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Der verlorene Troll

Der verlorene Troll

Titel: Der verlorene Troll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Coleman Finlay
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Anspannung wuchs, aber ihre Mutter fuhr unbarmherzig fort. »Unser Volk bekommt zu wenig Kinder, und jedes Jahr werden wir weniger. Als du ein kleines Mädchen warst, lebten dreiundfünfzig Trolle in unserer Horde, und davor waren es einmal sogar einundsiebzig. Einundsiebzig Trolle! Und wie viele kannst du jetzt zählen?«
    Windy konnte nicht anders, sie hob den Kopf und zählte. Ambrosius und sieben andere, fast alles Männer, waren unten, wo die Brombeeren am dichtesten wuchsen, eine andere Horde von zehn drüben auf dem nächsten Hügel und dazwischen kleine Grüppchen von zwei oder drei Trollen. Dazu noch Made und die beiden Mädchen. Und ihre Mutter und sie. »Dreißig, einunddreißig, zweiunddreißig. Dreiunddreißig, vierunddreißig. Vierunddreißig.«
    »Dreiunddreißig«, verbesserte ihre Mutter. Für sie zählte Made nicht.
    »Aber was kann Made dafür? Frosty ist mit ihrer Horde weggezogen und… «
    »Weil die Menschen gekommen sind! Sie essen unsere Nahrung und töten und verjagen uns!« Der Zorn in der Stimme ihrer Mutter schwand und wurde durch Müdigkeit ersetzt. »Ich sehe die Nächte der Trolle dahinschwinden wie Tau unter einer Sonne, die niemals sinkt.« Einen Augenblick lang konnte Windy dieses Gefühl von Verlust nachempfinden, und sie musterte das Gesicht ihrer Mutter aufmerksam. Diese kicherte. »Guck! Die Kinder spielen Schlangenfangen. Du hast dieses Spiel auch geliebt, als du klein warst.«
    Die zwei Mädchen rannten herum und warfen sich dabei eine Schlange zu. Made jagte hinter ihnen her und versuchte, das Tier zu erwischen, während die Mädchen es über seinen Kopf hinwegschleuderten.
    Windy lachte ebenfalls. Die Schlange war von beträchtlicher Größe, etwa zwei, drei Fuß lang, ihr Maul war weit aufgerissen, und ihre Fangzähne schnappten nach den Armen der Kinder. Steinchen und Blume waren liebe Mädchen. Windy war froh darüber, dass Made endlich Spielkameraden in seinem Alter hatte.
    Die Schlange krümmte sich in der Luft wie ein Abbild des Zickzackmusters auf ihrem Rücken. Sie gehörte zu der Art, deren Biss Übelkeit verursachte. Das machte das Spiel noch lustiger. Die Gefahr war gering, denn ein hastiger Biss konnte die Haut eines Trolls nicht durchdringen, und selbst wenn sich die Schlange um einen Arm wand und ihre Zähne hineinbohrte, blieb noch genug Zeit, ihren Kopf zu packen und sie wegzuziehen. Windy erinnerte sich, wie sie einmal…
    Made! »Nein!«
    Sie trommelte eine kurze Warnung auf ihre Brust und rannte den Hang hinab. Die drei Kinder blieben vor Schreck stocksteif stehen. Sogleich wand sich die Schlange um Blumes Hand und grub ihre Zähne in ihren Arm. »Au!«
    »Ich habe sie«, rief Made. Er packte das Reptil hinter dem Kopf und zog es weg. Nach kurzem Zögern eilte Windy zu ihm. Made streckte ihr den langen, zappelnden Schlangenleib entgegen, hielt ihn einen Moment lang fest, ließ los und sprang zur Seite. Als der Kopf herumschnellte, um nach ihm zu schnappen, senkte sich Windys Fuß und drückte die Schlange in die Erde.
    Steinchen lächelte. »Ich habe sie acht Mal gefangen.«
    »Ich hab sie elf Mal gefangen!«, schrie Blume.
    »Aber du hast sie vier Mal fallen lassen«, sagte Made. »Und Steinchen hat sie wieder aufgehoben und kein einziges Mal danebengegriffen.«
    Windy tätschelte ihm den Kopf. »Aber Blume hat sie öfter gefangen, deshalb gewinnt sie das Spiel.« Die Schlange wand sich panisch in der weichen Erde unter ihrem Fuß.
    »Aber wenn man die vier Mal abzieht, die sie sie fallengelassen hat, gewinnt Steinchen«, beharrte Made.
    Windy legte ihre wulstige Stirn in Falten und zählte an den Finger ab. Elfmal gefangen, dann eins, zwei, drei, vier Mal fallengelassen, das gab fünfzehn. Die Schlange wehrte sich noch heftiger, deshalb hob sie den vorderen Teil ihres Fußes ganz leicht in die Höhe, und als sich der Schlangenkopf zwischen ihren Zehen hindurchschob, kreuzte sie die Zehen und brach dem Reptil den Hals. Dann hob sie den schlaffen Kadaver mit dem Fuß zur Hand und bot ihn ihrer Mutter an.
    »Wir haben sie gefunden«, meckerte Steinchen.
    »Das ist unsere«, sagte Blume.
    »Dann hättet ihr sie essen sollen, als ihr noch Gelegenheit dazu hattet«, sagte Windys Mutter und nahm sie entgegen. Sie biss die Hälfte des langen Körpers ab; die Knochen knirschten zwischen ihren Kiefern.
    Augenzwinkernd warf sie den Mädchen die andere Hälfte zu. Made fing sie in der Luft und rannte davon, die Mädchen folgten ihm. Die Alte schluckte und schaute

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