der Hosentasche und streckte es wie selbstverständlich Punji entgegen. Es war eine kleine goldene Statue.
    Die Britin schulterte zögernd ihren Rucksack und lächelte matt. Nach einem kurzen Blick zu Shan nahm sie die Figur und drückte Ko die Hand. Der Junge schien angenehm überrascht zu sein. Seine höhnische Miene wich vorübergehend einem verlegenen Lächeln. Dann bedeutete er Liya und Dawa, sie sollten aufstehen.
    »Das ist nicht sehr höflich, Junge«, sagte Corbett auf englisch, als Ko ihm mit dem Stab drohte. »Schlechter Umgang führt zu schlechten Manieren.« Er warf Shan einen entschuldigenden Blick zu, senkte die Taschenlampe und schaltete sie aus. Yao tat es ihm sofort gleich und löschte außerdem die Kerzen. Während Lu sie noch mißtrauisch beäugte, schaltete auch Shan seine Lampe aus, so daß nur noch Lus und Punjis Leuchten den Raum erhellten.
    Mit einem Mal entriß Yao dem Chinesen die Lampe und warf sie gegen die Wand, so daß sie aufflackerte und erlosch. Corbett packte Kos Stab und schlug ihn damit zu Boden. Liya nahm Dawa beim Arm und rannte zur Tür hinaus. Shan eilte zu Punji und griff nach der Taschenlampe in ihrer Hand. McDowell schaute zu Lu, der mit den Fäusten nach Yaos Kinn schlug, ohne ihn zu treffen. Dann ließ sie die Leuchte los.
    Shan reichte die Lampe an Corbett weiter, während er und Yao bereits nach den Rucksäcken griffen. Der Amerikaner nickte Punji zu und verschwand nach draußen, unmittelbar gefolgt von Lokesh und Yao. Shan verharrte kurz, sah seinen Sohn an und öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber er fand keine Worte. Corbett zog ihn hinaus auf den Korridor.
    Auf der ersten Ebene liefen sie in die Kapelle, die Punji ihnen beschrieben hatte, und hinter dem Altar lag unter einer Filzdecke, die im Schatten nicht zu erkennen war, tatsächlich ein Tunnel verborgen. Der zwei Meter lange Schacht endete auf einem offenen Sims, wo sie sich im Schein ihrer Lampen einen schnellen Überblick verschafften. Sie sahen reihenweise alte Vorratskörbe aus Weidengeflecht, aufgestapelte Decken, auf denen teilweise Felssplitter lagen, dicke Seilrollen aus Yakhaar und dazu ein Dutzend hölzerner Flaschenzüge in passender Größe. An einer Felssäule war eine neue Nylonstrickleiter befestigt. Yao warf sie über die Kante und stieg sofort nach unten. Nach ihm kam Liya, dann die anderen. Shan hielt verwirrt inne. Er wußte nun, wo sie sich befanden, nämlich über der Kammer, aus der man das Fresko gestohlen hatte, dem Raum, in dem Lodi gestorben war. Shan ging auf dem Sims zum ersten der Körbe. Er war mit alter, verstaubter Gerste gefüllt. Daneben lagen mehrere Hämmer sowie einige Meißel, die teils einen halben Meter lang waren. Im Hintergrund erstreckte sich eine knapp einen Meter hohe und rund fünfzehn Meter breite Rinne in der Wand, eine Aussparung, die sich perfekt zur Unterbringung der Vorratskörbe geeignet hätte. Doch sie war leer. Shan musterte sie fragend. Dann hörte er ein seltsames Rascheln und sah, wie ein loses peche -Blatt aus dem Tunnel flog und nach unten schwebte. Der Luftzug hatte es vom Altar gerissen. Auf diese Weise war auch Bruder Bertrams Text in die tieferen Gewölbe gelangt, begriff Shan.
    Corbett rief, er solle schleunigst zu ihnen herabklettern. Shan musterte einen braunen Fleck am Boden und stieg nach unten. Dabei fielen ihm zwei rechteckige Löcher im Stein auf. Es waren die Halterungen einer Leiter, die an der Wand zum Vorratssims befestigt gewesen war. Ihm fiel der lange Holzsplitter wieder ein, den er auf dem Weg zum Wasserlauf gefunden hatte. Dann rief der Amerikaner erneut, und Shan beeilte sich.
    Erst auf dem Torhof legten sie eine kurze Pause ein und rangen nach Luft. Yao holte die letzte Wasserflasche hervor, und Lokesh ließ sich vor der Mauer nieder und nahm Dawa in den Arm.
    »Punji wird alles aufklären«, sagte Corbett

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