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Der verlorene Troll

Der verlorene Troll

Titel: Der verlorene Troll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Coleman Finlay
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treffen, und sie musterte ihn rasch von Kopf bis Fuß, um festzustellen, ob er neue Wunden aufwies. In seinen zwölf Jahren hatte er bereits viele Verletzungen erlitten. Aber diesmal schien ihm nichts zu fehlen. Die anderen Trolle hielten sich noch zurück, obwohl sie meinte, ihre Mägen schon knurren zu hören.
    »Was wirst du essen?«, fragte sie. Sie hatten schon vor langer Zeit herausgefunden, dass Made von Aas krank wurde. Er musste frisches Fleisch essen, kurz nachdem es erlegt worden war, oder ganz darauf verzichten. Er hatte so viele Schwächen und bemühte sich so sehr, sie zu überwinden.
    »Ich habe schon gegessen.« Mehr sagte er nicht. Sie bezweifelte es. Nie nahm er so viel an Gewicht zu, wie er brauchte, nie wuchs er so, wie er sollte. Sie öffnete den Mund, um das zu sagen, und sah, wie er sie anlächelte, als würde er genau wissen, was nun käme. »Ich habe am gleichen Abend einen Streifenschwanz getötet und gegessen.«
    Aha, dachte sie. Erst an einem kleineren Tier üben, ehe er sich an ein großes wagte. Das war typisch für ihn. Auch, dass er für den zweiten Versuch nicht lange wartete.
    Die anderen Trolle rangelten um die Reihenfolge und schubsten die kleineren nach hinten, während sie darauf warteten, dass Windy das erste Stück nahm. Windy schlug die Zähne herzhaft in die Hinterflanke, zerbiss mit ihrem großen Kiefer das Hüftgelenk, schlitzte das Fleisch mit den Nägeln auf und löste das ganze Bein von dem Kadaver. Sobald sie beiseite trat, drängten die anderen herbei. Nur als der aufgeblähte Bauch platzte und Gas entwich, zogen sie sich ein Stück zurück. Die beiden Kinder leckten die Überreste des geplatzten Tierleibs vom Boden auf, während alle anderen Teile des Tieres in kürzester Zeit verschwanden. Einige Trolle nahmen mehr als andere, dafür bekamen ein paar von ihnen überhaupt nichts ab. Diese schauten sich nach Überresten um, die sie stibitzen konnten.
    Das Fleisch schmeckte süß. Windy schlang es hastig hinunter und schob sich die nassen Brocken in ihre großen Backen.
    Made lief zwischen den Trollen umher, worauf diese ihm sogleich den Rücken zuwandten, jederzeit bereit, vor ihm wegzurennen. Im Gegensatz zu Windy wussten sie nicht, dass er solche Nahrung nicht vertrug. Als er Stinky zu nahe kam, sprang der Troll auf und knurrte ihn an. Made duckte sich hinter ihm und flitzte dann davon. Ihr war, als hätte sie einen der spitzen Stöcke in seiner Hand gesehen, aber als sie Made wieder im Blickfeld hatte, war der hölzerne Zahn verschwunden. Stinky kauerte sich wieder zu Boden.
    Gleich darauf übertönte ein Knall das nasse Schmatzen und Beißen, gefolgt von einem schmerzerfüllten Heulen.
    Stinky tanzte wild umher, fuchtelte mit den Armen und schlug sich auf den Hintern. Als er an Windy vorbeiwirbelte, sah sie einen Stock aus seinem Hinterteil ragen. Made musste ihn so unter dem Troll aufgestellt haben, dass dieser mit seinem eigenen Gewicht die harte Haut durchbohrt hatte.
    Sie konnte nicht anders, sie musste lachen, genau wie die meisten anderen Trolle. Als Stinky das Hinterbein des Bocks fallen ließ, das er zuvor für sich erobert hatte, um mit beiden Händen den Stock zu packen, flitzte Made herbei. Er schnappte sich das Fleisch und eilte zu dem jungen Weibchen, das nichts von dem Kadaver ergattert hatte.
    Es war ein Paarungsgeschenk, so wie es sich gehörte. Doch da es von Made kam, war es zugleich ganz und gar ungehörig. Windy blieb das Lachen im Hals stecken.
    Frosty runzelte in offener Missbilligung die Stirn. Ihr Blick erinnerte Windy an ihre Mutter; fast fühlte sie sich wie zu Hause, obwohl ihre Mutter vergangenen Winter gestorben war. Das junge Weibchen wirkte völlig verblüfft, antwortete jedoch mit dem entsprechenden Kehllaut, ehe sie das Fleisch packte und davonrannte.
    Stinky hüpfte zu Frosty und bat sie, den Splitter zu entfernen. Sobald sie den Stock herausgezogen hatte, stibitzte er einige Rippen von ihrem Knochenhaufen und flüchtete. Kurz darauf knackten Knochen zwischen dicken Zähnen, und außer dem Wasserfall hörte man im Wald nur noch das Schlürfen von Knochenmark.
    Windy schnupperte. Die Stimmung unter den anderen war gemischt. Die Trolle waren froh über das Fleisch, gleichzeitig machte Mades Anwesenheit sie nervös. Auch ihre Anspannung wuchs, als er nun zu dem Mädchen ging und mit ihm zu flirten begann.
    Erst flüsterte er ihr etwas zu und brachte sie zum Lachen. Das war noch nicht weiter schlimm. Dann rieben sie ihre Gesichter

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