Der verlorene Troll
erzählt hatten. Obwohl Made hin und wieder versuchte, den Häuten zuzuhören, sagten sie nicht mehr zu ihm als säuselnde Gräser im Wind.
Gelapa saß neben dem Stamm, den Kopf zur Seite geneigt, und lauschte, obwohl kein Windhauch die Häute regte. Wie die Frauen trug er das Haar zu zwei kurzen Zöpfen geflochten. Seine eingesunkene Augen blinzelten hinter dicken Hautwülsten hervor und waren von tiefen Krähenfüßen umgeben. Er schaute zu den vier Männern und musterte Sinnglas und Made mit mürrischem Gesicht. Dann schüttelte er den Kopf und sagte: »Junge Männer werden immer junge Männer bleiben.«
»Wenn nur die Führer uns führen würden«, entgegnete Sinnglas.
Er hob sein Beil, um damit gegen den Pfahl zu schlagen, aber der Zauberer hustete. »Trägt der Wind dir die Zukunft zu« - er drehte den Kopf zu Made - »oder deinem Freund, dass ihr das Ergebnis der Ratswahl bereits kennt, noch ehe der Rat gewählt hat?«
»Ich werde ein Überfallkommando zusammenstellen, Großvater«, erwiderte Sinnglas. Alle Männer nannten Gelapa Großvater. »Jene, die mir folgen wollen, sollen das tun.«
»Und gegen wen willst du sie führen?«, fragte Gelapa.
Immer mehr Leute versammelten sich und schauten den beiden zu, darunter viele der Frauen, die zuvor am Tor gewesen waren, herbeigerufen vielleicht von Sinnglas’ Frau, die ebenfalls in der Nähe stand. Anstatt das Beil in den Pfahl zu rammen, antwortete Sinnglas so laut, dass alle es hören konnten: »Gegen die, die uns das Fleisch aus unseren Mündern rauben. Gegen die, die die Ernte von unseren Felder stehlen.«
Der Zauberer stemmte sich langsam hoch. Er stand steif da, den Rücken gebeugt, und funkelte Sinnglas wütend an. »Das sind deine Worte, Enkel. Aber wirst du von deinem Überfall auch mit Fleisch und Mais und Kürbissen zurückkehren, oder wirst du den Müttern nur Trauer bringen?«
»Ich werde wie die Sonne zurückkehren, die sich hoch über den Bergen erhebt und ein neues Jahr bringt, in dem unser Volk wachsen möge… «
»Nein«, platzte Made hervor. »Nicht wie Sonne.«
Sinnglas starrte zu Boden und streichelte sein Beil. »Und was soll ich stattdessen sagen, Mahdeh, mein Freund?«
Made atmete tief ein und dachte an die Worte, die er gerne gesagt hätte, als er gegen Ambrosius zur Wahl des Oberhaupts angetreten war. »Du sagen stattdessen: die Sonne, wenn du kehrst zurück, wird dein Kommen fürchten. Sie wird nicht aufgehen, bevor du nicht zuerst ihr gibst das Sprechen. Die Sonne, wenn du sprichst, wird den Löwen jagen. Wie ein Rudel Direwölfe wird sie den Löwen in Stücke reißen.«
Sinnglas’ Hand mit dem Beil verharrte im Schlag. Ein Lächeln zuckte um seine Mundwinkel. »Das wirst du für mich sagen müssen; es klänge sonst zu sehr wie Prahlerei.«
»Ich für dich sagen.«
Stolpernd wich Gelapa einige Schritte vor Made zurück. Sein Gesicht war voller Hass. »So soll es also sein?«
Sinnglas nickte. »Ja, Großvater.«
Gelapa schaute auf die Menge und umschloss sie mit einer großen Armbewegung. »So habt denn Erfolg. Wir haben einen berühmten Gast unter uns. Wie gut, dass wir Squandral den mutigen Geist unserer jungen Männer zeigen können, ebenso wie die Weisheit unserer Alten.«
Sinnglas hob das Beil und schlug es in den Pfahl. Ein Streifen Schlangenhaut löste sich und flatterte zu Boden.
Keekyu drehte sich zur Menge und ballte die Faust. Einige Bewohner jubelten und riefen Sinnglas’ Namen, während andere auf den engen Wegen zwischen den Häusern davoneilten, um dem übrigen Dorf von den Ereignissen zu berichten.
Gelapa bückte sich und hob die Schlangenhaut auf. Er sagte: »Ah, ah, ah, so soll es also sein. Nun gut, einige Mütter sollten sich besser auf Tränen gefasst machen.« Ehe er davonschlurfte, glitten seine eingefallenen Augen ein letztes Mal über Made.
Sinnglas hatte viele Freunde - die Männer, die er häufig besuchte. Diese kamen nun einer nach dem anderen zum Pfahl, in den Armen Gewänder, die Made noch nie an ihnen gesehen hatte. Pisqueto und Keekyu eilten davon und brachten ähnliche Kleider. In kurzer Zeit hatten sich neun weitere Männer zu Sinnglas und seinen Brüdern gesellt. Der Jüngste war ein schmaler Kerl; Sinnglas war der Älteste, abgesehen von Keekyu, und als einziger unter ihnen verheiratet. Keekyu hatte keine Frau. Die meisten waren im Alter von Pisqueto und Made, zwischen fünfzehn und zwanzig Wintern. Gemeinsam betraten sie das Gebäude neben der Ratshütte.
Ein paar Männer
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