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Der verlorene Troll

Der verlorene Troll

Titel: Der verlorene Troll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Coleman Finlay
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»Geier. Das ist gut.«
    Pisqueto neben ihnen kicherte. Er war noch jung, hatte kaum Haare am Kinn und so gut wie kein Fleisch auf den Knochen. Keekyu, der älter war als Damaqua, rieb sich lächelnd die Nase und starrte zu Boden. Er verströmte manchmal einen eigenartigen, kranken Geruch.
    »Wir haben Gerüchte über ihn gehört«, sagte Menato. »Wir haben gehört, er sei einer der Südländer und über die Berge zu uns gekommen mit dem Versprechen, dass ihre Männer sich unserem Krieg anschließen. Nun, da wir ihn mit eigenen Augen gesehen haben, weiß Squandral nicht mehr, was er glauben soll.«
    Sinnglas schüttelte nur den Kopf. »Er ist kein Südländer. Wir haben sie doch gesehen, du und ich, bei unseren Überfällen auf sie. Mahdeh sieht ganz anders aus, findest du nicht?«
    »Ja.«
    »Und er kannte ihre Sprache ebensowenig wie unsere. Dennoch kennt er sämtliche Pässe über die Berge und die Wege der Flüsse und wie sie fließen.«
    Made hatte sich vergeblich bemüht, Sinnglas seine Herkunft zu erklären, und war es mittlerweile leid. Alles, was er wollte, war, so viel zu lernen, dass er der Frau dorthin folgen konnte, wohin sie gegangen war. Er würde Sinnglas helfen, weil er ihm für dieses Wissen einen Gefallen erweisen wollte, und dann würde er sich auf die Suche nach ihr machen.
    »Woher stammt er dann?«, fragte Menato.
    »Vielleicht ist er wie der Erste Mensch«, entgegnete Sinnglas. Er schaute Made an und erklärte: »Als die Tiere vom Erdgeist das Geheimnis der Rede stahlen, begannen sie, sich über die Erde lustig zu machen. Das Mammut sagte: >Sieh nur, wie schwach die Erde ist - ich kann sie aufbrechen.< Der Flachhornbock sagte: >Seht nur, wie hässlich die Pflanzen der Erde sind - ich werde sie mit meinem Geweih zeichnen.< Die Krähe wollte sie warnen, dass die Erde wütend wurde, aber sie hörten nicht auf sie. Deshalb ließ die Erde eine riesige Flut frei die alle Tiere ertränkte. Diejenigen, die überlebten, drängten sich auf einem hohen Gipfel. Der Erdgeist öffnete einen Spalt im Boden, und heraus kam der Erste Mensch.«
    Made reckte den Hals und konzentrierte sich. Er kannte fast alle Wörter, hatte die Geschichte aber nie zuvor gehört.
    »Und so«, sagte Sinnglas, »nahm der Erdgeist den Tieren wieder die Sprache, allen, außer der Krähe, und gab sie dem Ersten Mensch. Dann sagte die Erde zu ihm: >Du darfst dir von jedem Tier etwas nehmen und es für dich behalten.< Vom Löwen nahm der Erste Mensch einen Zahn und formte daraus ein Messer. Vom Mammut nahm er den langen Hauer und machte daraus einen Speer. Vom Hirschbock nahm er das Flachhorn und fertigte daraus eine Schaufel und so weiter. Die Tiere können ihren Verlust nicht vergessen und reißen deshalb weiterhin die Erde auf, aber der Erdgeist beachtet sie nicht. Von der Krähe nahm der Erste Mensch nichts, und in ihrer Dankbarkeit nutzte sie ihre Sprache, um ihn die Zauberei zu lehren.«
    »Hm«, sagte Menato nachdenklich.
    Sinnglas starrte Made an, als wolle er seine Reaktion beobachten. »Deshalb sage ich, du bist wie der Erste Mensch. Du kamst nach einer Flut, aus den Bergen, von keiner Frau geboren, wie du sagst. Du kamst unbekleidet, nackt wie ein Neugeborenes, aber mit Werkzeugen, wie der Erste Mensch es tat, und wie der Erste Mensch bist du ein Zauberer.«
    Made ließ sich auf die Fersen sinken. »Nein. Als sie die Hände hoben für die Wahl des Ersten unter ihnen, verlor ich die Hände an meinen Vater«, sagte er. Die Worte, die er so viele Male wiederholt hatte, kamen ihm mittlerweile leichter über die Lippen. Er schaute Menato an. »Ich habe nie gesprecht mit einer Krähe, aber nun ich spreche mit lustiger Vogel, der in der Nacht kommt.« Es gab kein Wort für Trollvogel; das war die beste Übersetzung, die Made einfiel.
    »Hm«, wiederholte der Mann mit dem schmalen Gesicht und rührte sich einige Augenblicke lang nicht. »Er spricht wie ein Zauberer.«
    Sinnglas lachte. »Ja. Und er hat mein Leben gerettet, als ich von der Flut fortgerissen wurde. Das kannst du gewiss ebenfalls glauben.«
    »Ah, die Flut.«
    »Mein Leben wurde gerettet, aber andere starben, und wir konnten ihre Leichen nicht finden. Nun suchen uns ihre Geister heim. Wir haben unsere gesamte Frühlingsernte verloren, ein Großteil unseres Saatguts wurde vernichtet und viele Tiere getötet. Pflanzen, die wir aus dem Wald gesammelt hatten, wurden fortgeschwemmt. Das wird ein hartes Jahr für uns.«
    Menato bewegte die Beine und stützte die

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