Der verlorene Troll
verstärkte den Druck auf seine Beine und presste ihm die Arme noch fester zusammen. Um den Hals des Mannes hing ein Messer, Made nahm es. »Wenn du sprechen, ich dich töten.«
Der Mann nickte, und Made nahm die Finger von seinem Mund. Der Mann holte tief Luft und flüsterte dann: »Ich kann mich nicht ausziehen, wenn du mich festhältst.«
Made rutschte zur Seite, das Messer weiter an den Hals des Gefangenen gedrückt.
Im Liegen stieß der Mann die Decke beiseite und zog sich fluchend die Hosen hinunter.
»Zieh dein Hemd aus«, sagte Made.
»Aber es ist kalt!«
Made bohrte ihm die Messerspitze noch fester ins Fleisch.
Der Mann zog sich das Hemd über den Kopf. »Ja, ja, aber bitte zwickt mich nicht. Das Zwicken mag ich nicht.«
Das Messer des Mannes steckte bereits an Mades Gürtel. Nun raffte er noch Hemd, Hose und Decke zusammen. Er wusste zwar nicht genau, was zwicken bedeutete, packte aber einfach mit Daumen und Zeigefinger die Haut des anderen und drückte hart zu.
Das Protestgeschrei übertönte Mades Flucht durch die Bäume, weg vom Lager.
Frost lag wieder auf den Grashalmen, als er spät am nächsten Morgen zu ihrem Unterschlupf zurückkam. Vor der Hütte stand Bran unter einem wolkenverhangenen Himmel und stemmte ein dickes Holzscheit mit den Armen in die Höhe.
Made trat auf die Lichtung vor ihrer Behausung und rief: »Bran, mein Freund. Ich kann Stamm tragen dich.«
Bran erschrak und ließ das Holz zu Boden poltern. »Claye! Es heißt: Ich kann den Stamm für dich tragen.« Mit hängendem Kopf sah er Made an. »Ich habe nur geprüft, wie kräftig ich bin.«
»Ich habe viele, viele Männer gesehen, auf dem Weg zu Custalos Dorf.« Made hielt seinem Freund das Bündel hin. »Hier sind die Kleider, die du brauchst.«
»Ah«, sagte Bran, nahm sie und hielt sie in die Höhe. Er lachte. »Die werden schon passen. Ich hätte dir noch sagen sollen, dass ich auch neue Stiefel brauche und ein Reittier… «
»Stiefel?«
»Stiefel, für meine Füße.«
»Ich werde gehen, dir Stiefel finden«, sagte Made. »Ich muss ein bisschen schlafen, und dann ich… «
Bran lachte und wurde dann ernst. »Danke, dass du zurückgekommen bist. Ich habe das nicht erwartet.«
»Ich habe nicht gedacht, nach Stiefeln suchen.«
»Schon gut, mein Freund. Kein Mann kann in den Schuhen eines anderen laufen. Ich bin mein ganzes Leben ohne Stiefel gelaufen, bis ich Soldat wurde, und selbst dann musste ich noch einige Zeit barfuß gehen, bis man mich zum Ritter schlug. Meine Füße sind gut genug verheilt. Der Schuster soll mir neue Stiefel machen, wenn wir in die Stadt zurückkehren.« Er warf das Fellgewand zu Boden, das er für sich gefertigt hatte, und schlüpfte in die Kleider, die Made ihm gebracht hatte. »Dafür stehe ich wieder einmal tief in deiner Schuld. Selbst einfache Kleider geben mir das Gefühl zurück, ein Mann zu sein, kein Tier. Obwohl du auch ohne sie großen Eindruck auf Lady Eleuate gemacht hast.«
»Eindruck?«, fragte Made.
»Ich habe dir noch nicht die ganze Geschichte von Portia erzählt«, sagte Bran. Dann seufzte er. »Nachdem du ihr das Löwenfell gebracht hattest, wollte sie nach dir suchen. Sie sagte allen, endlich hätte sie einen Mann gesehen, der ihrer würdig sein könnte.«
Ein leises Knurren drang aus Mades Hals.
»Das erzürnte Acrysy und auch ihren Vater, Eleuate, den Witwengemahl. Sie erklärten die Jagd für beendet und flüchteten vor dem Regen. Aber Portia nahm mir das Versprechen ab, sie später noch einmal zurück ins Tal zu führen, damit sie nach dir suchen könnte.«
»Und hast du getan?«, wollte Made wissen. Alle Müdigkeit war von ihm gewichen. Dann, als ihm einfiel, warum Bran möglicherweise so zögerte, ihn zu Portia zu bringen, bekam er weiche Knie und schlug die Hände gegen den Kopf. »Du hast es getan! Und sie war bei dir, als Sinnglas’ Krieger… «
»Nein«, sagte Bran.
»Nein?«
»Nein, das ist die Wahrheit. Ich sage es dreimal.«
Made sank auf die Knie und schlug eine Hand vors Gesicht. »Was… ?«
Bran hockte sich neben ihn in das hohe, nasse Gras und die welken Blätter. »Nach der Frühlingsjagd fiel ich in Ungnade. Und dann nahm ich auch noch einen Teil der Schuld für unsere Verluste gegen Squandral im Gefecht unter den Pappeln auf mich und wurde degradiert.«
»Aber Portia?«
»Ich hatte nie Gelegenheit, mein Versprechen einzulösen.
Nachdem ich in Ungnade gefallen war, sorgten meine Feinde - oder vielmehr, mein Feind, denn es ist Acrysy -
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