Der verlorene Troll
verschwunden und die Totengaben überall verstreut. Nur die drei fleckigen Pfähle steckten noch im Boden. Bran achtete nicht auf sie und deutete auf das Haus jenseits des Flusses. »Am besten gehen wir zu Banya.«
»Der Mann, der dort lebte, ist tot«, erklärte Made.
»Woher weißt du das?«
»Ich sah, wie es passierte. Die gleichen Männer, die dir das getan haben.«
»Ah.« Bran murmelte dies in der gleichen Weise wie Sinnglas »Hm« machte, so als wäre damit alles erklärt. Er führte Made zur Brücke und blieb mitten auf ihr stehen. Unter dem dunklen, brodelnden Himmel war das Wasser klar wie Eis. Der kleine Uralte zappelte inmitten der Knochen, während einige noch kleinere suchend zwischen den Steinen umherglitten. Bran schüttelte den Kopf. »Die Dämonen sind rastlos, weil noch kein neuer Zauberer für sie berufen wurde.«
»Dämonen?«, fragte Made.
Bran deutete in Richtung des Wassers.
»Das Uralte Volk, Dämonen«, sagte Made. »Dämonen sind immer rastlos, solange sie nicht gegessen haben.«
»Wir werden heute Nacht hier bleiben«, bestimmte Bran und überquerte die Brücke. »Aber oben auf der Böschung, möglichst weit weg vom Ufer.«
*
Bran wollte nicht im Haus des toten Zauberers schlafen. Auf Mades Frage nach dem Grund dafür, erwiderte er nur, dass es nun Bwnte gehöre. Made verstand nicht, was daran anders sein sollte als an dem Unterschlupf, in dem sie gehaust hatten - schließlich war dort ebenfalls jemand gestorben. Aber Bran wurde einsilbig und gab keine weiteren Erklärungen.
Sie legten sich im Schutz der Hauswand nieder. Die Katzen kletterten in Scharen auf ihnen herum, miauten und strichen mit kalten Nasen über ihre nackte Haut. Beide Männer warfen sich unruhig hin und her und fanden keine Ruhe.
Vor Mitternacht platschten die ersten Tropfen vom Himmel und scheuchten die Katzen ins Haus, während die beiden Männer unter einem Giebel Schutz suchten.
Bran legte schützend die Hand an die Augen und schaute zum Himmel. »Es gibt nur zwei Zeitpunkte, um eine Reise im Regen anzutreten: zu früh oder zu spät.«
»Und welcher ist nun?«, fragte Made.
»Weiß ich noch nicht. Aber wir sollten aufbrechen und laufen, so weit wir können.«
»Als ich ein Kind, haben wir in einem solchen Regen immer gespielt.«
»Wir auch, mein Bruder und ich«, erzählte Bran und lächelte plötzlich. Er erhob sich und bedeutete Made, ihm zu folgen. »Je früher wir die Stadt erreichen, desto besser. Von diesen Weiden aus führt ein alter Schäferpfad hinab ins tiefere Tal. Er bietet selbst bei Nässe sicheren Tritt.«
Made trat auf den Steig, der sie flussaufwärts führen würde, hinauf zu dem riesigen Steinhaus, wo er Portia zuletzt gesehen hatte. Bran hielt ihn auf.
»Portia, sie ist da lang«, sagte Made.
»Nein, ehe wir Portia aufsuchen, müssen wir zuerst diesen Weg einschlagen.«
Made widersprach nicht. Bran führte sie auf einen Pfad unter Bäumen, der einen Bergkamm entlangführte. Der Wind blies nicht gleichmäßig, sondern ließ hier und da seine Faust mit voller Wucht herabdonnern und wehte die Männer immer wieder fast um. Benommene Vögel kauerten schutzsuchend auf den untersten Ästen, dicht über dem Boden, tropfnass, regungslos. Obwohl Made dicht an ihnen vorbeistrich, konnte er eine Taube nicht von einem Finken unterscheiden, eine Ammer nicht von einem Sperling, außer an der Größe.
In dieser Nacht rasteten sie unter einem Felsvorsprung, den die Schäfer, von denen Bran erzählte, gerne aufsuchten. Es gelang ihm nicht, in der rußigen Steingrube ein Feuer zu entzünden, aber Made spürte die Kälte nicht. Endlich ließ der Regen nach.
»Das ist nicht gut«, meinte Bran. »Die Frühjahrsflut hat bereits die Frühlingssaat vernichtet. Zwar wird der Frost das Tal noch nicht erreicht haben, aber dieser Sturm könnte die Bauern daran hindern, die Ernte einzubringen.«
»Warum geschieht so etwas?«, fragte Made.
»In manchen Jahren ist das eben so. Dafür wuchert in anderen Jahren das Getreide überall üppig und golden auf den Feldern. Man kann das Gute nicht ohne das Schlechte haben.«
*
Am nächsten Morgen schien die Sonne schwach durch die Wolken, wie ein Stück glühende Kohle, das in einem gelöschten Feuer überlebt hatte. Es schien, als würde sie jeden Moment aufflackern.
Nach ihrem Aufbruch setzte ein kalter Nieselregen ein, und das schwache Glühen der Sonne verlosch hinter grauen Wolken. Immer wieder verwandelte sich das Nieseln in Schneeregen. In den
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