Der verlorene Troll
Xaragittes Gesicht. Diese Ähnlichkeit zählte zu den wichtigsten Gründen, warum sie zur Amme erwählt worden war. Yvons Unbehagen über dieses zufällige Zusammentreffen wuchs immer mehr. Drei Götter, die sie beobachteten.
»Habt Ihr schon einmal ein Mammut gesehen?«, fragte Sebius.
»Ja, einige Male«, erwiderte Yvon und verschwieg, dass er die Ungetüme hasste. Es gab nur drei Dinge auf der Welt, die er hasste und fürchtete, und Kriegsmammuts waren eines davon.
»Und Ihr, Lady Pwylla - ich hoffe, ich beleidige Euch nicht mit dieser vertraulichen Anrede?«
»N-nein«, erwiderte Xaragitte. »Ich fühle mich geehrt.«
»Ah! Habt Ihr schon einmal Mammuts gesehen?«
»Nein, noch nie.«
Sebius klatschte in die Hände. »Heute werdet Ihr nicht nur eines zu Gesicht bekommen, Ihr werdet wie eine Prinzessin auf dem Rücken eines Mammuts reiten. Das ist meine bescheidene Gabe an Euch, um Euch die Reise etwas zu erleichtern.«
»Ihr erweist uns zu viel der Ehre«, protestierte Yvon.
»Aber nicht doch! Immerhin wäre es möglich, dass sie die Göttin Bwnte ist, die wieder einmal in Verkleidung unter uns weilt. Es ist also meine Pflicht, ihr zu helfen.«
Xaragitte lächelte. »Normalerweise schmeicheln mir Männer nur dann mit diesem Vergleich, wenn es sie nach den Segnungen der Göttin verlangt.«
»Was das betrifft, habe ich mir nichts vorzuwerfen«, sagte der Eunuch, und beide lachten. »Dann ist es also abgemacht, ja?«
Yvon hoffte, sie würde nein sagen. Vor wenigen Stunden noch hatte sie ihn fast erstochen, weil er vorgeschlagen hatte, sich dem Heerzug anzuschließen. Und nun war sie sogar bereit, auf einem Mammut des Barons zu reiten. Aber die Gegenwart des Eunuchen gab ihr Sicherheit - sie hatte an Kepits Seite in den Diensten Lady Gruethrists gestanden. Sie schaute Yvon an, die Augen hart wie Stahl.
»Wir würden sehr gerne auf einem Mammut reiten«, sagte sie zu Sebius und kitzelte Claye am Kinn. »Nicht wahr, mein Schatz?«
Yvon blieb das Herz stehen, aus Angst, sie könnte das Kind bei seinem richtigen Namen nennen. Jeder, der den Namen Claye hörte, würde ihn sofort mit Gruethrist in Verbindung bringen.
In diesem Augenblick kehrte der erste der Jungen zurück, ein Mammut an der Leine führend. Es war ein kleines Tier, nur zehn Fuß hoch und sichtlich alt, es taugte nicht mehr zum Kämpfen. Sein rotes Fell fiel in Büscheln aus, wie immer im Frühling, und Messingknöpfe krönten seine Stoßzahnstummel. Auf seinem Rücken lag ein Bündel, mit Seilen an seinem Bauch befestigt. Der Treiber war ein schlanker Bursche, kaum älter als Sebius’ Botenjungen, ein Zeichen dafür, dass es sich um ein vertrauenswürdiges Tier handelte. Aber diese zottigen Viecher waren unberechenbar, dachte Yvon, egal wie alt sie waren oder wozu sie eingesetzt wurden.
Sebius winkte dem Mammuttreiber, worauf dieser mit der Zunge schnalzte und dem Tier einen Tritt hinter die Ohren gab. Sogleich kniete sich das Mammut nieder.
»Das ist Lady Pwylla«, erklärte Sebius. »Du wirst sie heute tragen und ihr die Reise erträglicher machen. Behandle sie wie die Göttin selbst.«
»Es ist mir eine große Ehre, Mylady«, sagte der Treiber. Seine großen Ohren ragten seitlich an seinem Kopf hervor und zuckten wie die eines Mammuts. »Ihr könnt gerne hier oben Platz nehmen, auf dem Gepäck des Barons.«
»Ich nehme das Kind«, sagte Yvon und streckte die Arme aus. Wenigstens den Erben wollte er schützen.
Sebius schlug sich gegen das Herz. »Oh nein, nein, nein. Solange ein Kind noch in den Windeln steckt, sollte es nicht von seiner liebenden Mutter getrennt sein. Der Kleine wird dort oben völlig sicher sein.«
»Oh ja«, fügte der Treiber hinzu. »Dem Kleinen wird nichts geschehen. Giruma ist ein sehr sanftes Mammut.«
»Ich werde ihn bei mir behalten«, sagte Xaragitte entschieden. »Er wird sowieso bald wieder hungrig sein.« Mit diesen Worten wandte sie Yvon den Rücken zu.
Er trat zu ihr und hob sie gemeinsam mit Sebius in die Höhe. Von beiden Seiten gestützt, kletterte sie auf den Rücken des knienden Mammuts und ließ sich auf dem weichen Lastbündel nieder. Als sich das Tier wieder erhob, lächelte sie nervös.
»Auf geht’s«, befahl Sebius dem Mammuttreiber. »Wir haben heute noch einen langen Weg vor uns.«
»Seid vorsichtig«, mahnte Yvon, der neben dem Tier marschierte, aber Xaragitte würdigte ihn keines Blickes.
Sebius kam zu ihm und sagte leise. »Nun muss ich mich um die Streuner kümmern - die anderen
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